Deutsche Redaktion

Agnieszka Holland: Alle Nationen haben gleich viel Böses

06.09.2023 11:11
„Wir wollten keine Gerechtigkeitspropaganda betreiben. Wir wollten, dass der Film zeigt, wie schwierig die Entscheidungen sind, die wir treffen", sagte Agnieszka Holland auf einer Pressekonferenz am Dienstag. Ihr Film "Zielona granica" (Grüne Grenze), der von den Ereignissen an der polnisch-belarussischen Grenze inspiriert ist, wurde im Hauptwettbewerb der 80. Filmfestspiele von Venedig gezeigt.
Agnieszka Hollands neuer Film  Zielona granica thematisiert den Grenzkonflikt an der Grenze zu Belarus
Agnieszka Hollands neuer Film "Zielona granica“ thematisiert den Grenzkonflikt an der Grenze zu BelarusShutterstock/Denis Makarenko

Der ergreifend aktuelle Film "Zielona granica“ ist Kino zu einem wichtigen und fesselnden Thema, das einem die Augen öffnet, einen mitten ins Herz trifft und niemanden gleichgültig lässt“, heißt es in der Beschreibung dee Filmorganisation Kino Świat. Der Film verwebe die drei Perspektiven - Flüchtende, polnische Aktivisten und Grenzsoldaten - erzähle aber vor allem eine Geschichte über Menschen, die mit Grenzsituationen konfrontiert seien. „Es ist ein Film über Mut, Angst und Heldentum, über Leid und Hoffnung", fasst Kino Świat zusammen.

Vor der Weltpremiere des Films wurde eine Schweigeminute zum Gedenken an alle Flüchtlinge abgehalten, die seit 2014 beim Versuch, nach Europa zu gelangen, ums Leben gekommen sind. Agnieszka Holland beschrieb die Flüchtlingskrise als eine Herausforderung, die die Zukunft Europas beeinflussen wird.

Der Film erzählt die Geschichte dessen, was an der polnisch-belarussischen Grenze passiert. Er zeigt die Reaktionen von Politikern, Streitkräften, Flüchtlingen, Aktivisten und Bewohnern der Region auf diese Herausforderung“, so die Regisseurin. „Wir wollten das Thema in seiner ganzen Komplexität einfangen. Wir wollten auch denjenigen eine Stimme geben, die sie nicht haben“, erklärte sie.

Holland erinnerte daran, dass der Mensch von Natur aus zum Besten und zum Schlimmsten fähig ist. Viele ihrer Werke habe sie der inneren Zerrissenheit des Menschen zwischen Gut und Böse gewidmet. „Ich glaube, dass alle Nationen und Gesellschaften gleichermaßen dazu prädestiniert sind, gute oder schlechte Menschen zu sein. In jeder wird es Extreme geben, Psychopathen, die Freude an Gewalt, Konflikten und bösen Taten haben. Es gibt aber auch Menschen, die sehr einfühlsam sind. Und in der Mitte haben wir die 99 Prozent der Bevölkerung, die Gutes oder Böses tun können“, führte die Filmemacherin aus.

Unsere Entscheidungen, so Holland, hingen allerdings stark von Behörden, Politikern, Kirchen und Meinungsführern ab. Wie schwer es ist, Entscheidungen zu treffen, wolle sie mit diesem Film zeigen.

Das Drehbuch zu "Zielona granica“ schrieben Agnieszka Holland, Gabriela Łazarkiewicz-Sieczko und Maciej Pisuk. Die Kameraführung übernahm Tomasz Naumiuk. Zu den Darstellern gehören Jalal Altawil, Maja Ostaszewska, Tomasz Włosok, Behi Djanati Atai, Mohamed Al Rashi und Jasmina Polak.

PAP/js