Viele Männer arbeiten den Angaben zufolge auf Großbaustellen, andere in Textilfabriken oder IT-Zentren – trotz eines UN-Verbots, das die Finanzierung des nordkoreanischen Regimes unterbinden soll. Offiziell reisen viele mit „Studentenvisa“ ein, was laut südkoreanischen Behörden ein Schlupfloch zur Umgehung der Sanktionen ist.
Ehemalige Arbeiter schilderten der BBC extrem lange Arbeitstage von bis zu 20 Stunden, nur zwei freie Tage pro Jahr und eine Unterbringung in überfüllten, unhygienischen Containern. „Wach zu werden war das Schlimmste – zu wissen, dass man denselben Tag wiederholen muss“, sagte der Bauarbeiter „Tae“, der nach Südkorea fliehen konnte. Ein anderer, „Jin“, berichtete, bei seiner Ankunft im Fernen Osten Russlands von einem nordkoreanischen Sicherheitsagenten direkt zur Baustelle eskortiert worden zu sein. „Die Außenwelt ist unser Feind“, habe man ihm gesagt.
„Die Bedingungen sind wirklich erbärmlich“, erklärte der südkoreanische Professor Kang Dong-wan, der mehrfach in Russland Arbeiter interviewt hat. „Sie arbeiten nachts im Dunkeln, oft ohne ausreichende Schutzausrüstung.“ Mehrere Betroffene erzählten, sie würden von nordkoreanischen Agenten Tag und Nacht bewacht und hätten kaum die Möglichkeit, das Gelände zu verlassen. Ein Arbeiter sei nach einem Sturz von vier Metern trotz Gesichtsverletzungen nicht ins Krankenhaus gelassen worden.
Der Großteil der Löhne wird laut Experten direkt an den Staat in Pjöngjang als „Loyalitätsgebühr“ abgeführt. Die Arbeiter selbst erhalten meist nur 100 bis 200 Dollar pro Monat – und das erst nach ihrer Rückkehr. „Ich fühlte mich wie in einem Arbeitslager, einem Gefängnis ohne Gitter“, sagte Tae. „Andere Bauarbeiter aus Zentralasien bekamen das Fünffache für ein Drittel der Arbeit.“
In Nordkorea gelten Auslandsjobs als begehrt, da sie bessere Bezahlung versprechen. Nur als zuverlässig eingestufte Männer dürfen reisen, ihre Familien müssen sie zurücklassen. Um Fluchtversuche zu verhindern, habe das Regime die ideologische Schulung und Überwachung verschärft, berichtete der Aktivist Kim Seung-chul. Früher seien monatliche Ausgänge in kleinen Gruppen erlaubt gewesen, inzwischen gebe es diese fast gar nicht mehr.
Die südkoreanische Regierung zufolge hat sich die Zahl der Arbeiter, die aus Russland fliehen und in Seoul ankommen, seit 2022 halbiert – von etwa 20 auf nur noch rund zehn pro Jahr. „Diese Arbeiter werden das bleibende Erbe der Kriegsfreundschaft zwischen Kim und Putin sein“, sagte Lankov. „Sie werden noch lange nach Kriegsende in Russland arbeiten.“
BBC/jc