Das Veto von Polens Präsident Karol Nawrocki gegen das Ukraine-Hilfsgesetz hat scharfe Kritik der Regierung ausgelöst. Die Entscheidung gefährde nicht nur ukrainische Flüchtlingskinder, sondern auch die Kriegsführung der Ukraine und die medizinische Versorgung in Polen, warnten Minister am Montag.
Nawrocki hatte erklärt, das Kindergeld von 800 Złoty monatlich solle nur noch Ukrainer erhalten, die in Polen arbeiten. Gleiches gelte für die Gesundheitsversorgung. Das vom Parlament verabschiedete Gesetz hätte den bisherigen Schutzstatus bis 4. März 2026 verlängert.
Schlag gegen unschuldige Kinder und ukrainische Truppen
Familienministerin Agnieszka Dziemianowicz-Bąk reagierte empört: "800 Plus ist Geld für Kinder, die nicht verantwortlich sind, ob ihre Mutter Arbeit hat oder sich um kranke Angehörige kümmert." Man dürfe niemanden für Arbeitslosigkeit bestrafen, "schon gar nicht unschuldige Kinder". Dem Präsidenten fehle es an "grundlegender menschlicher Anständigkeit".
Noch schärfer fiel die Kritik von Digitalisierungsminister Krzysztof Gawkowski aus. Das Veto bedeute das Ende der polnischen Starlink-Internetlieferungen an die Ukraine. "Das ist ein Geschenk für Putins Truppen", schrieb er auf X. Polen stelle die Satellitenverbindung nicht mehr bereit, die für Ukraines Kriegsführung essentiell sei.
Zwischen 2022 und 2024 hatte Polen fast 323 Millionen Złoty (etwa 75 Millionen Euro) für Starlink-Terminals ausgegeben. Für 2025 waren weitere 77 Millionen Złoty vorgesehen. Die von Elon Musks SpaceX betriebene Satellitenverbindung ist für militärische Kommunikation und zivile Verwaltung der Ukraine unverzichtbar.
"Sie müssen aufhören, blind auf die Regierung einzuschlagen im Namen des politischen Kampfes. Sie schaden Menschen, die um ihre Unabhängigkeit kämpfen, und helfen gleichzeitig Russland", kritisierte Gawkowski den Präsidenten. "Manche werden sagen: Schande, andere: Verrat am Nachbarn!"
Auch ukrainische Ärzte betroffen
Das Veto betrifft auch etwa 2.300 ukrainische Ärzte, die unter vereinfachten Bedingungen in Polen praktizieren. Die Novelle hätte diese Sonderregelung bis Juni 2026 verlängert. Die Polnische Ärztekammer hatte allerdings für ein Veto plädiert, da die vereinfachten Verfahren keine ausreichende Qualifikationsprüfung gewährleisteten.
Polen leidet unter akutem Ärztemangel. Laut OECD-Bericht gehört das Land zu den EU-Staaten mit der schlechtesten Arztdichte. Über 27.000 polnische Ärzte sind älter als 71 Jahre, während nur etwa 16.000 zwischen 41 und 45 Jahren alt sind.
Nawrocki kündigt eigene Gesetzesinitiative an
Nawrocki kündigte eine eigene Gesetzesinitiative an. Diese soll die Einbürgerungsfrist auf zehn Jahre verlängern, härtere Strafen für illegale Grenzübertritte vorsehen und "Bandera-Symbole" der ukrainischen Nationalisten strafrechtlich mit Nazi- und kommunistischen Symbolen gleichstellen.
Die abgelehnte Novelle war am 5. August vom Sejm verabschiedet worden. Sie hätte ukrainischen Flüchtlingen weiterhin Zugang zu Arbeit, Bildung und Sozialleistungen garantiert. Etwa eine Million ukrainische Flüchtlinge leben derzeit in Polen.
IAR/tvn24/adn