Deutsche Redaktion

Außenminister Sikorski: „Zuerst Stärke zeigen, und erst dann den Dialog beginnen“

09.10.2025 10:33
 „Mit Russland kann man verhandeln. Man muss es nur in zwei Schritten tun: Zuerst Stärke zeigen, und erst dann den Dialog beginnen“, schreibt Polens Außenminister in einem Gastbeitrag für die New York Times.
Radosław Sikorski
Radosław SikorskiPAP/Rafał Guz

Radosław Sikorski erinnerte daran, dass die USA in den vergangenen Jahrzehnten Russland immer wieder „neu entdeckt“ hätten. „Fast jeder Präsident trat mit der Hoffnung auf einen Neuanfang an, doch das Ergebnis war immer dasselbe: Je mehr Moskau angeboten wurde, desto mehr verlangte es.“

Sikorski verwies auf jüngste Provokationen Russlands. So seien am 9. September russische Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen. „Diese Drohnen haben ihren Kurs nicht verlassen. Sie sind nicht versehentlich in NATO-Luftraum eingedrungen. Meine Regierung ist überzeugt, dass dies eine Provokation des russischen Regimes war“, erklärte Sikorski. Ähnliche Vorfälle habe es auch in Estland gegeben, als russische Kampfjets rund zwölf Minuten in estnischem Luftraum flogen. „Diese und andere Vorfälle sind weitere Belege dafür, dass der Kreml nicht am Frieden interessiert ist, sondern an Eskalation“, betonte der Außenminister.

Sikorski würdigte zugleich die Bemühungen von US-Präsident Donald Trump auf dem Weg zu einem Friedensabschluss in der Ukraine. Dazu gehörten diplomatische Initiativen, die Entsendung eines Sondergesandten nach Moskau, öffentliche Appelle an Putin sowie ein Gipfeltreffen auf Alaska, bei dem der russische Präsident mit protokollarischen Ehren empfangen wurde.

Trotz dieser Bemühungen zeige „die Arithmetik des Krieges“, dass Russland keinen Ausweg aus dem Konflikt suche. Sikorski wies auf die geplanten Militärausgaben für 2025 in Höhe von 15,5 Billionen Rubel (rund 190 Milliarden US-Dollar) hin – ein Anstieg um 3,4 Prozent gegenüber 2024. Für 2026 seien rund 40 Prozent des russischen Staatshaushalts für Verteidigung und Sicherheit vorgesehen. Zudem plane Russland, die Truppenstärke in der Ukraine bis Jahresende um 150.000 Soldaten zu erhöhen.

„Putin erschien auf Alaska nur, um Zeit zu gewinnen. Seine langfristigen Ziele bleiben unverändert: Wiederaufbau des russischen Imperiums, Untergrabung transatlantischer Sicherheitsgarantien, Spaltung des Westens und – nicht zuletzt – Schwächung der Vereinigten Staaten“, schreibt Sikorski.

Sein Ratschlag für den Westen: „Mit Russland kann man verhandeln. Man muss zuerst Stärke zeigen, dann den Dialog beginnen.“ Dabei sollte Putin klar gemacht werden, dass er keinen Ausweg verschließen könne, um den Fehler vom 24. Februar 2022 – den Beginn der Invasion in der Ukraine – zu korrigieren.

Sikorski betont, dass dies nur durch kontinuierliche finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine möglich sei. Außerdem solle auf europäische Länder Einfluss genommen werden, die russisches Öl beziehen, wie Ungarn oder die Slowakei, um Russlands Wirtschaft zu schwächen. Schließlich könne der Westen auch auf die rund 200 Milliarden Dollar eingefrorene russische Vermögenswerte zurückgreifen, um Opfer des russischen Regimes zu unterstützen.

„Das größte Land der Welt braucht kein zusätzliches Land. Es sollte besser das pflegen, was sich bereits innerhalb international anerkannter Grenzen befindet. Die russische Führung muss verstehen, dass ihr Versuch, das letzte Imperium Europas wiederherzustellen, zum Scheitern verurteilt ist. Das Zeitalter der Imperien ist vorbei“, schließt Sikorski seinen Beitrag.


PAP/NYT/jc