Deutsche Redaktion

Vor 35 Jahren: Lech Wałęsa gewinnt erste freie Präsidentschaftswahl in Polen

09.12.2025 10:37
Vor 35 Jahren, am 9. Dezember 1990, gewann Lech Wałęsa die Stichwahl der ersten freien Präsidentschaftswahl in Polen nach dem Zweiten Weltkrieg. In der ersten Runde am 25. November hatte der „Solidarność“-Anführer 39,96 Prozent der Stimmen erhalten, gefolgt vom weitgehend unbekannten Unternehmer Stanisław Tymiński mit 23,1 Prozent. Zwei Wochen später setzte sich Wałęsa klar durch und gewann die zweite Runde mit 74,25 Prozent.
Lech Wałęsa na czele delegacji Solidarności w Krakowie w 1980 roku
Lech Wałęsa na czele delegacji Solidarności w Krakowie w 1980 rokuMaciej Sachor/PAP

Wałęsa, Mitbegründer der unabhängigen Gewerkschaft „Solidarność“, war Unterzeichner der Augustabkommen von 1980 und während des Kriegsrechts interniert. Beim Runden Tisch leitete er die Delegation der Solidarność-Seite. 1983 wurde ihm der Friedensnobelpreis verliehen.

Tymiński, zuvor in Peru lebender Geschäftsmann und Gründer der Partei X, galt im Wahlkampf als „schwarzes Pferd“ und warb damit, ein „Mann außerhalb des Systems“ zu sein. Dennoch konnte er Wałęsa in der Stichwahl nicht gefährden.

Am 22. Dezember 1990 legte Wałęsa im Sejm den Amtseid ab. „Ich schwöre, dass das Wohl des Vaterlandes und das Gedeihen der Bürger für mich stets oberstes Gebot sein werden. So wahr mir Gott helfe“, sagte er bei der Vereidigung.

Staatspräsident Ryszard Kaczorowski, das letzte Staatsoberhaupt der polnischen Exilregierung, übergab ihm die Insignien des Präsidentenamtes, darunter historische Siegelstempel und das Original der Verfassung von 1935.

Der Alt-Präsident sagt heute, dass die Präsidentschaft vor allem sein Familienleben sehr stark beeinträchtigt hat. "Ich muss leider zugeben, dass ich meine Familie vernachlässigt habe. Es zählte damals nur Polen. Ich musste dafür einen hohen Preis zahlen. Die Kinder sind mir außer Kontrolle geraten. Sie brauchten einen Vater. Ich konnte ihnen aber nicht viel Zeit widmen, ich habe das Erwachsenwerden meiner Kinder verpasst. Wenn ich aber ein guter Präsident sein wollte, musste ich mich dieser Arbeit völlig hingeben. Und das habe ich auch getan".

Die Wahlbeteiligung lag in der ersten Runde bei 60,6 Prozent, in der zweiten bei 53,4 Prozent. 1995 trat Wałęsa erneut zur Präsidentschaftswahl an, verlor jedoch die Stichwahl gegen Aleksander Kwaśniewski vom Bund der Demokratischen Linken.


PAP/jc