Deutsche Redaktion

Russland drängt Litauen in die Umarmung Polens

27.06.2019 15:11
Am 16. Juli wird Präsident Gitanas Nauseda zum ersten Mal nach Warschau kommen. Dies ist der Beginn einer neuen Öffnung der litauischen Außenpolitik.
Presseschau
PresseschauShutterstock.com

Rzeczpospolita: Russland drängt Litauen in die Umarmung Polens

Am 16. Juli, vier Tage nach der Vereidigung, wird Präsident Gitanas Nauseda zum ersten Mal nach Warschau kommen. Dies sei der Beginn einer neuen Öffnung der litauischen Außenpolitik - schreibt die Rzeczpospolita am Donnerstag. Die Zeitung weist darauf hin, dass die Änderung der litauischen Außenpolitik nach der Annexion der Krim und der Übernahme von Donbass durch Russland folgte. Einem litauischen Politologen nach, habe Vilnius plötzlich erkannt, dass es alles, was es nach dem Zusammenbruch der UdSSR erreicht habe, verlieren könnte und dass sein Weg nach Europa nur über Polen führen kann. Laut der Zeitung hatte die Forcierung des Nord Stream 2-Projekts durch Deutschland ebenfalls einen großen Einfluss auf die Neuausrichtung der litauischen Außenpolitik. Es habe sich herausgestellt, dass für Berlin die Isolierung des aggressiven Russlands seine Grenzen habe.

Die Entscheidung über den Besuch des litauischen Präsidenten in Polen soll auch durch das Treffen des polnischen Präsidenten Andrzej Duda mit dem Präsidenten der USA beeinflusst worden sein. Litauen war das erste Land, das die Schaffung einer amerikanischen Basis in Polen unterstützte, erinnert die konservative Tageszeitung.

Rzeczpospolita weist auch darauf hin, dass das litauische Parlament und der Senat die Lubliner Union (die historische Union Polens und Litauens) die vor 450 Jahren geschlossen wurde, seit Kurzem ähnlich bewerten. Bis vor kurzem sei die Lubliner Union in Vilnius als etwas Negatives angesehen worden, ein Vertrag, der die litauische Staatlichkeit einschränkte oder sogar beseitigte. Heute werde unterstrichen, dass es sich um ein einzigartiges Abkommen in der Geschichte Europas handle, das erste Abkommen, das die beiden Staaten friedlich zusammenführte, lesen wir am Schluss des Artikels.


Forsal: Was ergibt sich für Polen aus dem Konzert der Mächte in der Ukraine, Moldawien, Armenien und Georgien?

Der ehemalige Diplomat Witold Jurasz schreibt indessen für das Wirtschafts-Portal Forsal.pl, dass sich so mancher seit der Wahl von Donald Trump gefragt habe, ob der US-Präsident einen Vertrag mit Vladimir Putin auf Kosten der ehemaligen Länder der Sowjetunion und vielleicht sogar auf Kosten von Mittel- und Osteuropa geschlossen habe. Für das Weiße Haus, heißt es, könne der Kreml ein schwieriger Partner sein, aber seit langem sei China, und nicht Russland, der größte Konkurrent und eine Herausforderung für die USA. Russland werfe seinerseits Washington manchmal Hindernisse vor die Füße, aber stellt gleichzeitig keine wirkliche Bedrohung dar. Das Ziel Russlands neue Fronten zu öffnen, so Jurasz, bestehe nicht darin der dominierende Spieler zu werden, aber etwas für den Handel zu haben, um Zugeständnisse für geopolitische Schlüsselplätze von Moskau zu erlangen, die auch oft im Einklang mit Amerikas Außenpolitik seien. Die Stärke Russlands, heißt es weiter, sei größtenteils eine Fiktion, ein Spektakel, das vor dem Westen aufgeführt werde, der zwar in jeder Hinsicht viel stärker sei, aber gleichzeitig keinen Kampfwillen aufzeige.

Die Erfolge Russlands in den letzten Jahren seien deshalb nicht das Ergebnis realer Vermögenswerte, sondern eher einer effizienten Diplomatie, überzeugt der Experte und fügt hinzu, dass auch Europa ohne russische Einflüsse genug zu ihrer eigenen Instabilität beitrage und gleichzeitig auch mit Russland Geschäfte machen wolle.

Nach Jahren des Konflikts Russlands mit dem Westen könne es zu einer lang ersehnten Entspannung kommen, warnt Jurasz und erklärt, dass aus polnischer Sicht eine solche Entspannung das tatsächliche Ende der polnischen Ostpolitik bedeuten würde. In der Zwischenzeit sei die polnische Regierung mit der Europäischen Union zerstritten und ausweglos von Washington abhängig geworden. Falls die polnische Ostpolitik im Wesentlichen nach 30 Jahren enden sollte, lautet das Fazit des Ex-Diplomaten, so könnte Polen angesichts des neuen Absprechens zwischen den Großmächten froh sein, dass es diesmal auf der richtigen Seite liegt und an der Weichsel sogar US-Truppen stationiert sind.


Piotr Siemiński