Deutsche Redaktion

Putin hilft der Regierungspartei

03.01.2020 13:52
Putins Andeutungen, Polen hätte mit Hitler kollaboriert und wäre für den Ausbruch des II. Weltkrieges mitverantwortlich sorgen weiterhin für Kontroversen. Nicht nur in Polen.
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RZECZPOSPOLITA: Putin hilft der Regierungspartei

Putin helfe der polnischen Regierungspartei PiS, stellt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Publizist Michał Szułdyński fest. Es klinge vielleicht zynisch, aber das politische Geschäft sei eben voller Zynismus. Die letzten Wochen seien keine gute Zeit für die Regierenden in Polen gewesen. Das sogenannte Maulkorb-Gesetz, also die weitere Etappe der Justizreform, habe erneut zu heftigen Spannungen geführt. Außerdem könne die PiS mit den dubiosen Geschäften des Chefs der Höchsten Kontrollkammer nicht zurechtkommen, was eine schwere Belastung für das Image der Partei darstelle. Kurz nach den Wahlen im Oktober habe es darüber hinaus ein hartes und langwieriges Hadern mit den Koalitionspartnern über die politischen Einflusszonen gegeben. Dies habe zu Folge, dass die Freude nach dem Wahlsieg sehr schnell vorbei gewesen war. Hier und da sei Beunruhigung aufgetaucht, zumal dass der Ausgang der Präsidentschaftswahl alles andere als sicher für den von der Regierungspartei unterstützten Amtsinhaber Andrzej Duda sei.

Während man sich in der PiS die Köpfe zerbrochen habe, wie man die komplizierte politische Lage schnell und wirksam umdrehen könnte, ergriff Wladimir Putin das Wort. Zuerst schien es, als ob seine kontroversen Äußerungen völlig ungelegen für die regierende Partei gekommen wären, schreibt Szułdżyński. Polens Premierminister habe jedoch schnell und entschlossen geantwortet - seine Stellungnahme sei in viele Fremdsprachen übersetzt und von den wichtigsten ausländischen Meiden wahrgenommen worden – Punkt für den Regierungschef, stell der Publizist fest.

Noch wichtiger seien aber Kommentare der ausländischen Partner gewesen. Sowohl die US-amerikanische Botschafterin in Polen, Georgette Mosbacher, als auch Diplomaten aus Israel, Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie zahlreiche Autoritäten hätten entschlossen reagiert und Putins Andeutungen, Polen hätte mit Hitler kollaboriert und wäre für den Ausbruch des II. Weltkrieges verantwortlich als der historischen Wahrheit nicht entsprechend bewertet.

Für die polnische Regierungspartei sei es innenpolitisch von großer Bedeutung, schreibt Szułdżyński abschließend. Erstens könne die PiS die These von angeblicher Isolierung Polens auf der internationalen Bühne abstreiten. Zweitens könne die Partei ihren Einsatz für eine klare Aufteilung in Opfer und Täter in Bezug auf die Vergangenheit als nützlich und wirkungsvoll vorstellen, lesen wir in der Rzeczpospolita.

 

FAKT: Was wollen die Russen?

Die Spannungen in den Beziehungen zwischen Polen und Russland thematisiert auch die Tageszeitung Fakt im Gespräch mit dem Publizisten Andrzej Stankiewicz. Geht es nach dem Journalisten, gäbe es zweierlei Gründe, die Putins Verhalten erklären würden. Erstens seien die Beziehungen zwischen Warschau und Moskau in den vergangenen Jahren schlecht. Mit seiner Attacke auf Polen riskiere Putin daher keine Verschlechterung der bilateralen Kontakte, weil sie schlimmer eigentlich nicht sein können.

Zweitens sei auch die innenpolitische Lage in Russland von großer Bedeutung. In diesem Jahr würden uns erneut wichtige historische Jubiläen erwarten. Mit seinen Beschuldigungen an Polen werde Putin wohl versuchen, Russland als jenes Land vorstellen wollen, dass Hitler besiegt hatte. Für den russischen Präsidenten sei es eine sehr wichtige Angelegenheit, denn die politische Lage in Russland werde immer komplizierter, die Unzufriedenheit der Bürger wachse und die Zustimmung für die aktuelle politische Führung werde immer geringer.  

Vieles hänge nun von der Reaktion der polnischen Seite ab, meint Stankiewicz. Vor allem Präsident Duda sollte sich endlich zu Wort melden. Sollte es keine eindeutige Reaktion geben, werde Putin im Mai, zum Jahrestag der Beendigung des II. Weltkrieges seine lügenhaften Aussagen wiederholen, meint Andrzej Stankiewicz im Gespräch mit dem Blatt Fakt.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Unruhiger Schlaf des Präsidenten

Geht es um den polnischen Präsidenten, könne er nicht ruhig schlafen, stellt die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna fest. Das Blatt meint aber nicht die komplizierte Lage in den Beziehungen zwischen Warschau und Moskau, sondern die bevorstehende Präsidentschaftswahl im Mai. Einer neuesten Meinungsumfrage sei zu entnehmen, dass Amtsinhaber Duda mit ca. 54 Prozent der Stimmen rechnen könnte, die Kandidatin der größten Oppositionspartei PO, Małgorzata Kidawa-Błońska dagegen mit 46 Prozent. Wenn der Unterschied fünf Monate vor der Wahl so klein sei, sollten es der Präsident und sein Umfeld als ein Warnsignal wahrnehmen. Kurz vor der Wahl werde es ein breites Bündnis aller oppositioneller Parteien gegen den amtierenden Präsidenten geben, sagt  im Gespräch mit dem Blatt der Politologe, Professor Kazimierz Kik.  

Die Tageszeitung erinnert zugleich an die Ausgangslage vor der Präsidentschaftswahl im Jahr 2015. Damals sei der Kandidat der heutigen Opposition, Präsident Bronislaw Komorowski klarer Favorit gewesen. Andrzej Duda wurde nur von wenigen Publizisten als wichtiger Gegner Komorowskis ernst genommen. Der Ausgang der Wahl zeigte aber, dass in der Politik alles möglich sei, so Dziennik/Gazeta Prawna.

Jakub Kukla