Deutsche Redaktion

Tanz der Vampire

08.01.2020 11:00
Der Demograf, Professor Piotr Szukalski erzählt über einen beunruhigenden Trend.
Presseschau
PresseschauFoto: pixabay

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Tanz der Vampire

Die Bevölkerungszahl in Polen schrumpft, stellt in einem Gespräch mit der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna der Demograf, Professor Piotr Szukalski fest. Darüber hinaus sei auch ein neuer Trend zu verzeichnen: bislang habe man vor allem von einer Migration von den Landgebieten in Großstädte gesprochen. Die letzten Jahre würden aber auch eine andere Entwicklung zeigen. Und zwar würden immer mehr Menschen auch kleinere und mittlere Städte verlassen, sagt Szukalski. Der Grund für die Migration sei relativ einfach, die Folgen –  verwüstend. Viele Menschen würden Kleinstädte auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen, sie wollten einen besseren Job, besseres Einkommen, bessere Schulen für ihre Kinder. Nach und nach konzentriere sich die Bevölkerung in großen Metropolen, wie Warschau, Kraków, Poznań oder Wrocław. Dies bedeute, dass eine Stadt wie das südpolnische Tarnów bis zum Jahr 2050 ein Drittel seiner Bevölkerung verlieren könnte.

Geht es nach Szukalski sei das Problem besonders in Städten von bis zu 100 Tausend Einwohnern bemerkbar und in jenen Ortschaften, die nach der Verwaltungsreform den Status einer regionalen Hauptstadt verloren hätten. Man habe es in Polen mit einem gewissen Tanz der Vampire zu tun. Größere Städte würden die Lebenskräfte aus kleineren aussaugen: Kraków stelle eine Gefahr für das unweit gelegene Tarnów dar, Warschau für Radom usw.

Dieser Trend habe einen dramatischen Einfluss auf die Situation in den Regionen. Wenn junge Menschen aus einer konkreten Ortschaft konsequent fliehen, komme es zum Sterbeüberschuss. Es gebe schlicht zu wenig Menschen, um Kinder zur Welt zu bringen. In einer solchen Situation lohne es sich für die Gemeinde nicht mehr, einen Kindergarten oder eine Schule zu unterhalten. Es lohne sich darüber hinaus auch nicht, attraktive Arbeitsbedingungen für junge Eltern anzubieten, weil es einfach keine jungen Eltern in der Umgebung gebe. Die lokale Bevölkerung werde immer älter. Die Zahl der Menschen im produktiven Alter schrumpfe, dies habe wiederum zur Folge, dass die Steuereinnahmen in der Stadtkasse kleiner werden. Die lokalen Behörden müssten sparen, was wiederum die Attraktivität der Umgebung negativ beeinflussen würde. Aus einer solchen Situation gebe es eigentlich keinen Ausweg. Wer könne, der fliehe, stellt Professor Piotr Szukalski fest. Das Schlimme dabei sei, dass es keine Vision sei . Ähnliche Migrationsprozesse seien in vielen Teilen Polen bereits Tatsache, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. 

 

TYGODNIK POWSZECHNY: Kampf um die Handbremse

Die Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny greift erneut das Thema der anstehenden Präsidentschaftswahl auf. Eine interessante und wenig optimistische Analyse stellt Doktor Jarosław Flis vor. Geht es nach dem Politologen, konzentrierten sich alle politischen Lager vor allem darauf, die Amtsübernahme durch ihre Gegner zu verhindern. In der polnischen Staatsform spiele der Präsident die Rolle einer einköpfigen, dritten Parlamentskammer. Sein Veto sei viel stärker als das des Senats. Dies sei im Grunde aber seine einzige politische Waffe, er könne die Arbeit der gesetzgebenden Macht lähmen.

In seiner Analyse erinnert Flis auch an seine Metapher von vor zehn Jahren. Er habe damals geschrieben, dass man das Amt des Präsidenten mit einem Beifahrersitz vergleichen könne. Es sei eine sehr gute und bequeme Position, die Perspektive sei hervorragend. Gehe es aber um die Fahrtrichtung, könne der Beifahrer im Grunde nur seine Meinung äußern. Das einzige Instrument in seiner Reichweite sei die Handbremse. Die Präsidentschaftswahl sei also kein Kampf um das Staatssteuer, sondern vielmehr um die Bremse. In der heutigen politischen Situation gehe es konkret darum, ob die Opposition schon im Frühsommer die Notbremse wird ziehen können oder nicht, so Jarosław Flis in der Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny.

SUPER EXPRESS: Kriegsgefahr

Die Spannungen im Nahen Osten thematisiert die Tageszeitung Super Express. Das Risko eines militärischen Konfliktes zwischen den USA und dem Iran steige von Tag zu Tag, urteilt das Blatt. Sollte es zu einer Intervention der amerikanischen Truppen im Iran kommen, würde auch Polen einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Polen sei Nato-Mitglied, was bedeute, dass der Präsident, ähnlich wie im Afghanistan-Krieg, Soldaten auch in den Iran würde schicken müssen. In Afghanistan seien Dutzende polnische Soldaten getötet worden, viele seien verletzt worden und würden bis heute an den Folgen leiden. Dies sei der höchste Preis, den man für die Unterstützung der Amerikaner zahlen müsse.

Aber auch die Finanzen seien eine große Herausforderung, stellt das Blatt fest. Im Falle eines militärischen Einsatzes spreche man nicht von Millionen, sondern schon von Milliarden Zloty. Der Afghanistan-Einsatz habe den polnischen Staat bis zum Jahr 2014 ca. 7 Milliarden Zloty gekostet. Die Frage, ob sich Polen derartige Ausgaben ohne Kürzungen in der Sozialpolitik erneut leisten könnte, sei offen, so Super Express.

 

Jakub Kukla