Deutsche Redaktion

Ich will mich (nicht) politisch engagieren!

15.01.2020 10:27
Während sich junge Menschen zu wenig politisch engagieren, tendieren Journalisten dazu, Hand in Hand mit Politikern die Wirklichkeit zu kreieren.
Pressespiegel
Pressespiegel pixabay.com

PLUS MINUS: Die junge Generation engagiert sich zu wenig

In einem Gespräch mit der Wochenzeitschrift Plus Minus sagt der Soziologe, Professor Ireneusz Krzemiński, was er vom politischen Engagement der jungen Generation hält. Die Jungen seien passiv, urteilt der Wissenschaftler und Hochschullehrer schon im ersten Satz. Vielleicht nicht ganz, junge Menschen hätten eigene Nischen in denen sie funktionieren, diese hätten jedoch keine Verbindung mit dem politischen Leben, daraus würde kein bürgerliches Bewusstsein resultieren. Dies beunruhige ihn – die junge Generation würde sich vor allem mit sich selbst beschäftigen, urteilt Professor Krzemiński.

Sehr oft provoziere er seine Studenten, sagt Krzemiński weiter. Er wolle sie dazu bewegen, sich für die Politik zu interessieren. Leider sei in Polen aber der eigentliche Sinn des Wortes Politik abhandengekommen. Politik sei doch in erster Linie die Bemühung, so vielen Menschen wie es nur geht, einen Rahmen für ein gutes Leben zu schaffen. Es sei ein Versuch, das gemeinsame Funktionieren der Menschen sinnvoll zu organisieren. Es sei die Bestrebung der Gewerkschaft Solidarność gewesen, den Menschen die Chance zu geben, Bürger zu werden. Und das bürgerliche Bewusstsein sei doch aufs Engste mit dem politischen Handeln verbunden, lesen wir weiter. Man könne kein Bürger sein, wenn man nicht politisch denke, wenn man nicht diskutiere. In Polen sei Politik aber vor allem ein zwischenparteilicher Kampf, der vom Drang zur Machtübernahme diktiert werde. Von den alten Idealen der Solidarność-Zeit sei nicht viel übriggeblieben, zugleich sei die Gewerkschaft und deren Errungenschaften für die junge Generation fast schon wie die Geschichte des Mittelalters.

Er höre immer wieder junge Menschen, die die Freiheit als den größten Wert hervorheben würden, sagt Krzemiński weiter. Sie möchten nach eigenen Regeln leben, sie möchten nicht, dass sich der Staat in ihr Leben einmische. Zugleich wünschten sie sich auch, dass der Staat ihnen Wohnungen zur Verfügung stelle und Arbeit besorge. Freiheit vermischt mit Forderungen sei eine absurde Mixtur, so Professor Ireneusz Krzemiński in der Wochenzeitschrift Plus Minus.

 

DO RZECZY: Journalisten engagieren sich zu stark

Während der Soziologe Krzemiński das mangelnde Engagement der jungen Generation in Polen kritisiere, beschwere sich die TV-Journalistin Dorota Gawryluk über ein zu großes politisches Engagement der polnischen Medien. Fakten würde man immer häufiger durch Emotionen ersetzen. Diese Tendenz sei in den letzten Jahren in Polen so stark geworden, dass einige Kollegen, und zwar auf beiden Seiten der politischen Front, bewusst den Gesichtspunkt der Politiker übernehmen würden. Anstatt zu informieren, würden sie nun Hand in Hand mit Politikern die Wirklichkeit modellieren. Es gehe dabei nicht unbedingt um finanzielle Vorteile, die daraus resultieren, sondern eher um ideologische Nähe. Sie treffe immer mehr Menschen, die eigene Ansichten als objektive Wahrheit darstellen. Sie würden so stark an die Welt glauben, die sie selbst kreiert haben, dass es keine Argumente gebe, die sie zum Meinungswechsel bewegen könnten.

Selbstverständlich habe es schon immer Journalisten gegeben, die flexibel zwischen der Medien- und der Politikwelt balanciert hätten. Solange sie es für privates Geld tun und die Zuschauer es sich wünschten, könne sie es akzeptieren. Hauptbedingung sei aber, dass sie es offen zugeben und sich nicht als objektiv darstellen und andere belehren, was unparteiischer Journalismus bedeute, so TV-Journalistin Dorota Gawryluk im Gespräch mit der Wochenzeitschrift Do Rzeczy.

 

RZECZPOSPOLITA: Europäische Indolenz

Mehrere Tage sind vergangen, seit die USA den iranischen Top-General Ghassem Suleimani töten ließen. Beide Mächte standen am Rande eines Kriegs. Und die Europäische Union habe ratlos zugeschaut, stellt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Publizist Jędrzej Bielecki fest. Der große Test für die neue EU-Führung sei schnell gekommen, wenigen Wochen nach ihrer Ernennung.

Gleich nach dem Beginn der Krise habe der Spanier Josep Borell, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik in der Kommission von von der Leyen den iranischen Außenminister zu Gesprächen nach Brüssel eingeladen. Zu dem Treffen sei es bis heute nicht gekommen. Die Iraner seien rasch zu der Ansicht gekommen, dass Borell eigentlich niemanden vertrete. Die Europäische Union habe keine gemeinsamen Erklärung ausgearbeitet, weil die wichtigsten Staaten mit eigenen innenpolitischen Problemen beschäftigt waren. Außerdem würden die deutsch-französischen Meinungsunterschiede in Bezug auf die Entwicklung der Staatengemeinschaft zur Folge haben, dass der Integrationsmotor nicht funktioniere. Zugleich verliere mit dem Austritt der Briten die EU die neben der französischen stärkste Armee Europas. Der iranische Test sei aber auch aus einem anderen Grund eine wichtige Warnung, schreibt Bielecki abschließend. Die Indolenz sei ein klares Signal für alle autokratischen Herrscher, dass man die EU nicht ernst nehmen müsse, weil sie im Grunde kein wichtiger Spieler sei, schreibt Jędrzej Bielecki in der Tageszeitung Rzeczpospolita.  

 

Jakub Kukla