Deutsche Redaktion

Von Konflikten und Wahlbeteiligungsfetischismus

15.07.2020 13:34
Das Wochenblatt DoRzeczy fragt in einem Gespräch mit der Politologin Anna Szwed-Walczak, wie es dazu kommen konnte, dass Polen in zwei Hälften gespalten wurde und der politische Konflikt so aufgeflammt sei?
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DoRzeczy: Der Konflikt wird ausgenutzt um Wähler zu mobilisieren und engagieren

Das Wochenblatt DoRzeczy fragt in einem Gespräch mit der Politologin Anna Szwed-Walczak, wie es dazu kommen konnte, dass Polen in zwei Hälften gespalten wurde und der politische Konflikt so aufgeflammt sei?

Der Konflikt, so die Politikwissenschaftlerin, werde durch das öffentliche Interesse an einem Thema erhöht, ziehe das Publikum an und helfe Politikern, ihre Wähler zu konsolidieren. Aus diesem Grund, lesen wir, erhitzen Politiker gerne die Emotionen. Die Wähler, überzeugt Walczak, identifizieren sich auch stark mit dem Medienbild eines Politikers, der ausdrucksstark im Rampenlicht stehe. Leider nehmen Wähler dabei selten Rücksicht darauf dass das Image eines Politikers von PR-Profis gestaltet wird. Dies führe leider dazu, dass das Image wichtiger werde als das politische Programm. So seien in der diesjährigen Kampagne keine Themen diskutiert worden, die, auf die der Präsident direkten Einfluss habe. Es habe keine Überlegungen zur Außenpolitik oder zur Sicherheit des Staates gegeben. Stattdessen hätten soziale und ideologische Fragen die Debatte dominiert. 

All das führe zu einer gefährlichen sozialen Polarisierung. Auch die Kandidaten hätten dies bemerkt und in der letzten Phase des Wahlkampfs ihre Rhetorik mehr hin zur Versöhnlichkeit geändert. 

 

Ob es eine Chance gebe, aus diesem Konflikt auszubrechen? Das hänge davon ab, ob die Wählerschaften es schaffen, ihre eigene Komfortzone zu verlassen und sich bereiterklären die Argumente der Wettbewerber kennenzulernen, um ihre Sichtweise zu verstehen, lesen Anna Szwed-Walczak in Do Rzeczy. 

 

Rzeczpospolita: Wahlbeteiligungs-Fetischismus

In der heutigen Rzeczpospolita fragt sich der Publizist Jan Maciejewski, was es bei jeden Wahlen mit der Wahlfrequenz auf sich habe. Die Bürger zum Glauben zu bringen, so der Autor, dass die Nichtteilnahme an demokratischen Wahlen ein Akt des Verrats sei, und sie gleichzeitig zur Abstimmung zu motivieren, indem man an ihre niedrigsten Komplexe appelliere, sei absurd. Demokratie, überzeugt Maciejewski, werde damit zunehmend zu einer Frage der Vorstellungskraft. Was darin möglich sei, hänge davon ab, was von den PR-Leuten der Parteien als notwendig betrachtet werde. Und der diesjährige, von einer Rekordbeteiligung gekrönte Wahlkampf werde ein solches politisches Modell wohl leider nur weiter festigen, lesen wir in der Rzeczpospolita. 

 

Dziennik: Polen lassen sich in keiner Brüsseler Fabrik produzieren 

Das Online-Tagesblatt Dziennik hat einen Blick in die ungarische Presse geworfen, um zu schauen, wie die Ungarn die Präsidentschaftswahlen in Polen beurteilen.

So hätten die Präsidentschaftswahlen in Polen, laut dem Kommentator des regierungsnahen Blattes "Magyar Nemzet" Zoltan Kottasz gezeigt, dass es den souveränen, mitteleuropäischen Regierungskräften gut gehe. Geht es nach Kottasz, können "Polen nicht in einer Brüsseler Fabrik hergestellt werden". Polen würden die EU-Mitgliedschaft ihres Landes zwar unterstützen. Sie hätten Angst vor Russen, aber sie würden wollen auch keine westeuropäische Propaganda oder Befehle vom Brüsseler Hauptquartier wollen. 

Geht es indes nach der linksliberalen Tageszeitung “Nepszava”, könne man in Polen als nächstes nach ungarischem Vorbild mit einem Angriff auf freie Medien rechnen.

Autor: Piotr Siemiński