Deutsche Redaktion

Umverteilung der Würde

16.07.2020 13:01
Die heutige Presse erklärt unter anderem die Gründe der Popularität von Präsident Andrzej Duda.
Presseschau
PresseschauShutterstock.com


DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Umverteilung der Würde

Die einfache Erklärung des Wahlsiegs von Amtsinhaber Andrzej Duda mit der großzügigen Sozialpolitik der PiS-Regierung sei verfehlt, schreibt in der neuen Ausgabe die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna und beruft sich dabei auf eineAnalyse von Professor Aleks Szczerbiak. Der Politologe von der Universität Sussex unterstreicht, dass die Partei PiS ihre Popularität größtenteils der Wählerschaft aus kleineren Ortschaften verdanke. Kleinstädter und Dorfbewohner hätten dem Amtsinhaber auch geholfen, am vergangenen Sonntag die Wiederwahl zu erringen. Es handle sich um Menschen, die seit dem Jahr 2015 zum ersten Mal fühlen, dass sie eine politische Repräsentation im Parlament aber auch im Präsidentenpalast haben. Es seien Wähler, die sich bislang marginalisiert, an der Rand geschoben oder von den großstädtischen liberalen Eliten sogar verachtet gefühlt hätten. Geht es nach dem Politologen, sei es der Partei Recht und Gerechtigkeit gelungen, diese Menschen davon zu überzeugen, dass PiS die erste Partei und Andrzej Duda der erste Präsident nach dem verstorbenen Lech Kaczyński seien, die sich für die Probleme der polnischen Provinz interessieren würden.

Die sozialen Ausgaben, das eingeführte Kindergeld, das Schulgeld oder auch die 13.Monatsrente seien nach Ansicht von Szczerbiak ein wichtiges politisches Instrument. Die Menschen in Polens Kleinstädten und auf dem Lande hätten zum ersten Mal das Gefühl, dass auch sie von den positiven Folgen der Transformation endlich mal profitieren. Doch viel wichtiger und vor allem viel wirksamer sei ein Mechanismus, den man als die Umverteilung der Würde bezeichnen könne. Duda sei nicht nur ein Präsident, der Geld gebe, er sei ein Politiker der den Provinzbewohnern ihre Würde zurückgebe. Dabei sei er imstande, eine tiefe Beziehung mit seinen Wählern herzustellen. Dies sei zwar verwunderlich, angenommen, dass er selbst der intellektuellen Krakauer Elite angehöre. Die Tatsache aber, dass er in Kontakten mit den Menschen sehr authentisch wirke, verursache, dass er viele Polen dazu mobilisiert habe, sich an einem politischen Ereignis, wie die Präsidentschaftswahl überhaupt zu beteiligen, sagt der Politologe, Professor Aleks Szczerbiak im BlattDziennik/Gazeta Prawna.


DO RZECZY: 20 Jahre IPN

In einem Gespräch mit der Wochenzeitschrift Do Rzeczy fasst der Leiter der Instituts für Nationales Gedenken IPN, Doktor Jarosław Szarek, die 20-jährige Aktivität der Einrichtung zusammen. Die wichtigste Aufgabe der Institution sei es gewesen, denZugang zu den geheimen Akten des kommunistischen Geheimdienstes zu gewährleisten und eine öffentliche Debatte über die neue polnische Geschichte in die Wege zu leiten. Dieser Versuch sei übrigens gelungen. Anders als zum Beispiel in Russland, meint Szarek. Die kommunistischen Akten seien heute in Polen zugänglich, der Zugang sei frei. Dank dem Digitalisierungsprozess seien die Akten von Zuhause aus abrufbar. Eine andere Dimension stelle die Auseinandersetzung mit den weißen Flecken der polnischen Geschichte dar. Es sei den Mitarbeitern des Instituts zum Beispiel gelungen, die Erinnerung an den antikommunistischen Untergrund in Polen kurz vor Ende des Krieges und in den ersten Nachkriegsjahren wiederherzustellen. Das Institut beschäftige sich auch eingehend mit den Folgen der zwei Totalitarismen in Polen: des nazideutschen und des sowjetischen, sagt IPN-Direktor Jarosław Szarek in derWochenzeitschrift Do Rzeczy.


RZECZPOSPOLITA: Die Geschichte teilt Polen und Russen

Dass die Geschichte ein Brennpunkt in den polnisch-russischen Beziehungen bleibe, zeige auch eine neue Studie, die vom Moskauer Lewada-Zentrum durchgeführ twurde, berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita. Die Mehrheit der Russen bewerte die beiderseitigen Kontakte als schlecht, ein Viertel als neutral und nur 10 Prozent der Befragten als positiv und freundlich, lesen wir.

Die Mehrheit der Russen vertrete darüber hinaus die Meinung, dass der Einmarsch der sowjetischen Truppen in Polen im September 1939 eine richtige Entscheidung gewesen war. Die Aktivität der Rotarmisten in den letzten Kriegsmonaten und in den darauffolgenden Jahren werde als Befreiung bezeichnet. Den Zusammenhang mit der Installierung des kommunistischen Systems in Polen gegen den Willen der Polen würden nur wenige sehen.

Beunruhigend sei auch der Wissensstand über das Katyn-Massaker, also die Ermordung von Zehntausenden polnischen Offizieren und Intellektuellen durch den sowjetischen Sicherheitsdienst. Zwar hätten fast 50 Prozent der Befragten von diesem Ereignis schon gehört, doch die Hälfte der Russen vertrete die Meinung, dass hinter den brutalen Morden die Deutschen stehen würden, so Rzeczpospolita über die Studie des Lewada-Zentrums.

Jakub Kukla