Deutsche Redaktion

Wer hat den Gesundheitsminister gefeuert?

19.08.2020 10:26
Angesichts des gestrigen und unerwarteten Rücktritts des Gesundheitsministers, und zuvor seines Stellvertreters, schreibt die Rzeczpospolita am Mittwoch, dass die Flucht ein unheilvolles Zeichen sei. Was ist passiert, fragt das Blatt, dass die Regierung innerhalb von 24 Stunden inmitten einer Pandemie zwei Staatsmänner verloren habe, die für den gesamten Gesundheitsbereich verantwortlich waren?
Minister zdrowia Łukasz Szumowski
Minister zdrowia Łukasz SzumowskiPAP/Tomasz Gzell

Rzeczpospolita: Wer hat den Gesundheitsminister gefeuert?

Angesichts des gestrigen und unerwarteten Rücktritts des Gesundheitsministers, und zuvor seines Stellvertreters, schreibt die Rzeczpospolita am Mittwoch, dass die Flucht ein unheilvolles Zeichen sei. Was ist passiert, fragt das Blatt, dass die Regierung innerhalb von 24 Stunden inmitten einer Pandemie zwei Staatsmänner verloren habe, die für den gesamten Gesundheitsbereich verantwortlich waren?

Vielleicht, spekuliert die Rzeczpospolita, waren Szumowski und Cieszyński unangenehme Zeugen? Medienberichten zufolge, soll der polnische Geheimdienst in den Kauf von fehlerhaften Atemschutzmasken verwickelt gewesen sein. Vielleicht wollten polnische Agenten so mutig sein wie der israelische Mossad und über einen Waffenhändler Atemschutzmasken kaufen. Aber wahrscheinlich - wie halt in Actionfilmen, glaubt das Blatt - sei etwas schief gelaufen. Der Händler, wie polnische Medien berichteten, nahm das vom Gesundheitsamt ausgelegte Geld und sei verschwunden. Wissen Cieszyński und Szumowski so viel über diesen Fall, dass sie sofort entlassen werden mussten, fragt die Rzeczpospolita? Ein weiterer Grund, könnte der Kampf innerhalb der Regierungskoalition sein.

Was für alle Polen jedoch das wichtigste Thema sein sollte, sei wie sich die Situation im Ministerium auf das Gesundheitsrisiko während der Pandemie sowie der Grippe- und Infektionssaison auswirken werde. Wie die Zeitung abschließend behauptet, sollen immer mehr Berichte vorliegen, dass sich der Zustand des polnischen Gesundheitssystems verschlechtert und dass Polen vom Musterbeispiel, wie man mit der Epidemie umgehen sollte, langsam zum roten Leuchtturm in Europa werde.


DoRzeczy: Leere Hoffnungen der Weißrussen

Der Niedergang von Lukaschenkas Ära in Weißrussland, zeige, dass es jetzt nur noch darum gehe, ob der Diktator den Rest seiner Tage auf freiem Fuß oder eher isoliert verbringen werde, meint Renata Cytacka, eine litauische Anwältin, in einem Interview für das Wochenblatt DoRzeczy.

Die Tatsache, dass Lukaschenkas Ende gekommen sei, sei offensichtlich. Belarus habe trotzdem noch einen langer Weg zur Freiheit und Demokratie. Deshalb sollten die Weißrussen darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Sturz des Diktators nur der Beginn eines harten und langen Kampfes sei und dass sich die Lebensverhältnisse vieler Bürger verschlechtern werden. Angesichts der ähnlichen Transformation in Nachbarländern, sei es unbestreitbar, dass es in der "demokratischen Opposition" von Belarus von geheimen KGB-Kollaborateuren wimmelt. Genau wie einst in Litauen. Die ehemaligen geheimen Mitarbeiter der Sicherheitsdienste, die zur Zeit des demokratischen Aufstands in Litauen die Macht ergriffen haben und die Geheimdienstliste mit ihren Namen bis heute geheim halten, seien nach wie vor an der Macht.

Am meisten leid tun der Anwältin jene jungen Leute, die glauben, dass ihnen jetzt, nachdem sie Lukaschenka gestürzt hätten, eine strahlende Zukunft bevorstehe. Sie erinnert hierbei, dass erst nach mehr als dreißig Jahren in Polen viele der damaligen Freiheitskämpfer ihre Anerkennung verdient hätten. Viele seien aber auch in Armut und Vergessenheit geraten. Viele von denen, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzten, hätten sie niemals erlebt.

Die Anwältin überzeugt deshalb als Warnung im Wochenblatt, dass jetzt die Macht in Belarus von geheimen Sicherheitsmitarbeitern übernommen werde, die die gesamte Situation zu ihrem eigenen, politischen Vorteil ausnutzen werden.

Wirtualna Polska: Thema der Medien-Dekonzentrierung kommt wie ein Bumerang zurück

Marcin Makowski schreibt indes für das Nachrichtenportal WP, dass das Thema der Medien-Dekonzentrierung wie ein Bumerang zurückkehre, der mit überraschender Regelmäßigkeit von der Regierung geworfen werde. Der Eingriff in die heimische Medienlandschaft, erinnert der Autor, soll nach französischem Vorbild und in Übereinstimmung mit dem EU-Recht zum Monopolrecht durchgeführt werden, um private Medien in Polen pluralistischer zu machen. Diesen Herbst, soll das neue Mediengesetz an den Sejm geschickt werden. Das seltsame, so Makowski, die Regierung schmiede solche Pläne mittlerweile schon seit drei Jahren. Ohne größeren Erfolg.

Das Problem sei aber ernst, überzeugt der Autor. In Polen gebe es zum Beispiel Fälle, in denen ein bestimmter ausländischer Herausgeber der Eigentümer von Radio-, Fernseh-, Internetkanälen und Pressetiteln sei. Er könne dadurch, so Makowski, seine Sichtweise sehr glaubwürdig durchsetzen. Wenn der durchschnittliche Pole, eine bestimmte Meinung in so vielen verschiedenen Kommunikationskanälen höre, würde er den Eindruck gewinnen, dass sie glaubwürdig sei. Wenn verschiedene Medien demselben Eigentümer gehören, heißt es weiter, werde zugleich die Illusion geschaffen, dass in den Medien Pluralismus herrsche.

Wer wäre am stärksten von dem Gesetz über die Dekonzentration der Medien in Polen betroffen? Dem Autor nach die Amerikaner, Franzosen, Deutschen und Schweizer. Die wichtigste Frage allerdings bleibe nach drei Jahren dieselbe, fährt Makowski fort. Werde die Regierung diesmal genug Willen und Entschlossenheit haben, um die in der Präsidentschaftskampagne erneut angekündigte Medienreform in die Tat umzusetzen?

 

Joachim Ciecierski