Deutsche Redaktion

Wieso lieben die Deutschen Diktaturen?

20.08.2020 13:26
In einem Artikel unter diesem Titel beobachtet das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna, dass die deutsche Regierung seit Jahren besonders nachsichtig mit nicht-demokratischen Staaten sei, die von hoher Bedeutung für die Wirtschaft der Bundesrepublik seien.
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Dziennik/Gazeta Prawna: Wieso lieben die Deutschen Diktaturen?

Wieso lieben die Deutschen Diktakturen? In einem Artikel unter diesem Titel beobachtet das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna, dass die deutsche Regierung seit Jahren besonders nachsichtig mit nicht-demokratischen Staaten sei, die von hoher Bedeutung für die Wirtschaft der Bundesrepublik seien. Für die Rechtfertigung dieser Strategie würde sie eine ganze Litanei von Argumenten haben: von der angeblichen Alternativlosigkeit bis hin zum deklarierten Änderungsversuch “durch Annäherung”. Laut Experten, so das Blatt, sei dies eine besonders schädliche Doktrin, die autoritäre Regime stärke.

Für Kanzlerin Angela Merkel, lesen wir weiter, sei China etwa ein “strategischer Partner”, mit dem man unbedingt Dialog führen sollte und der für die ganze EU von besonderer Bedeutung sei. Vermutlich hätten sich die Reaktionen Berlins auf die Beschneidung der Autonomie von Hongkong daher auf die Suspendierung des Extraditions-Abkommens mit der Insel, den Verzicht auf Export von Gummipatronen an China und das Angebot von mehr Universitätsstipendien für die Bewohner von Hongkong  beschränkt.

Ebenso rachitisch sei die Reaktion der Bundesrepublik auf die Ermordung eines ehemaligen tschetschenischen Kämpfers durch einen russischen Auftragsmörder ausgefallen. Im vergleichbaren Fall des Mordversuchs an Siergiej Skripal und dessen Tochter in Großbritannien, habe der Kreml diplomatische Sanktionen von der ganzen EU in Kauf nehmen müssen. Berlin habe indes den ganzen Fall gezielt in die Länge gezogen, um schließlich zwei Spione aus der russischen Botschaft auszuweisen. Knapp fünf Monate nach dem Mord habe Angela Merkel, Seite an Seite mit Putin stehend, in Moskau über “intensive Wirtschaftsbeziehungen”, trotz “einiger Schwierigkeiten” gesprochen.

Die der Regierung freundlich gesinnten Medien am Rhein, und das sei die entschiedene Mehrheit, würden die Außenpolitik Berlins immer auf identische Weise erklären. Merkel, so das Argument, hoffe, dass es dank guten Wirtschaftsbeziehungen gelinge, schwierige politische Probleme zu lösen. Das habe das “Handelsblatt” 2012 vor der Visite Merkels in Moskau geschrieben, noch vor dem Krieg in der Ukraine. Acht Jahre später würde Merkel immer noch überzeugen, dass es sich lohne, in Dialog mit Russland und China zu investieren, da man dann Einfluss auf sie habe. Die Fakten würden dies nicht bestätigen.

Geht es nach Konrad Popławski vom Warschauer Zentrum für Oststudien, hänge die Resilienz dieser Doktrin mit dem Mythos der Ost-Politik zusammen, die angeblich durch die Annäherung von Westdeutschland und dem Ostblock zur demokratischen Wende in der sowjetischen Einflusssphäre geführt hätten. Dieses Mythos, so der Analytiker, sei nie bestätigt worden. Es stütze sich auch nicht auf Studien und Analysen. Denn es sei schwer zu beweisen, wie die Bezuschussung gewisser Regime verursachen sollte, dass diese sich zum Besseren wandeln. Es sei genau das Gegenteil geschehen, die deutschen Unternehmen und Konzerne hätten sich von nicht demokratischen Staaten abhängig gemacht. Nur ein Resultat dieser Politik seien Nord Stream 1 und 2, so Popławski. Damit nicht genug: Der Handel mit Deutschland garantiere Regimen zusätzliche Mittel, aus denen sie das Militär finanzieren, das wiederum die Gesellschaft in Zaum halte, zitiert Dziennik/Gazeta Prawna den Analytiker Konrad Popławski. 

Gazeta Wyborcza: Wird Lukaschenka zur Gewalt zurückkehren?

Nach dem gestrigen EU-Gipfel, nach dem die EU die Wahlergebnisse in Belarus offiziell nicht anerkannt hatte, habe Lukaschenka Putin telefonisch gebeten, Angela Merkel anzurufen und dazu zu überzeugen, sich nicht in die internen Angelegenheiten von Belarus einzumischen, schreibt in der heutigen Ausgabe der linksliberalen Gazeta Wyborcza Publizist Bartosz Wieliński. Gleichzeitig habe Lukaschenka seiner Wut über die Situation in dem an Polen grenzenden Grodno Ausdruck gegeben.

Die Stadtverwaltung, lesen wir, habe sich bei den Einwohnern nicht nur für die Gewalt und die Verhaftungen letzte Woche entschuldigt, sondern der Opposition auch weitere Proteste im Stadtzentrum erlaubt. Zudem habe über die Proteste auch ein lokales Radio berichtet. In der Stadt funktioniere ein gemeinsamer Rat der Stadtbehörden und der Opposition und in der größten Düngerfabrik des Landes Grodno Azot würden Streikkomitees gegründet. Für Lukaschenka sei all dies ein Beweis für eine Intervention des Westens, der die Demonstranten - laut dem belarussischen Präsidenten - mit Bargeld und Waffen versorge.

In den Westen des Landes seien nun weitere Einheiten verlegt worden und an der Grenze zu Litauen seien große Militärmanöver geplant. Bedeute dies, dass der Diktaktor nach dem misslungenen Versuch, die Krise zu mildern, erneut zur Gewalt greifen werde? Die gestrige Aktion des OMON in der Traktorenfabrik MTZ, bei der tausende Demonstranten auseinandergetrieben worden seien, könne diese Vermutung bestätigen, so Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza.


Adam de Nisau