Rzeczpospolita: Streit um EU-Milliarden
Die Zweifel an der Form und den Prioritäten des Nationalen Wiederaufbauplans mehren sich. Und die Uhr tickt, warnt in ihrem heutigen Aufmacher die konservativ-liberale Tageszeitung Rzeczpospolita. Anmerkungen zum Nationalen Wiederaufbauplan, so die Zeitung, hätten so gut wie alle - vor allem Vertreter der Kommunalpolitik, NGOs und politische Parteien. Dazu komme die Frage der Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds durch das Parlament, ohne die weder der Nationale Wiederaufbauplan, noch ähnliche Programme in anderen EU-Ländern in Gang gebracht werden können. Und die Liste der Bedenken sei lang. Zu den größten, so die Zeitung, gehören derzeit offenbar Fragen rund um den Klimaschutz. Falls das Regierungsprojekt nicht ambitioniert genug sein werde, könnte Polen bis zu 3 Milliarden Euro für den Kampf gegen Smog verlieren, den die Regierung Morawiecki in den letzten Jahren zu einer ihrer Prioritäten erklärt habe. Für Fragen würden auch die Kriterien der Verteilung von Hilfsgeldern an die Gastronomie- und Hotelbranche sorgen. Die Koalitionspartei von Justizminister Zbigniew Ziobro, Solidarisches Polen äußert Skepsis am Projekt. Und die Oppositionsparteien Bürgerplattform und PSL fordern Transparenz bei der Ausgabe der Gelder und drohen andernfalls ebenfalls mit einem “Nein” gegen das Projekt. Die Regierungspartei PiS zeigt sich trotz alledem zuversichtlich, so Rzeczpospolita.
Rzeczpospolita: Mäusefalle
Er persönlich glaube, dass die PiS auf Kollisionskurs gehen wird, schreibt in seinem Autorenkommentar zum Thema der Publizist der Rzeczpospolita, Michał Szułdrzyński. Zuerst, lesen wir, werde sie ihre Propagandamaschine nutzen, um den Polen zu zeigen, wie schön es werden könnte. Dann, falls der Wiederaufbauplan im Parlament scheitert, die ganze Schuld auf die Opposition schieben und diese als anti-europäischen und antipolnischen Schädling abstempeln. Am Ende werde sie versuchen, das Projekt nach geringfügigen Änderungen mit Hilfe der Ziobro-Partei durch das Parlament zu peitschen, um anschließend zu verkünden, dass man das Wohlergehen des Staates nur Jarosław Kaczyński und Zbigniew Ziobro anvertrauen kann. Oder nur Kaczyński, wenn Solidarna Polska nicht mitgeht. Damit würde die PiS nicht nur die Narration übernehmen, sondern den Gegner erdrücken. Die Opposition könnte dann nicht einmal mehr das moralische Recht beanspruchen könnte, auf die Mittelverteilung Einfluss zu nehmen. Daher stehe die Opposition bei der Frage, ob sie bei der Debatte über den Wiederaufbauplan das politische oder staatliche Interesse vorziehen sollte, vor einem schwierigen Dilemma, so Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Ideologische Konteroffensive der Konservativen
Zuerst war da das vom Ressort von Justizminister Zbigniew Ziobro vorgeschlagene Änderungspaket, das die Erziehung eines Kindes durch ein gleichgeschlechtliches Paar verhindern sollte. Nun komme ein Bürgerprojekt, dessen Ziel der Ausstieg aus der Instanbulkonvention ist, das durch die katholische Juristenorganisation Ordo Iuris und den Konservativen Marek Jurek initiiert wurde. Nach der Resolution des EU-Parlaments, das die EU zu einer Zone der Freiheit für Vertreter der LGBTIQ-Gemeinschaft erklärt hatte, bereite sich die polnische Rechte auf einen Gegenangriff vor, berichtet in der aktuellen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Ein Projekt, das diese Woche der Sejm ins Fadenkreuz nehmen soll, erinnert das Blatt, sehe die Berufung einer Arbeitsgruppe am Auswärtigen Amt vor, deren Ziel die Ausarbeitung eines alternativen, europäischen Dokuments zu Familienrechten sei. Diese soll die Rechte von Ehepartnern, Eltern und Kindern definieren, so Dziennik/Gazeta Prawna.
Gazeta Wyborcza: Rabatt für Sponsor
Die linksliberale Gazeta Wyborcza setzt in der heutigen Ausgabe ihre Ermittlungen gegen den Chef des Energieunternehmens PKN Orlen und Kaczyński-Vertrauten Daniel Obajtek fort. Wie das Blatt in der aktuellen Ausgabe berichtet, habe Obajtek 2018 ein Luxusapartment in Warschau gekauft. Das Problem: Für das Penthouse habe Obajtek nur 1,3 Millionen Złoty bezahlt, also knapp 7 Tausend Złoty pro Quadratmeter. Diese Summe liege weit unter dem damaligen Preisdurchschnitt in der Hauptstadt. Und weit unter dem Preis, den der Immobilienentwickler offiziell gefordert hatte. Denn geht es nach Ermittlungen der Zeitung hätte Obajtek eigentlich eine Million mehr für die Wohnung zahlen müssen. In der gleichen Zeit sei Orlen zum Sponsor der Fußballakademie des Immobilienunternehmens geworden.
Er mache sich keine Illusionen, so der Publizist des Blattes Roman Imielski, dass die Staatsanwaltschaft und die Antikorruptionsbehörde Obajtek wirklich ins Fadenkreuz nehmen werden. Denn dieser sei ein Mann, in den PiS-Chef Kaczyński schon seit 10 Jahren investiere. Und die PiS habe schon zuvor bewiesen, dass sie bereit ist, Gesetze zu ändern, um Obajtek aus der Patsche zu helfen, so Roman Imielski in der Gazeta Wyborcza.
Autor: Adam de Nisau