RZECZPOSPOLITA: Nur Sanktionen sind wirksam
Für Empörung sorgt die Festnahme von Angelika Borys, der Vorsitzenden des belarussischen Bundes der Polen, schreibt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Publizist Rusłan Szoszyn. Zuerst habe man in dem seit 1994 von Lukaschenko regierten Land die Präsidentschaftswahl gefälscht. Danach habe bewaffnete Miliz diejenigen von den Straßen verjagt, die mit voller Stimme über die Unklarheiten sprechen wollten. Hinter Gittern würden sich inzwischen all die aktivsten Gegner des Luksachenko-Regimes befinden. Die Proteste seien niedergeschlagen worden, die Arbeiter habe man eingeschüchtert. Aber die Repressalien würden nicht an Tempo und Ausmaß verlieren, schreibt Szoszyn. Nach dem man die unabhängigen Medien zerstört und die kühnsten Journalisten mundtot gemacht habe, seien sogar Bürgerrechtler vor Gerichten erschienen. Es sah aus, als ob der Diktator die Situation erneut im Griff gehabt hätte. Plötzlich habe er sich aber ein neues Ziel ins Visier geholt: die in Belarus lebenden Polen. Es sei übrigens kein Zufall, urteilt das Blatt.
Nun seien wir dran, sagte vor einigen Tagen die Chefin der Bundes der Polen in Belarus, Angelika Borys. Von der Regierung in Minsk werde der Bund übrigens nicht anerkannt. In den vergangenen Wochen wurden Schikanen gegen polnische Schulen unternommen, Polonia-Vertreter habe man festgenommen und polnische Diplomaten aus dem Land ausgewiesen. Letztendlich sei Borys selbst in Untersuchungshaft gelandet. Bereits am Samstag sei sie erneut zur Chefin der größten Polonia-Organisation in Belarus gewählt worden. Der Bund repräsentiere die Interessen von mehreren Tausend polnischstämmigen Personen. Man habe die Organisation bereits in der Vergangenheit das Leben erschwert, nie aber so skrupellos und jenseits von rechtlichen Grundlagen wie jetzt, urteilt das Blatt. Einige Minuten brauche im Schnitt ein belarussischer Richter um über das Leben eines Menschen zu entscheiden. Er könne ihn in U-Haft einsperren lassen oder zu mehreren Jahren in einer Strafkolonie verurteilen. Seine Macht sei unbegrenzt, weil er im Namen des Diktators handle. Das Leben seiner Landsleute hänge oft von der Laune eines einzigen Menschen ab.
Es sei vorauszusehen gewesen, dass früher oder später die belarussische Regierung sich auch gegen Polen richten werde. Das westliche Nachbarland habe bislang versucht, sowohl unabhängige Medien als auch die Opposition in Belarus zu unterstützen, in den vergangenen Monaten hätten Tausende Belarussen in Polen einen sicheren Zufluchtsort gefunden. Aus diesen Gründen sollte Polen nun auf jedes Szenario gefasst sein. Lukaschenko sei ein schwieriger Gegner. Er könne aber gut rechnen. Deshalb seien drastische wirtschaftliche Sanktionen, und keine rein symbolischen, die die EU eingeführt habe, das einzige Mittel zu Beendigung der Repressalien, so Rusłan Szoszyn im Blatt Rzeczpospolita.
DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Polnische Schulen im Visier
Die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna veröffentlicht indes ein kurzes Interview mit Angelika Borys, dass noch vor ihrer gestrigen Festnahme durchgeführt wurde. Am Wochenende habe man Borys mit 128 von 135 Stimmen zur Chefin des Bundes der Polen wiedergewählt. Dies sei ein sehr gutes Ergebnis, aber die Zeiten seien für den Bund nicht einfach. Vielleicht resultiere das gute Ergebnis zum Teil aus dieser Tatsache, erwidert Borys. Jemand müsse die Verantwortung für die größte Polen-Vereinigung im Land übernehmen, die dazu noch von der Regierung nicht anerkannt werde.
Ein Dorn im Auge des belarussischen Machthabers seien polnische Schulen. Zuletzt hätten Beamte der Staatsanwaltschaft in Grodno von ihren Vorgesetzten einen Befehl bekommen, das Funktionieren der Schulen gründlichst zu durchleuchten. Man habe nach den Verträgen mit den Lehrern gefragt, man wollte wissen von wem die Gebäude gemietet werden und wie der Stand der Bankkonten aussehe. In manchen Schulen wollte man auch Namenslisten von Schülern und Lehrern ausgehändigt bekommen. Die Schulen hätten nichts zu verbergen, ihr Funktionieren sei makellos, versicherte Borys. Doch die Zukunft der polnischen Schulen in Belarus stehe unter einem großen Fragezeichen, denn demnächst stehen noch Kontrollen der Hygienebehörde, der Feuerwehr und der Ideologiebehörde auf dem Plan, lesen wir.
Kuba Kukla