Deutsche Redaktion

"Treibhaus Europa"

21.06.2021 10:44
In den Kommentaren nach der Visite des amerikanischen Präsidenten in Europa habe sich die Feststellung wiederholt, dass Europa schwach sei, schreibt in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Philosoph Marek A. Cichocki.
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RZECZPOSPOLITA: Treibhaus Europa

In den Kommentaren nach der Visite des amerikanischen Präsidenten in Europa habe sich die Feststellung wiederholt, dass Europa schwach sei, schreibt in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Philosoph Marek A. Cichocki. Europa sei schwach, weil es nicht im Stande sei, sich selbst zu verteidigen, Europa sei schwach, weil es nicht bereit sei, im Konkurrenzkampf mit den Mächtigsten der Welt mitzuhalten. Die Liste könnte man beliebig ausweiten, aber viel interessanter als die Vorwürfe selbst, sei die Antwort auf die Frage, wieso die europäische Führung diesen Sachverhalt akzeptiere, schreibt Cichocki. Vielleicht habe Robert Kagan recht gehabt, führt der Publizist fort. In seinem Buch habe der Autor schon vor über zwanzig Jahren den Europäern ihre Passivität vor die Augen gestellt. Kagan argumentierte, dass die europäische Schwäche eine strategische Entscheidung gewesen war. Europa sei schwach, weil es so bequemer sei, um die Sicherheitsangelegenheiten würden sich doch so wieso die Amerikaner kümmern.

Diese Bequemlichkeit determiniere aber seit längerer Zeit den amerikanischen Blick auf den Alten Kontinent, schreibt Marek Cichocki weiter. Seiner Ansicht nach würden übrigens die bequemen Zeiten zu Ende gehen. Es könnte sein, dass sich die Europäer bald um ihre eigene Sicherheit selbst würden kümmern müssen. Dann werde sich herausstellen, ob es zu einem Aufleben der europäischen Stärke kommen, oder ob sich Europa definitiv blamieren werde.

Die Europäer seien seit langem keine Krieger mehr. Sie seien zu Händlern, Touristen und Aktivisten geworden, die übrigens von ihrer eigenen Unfehlbarkeit total überzeugt seien. Selbst der Gedanke, dass sie eines Tages für ihre Freiheit hätten kämpfen müssen, paralysiert sie. In seinem zuletzt in Polen herausgegebenem Buch stellt Peter Sloterdijk die These auf, dass Europa zu einem gigantischen Treibhaus geworden sei. Die darin lebenden Menschen würden glauben, dass sie sich von den Problemen der Realität einfach gelöst hätten, dass sie fern den Gesetzen der Physik funktionieren können. Aus diesem Grund seien die meisten Europäer sogar nicht im Stande sich einen konventionellen Krieg vorzustellen. Doch die Welt außerhalb des Treibhauses sehe total anders aus. Und man könne mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass sie die in ihrem Versteck lebenden Europäer nicht in Ruhe lassen werde, schreibt Marek A. Cichocki in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

 

SUPER EXPRESS: Neue Partei, alte Probleme

Die Tageszeitung Super Express bezieht sich indes auf die innenpolitische Lage in Polen. Mit den Händen von Adam Bielan baue Vizepremier und Chef der größten Regierungspartei Jarosław Kaczyński eine neue Partei auf. Die soeben vorgestellte Gruppierung „Republikanische Partei“ solle helfen, die Dynamik im Rahmen der Regierungskoalition in den Griff zu bekommen und den immer problematischeren Anführer der kleinen Gruppierung Porozumienie, Jarosław Gowin, los zu werden.

Die Republikanische Partei sei ein Beispiel einer in polnischer politischer Landschaft noch nie gesehener Partei, die im Sitz einer anderen Partei gegründet wurde, um eine dritte Partei abzulösen. Es sei eine Verzweiflungstat, ein desperater Schritt, nach dem verfehlten versuch, die Partei von Jarosław Gowin zu übernehmen. Adam Bielan habe vor mehreren Monaten seinem ehemaligen Chef Gowin den Krieg erklärt, mit der Absicht, den Chefposten selbst zu besetzen um dann im Rahmen der Regierungskoalition harmonisch mit den beiden Koalitionspartnern zu kooperieren. Aus den Plänen sei nichts geworden. Nun sei der Krieg in die zweite Phase übergangen. Ob Kaczyński und Bielan ihn gewinnen würden, sei aber keineswegs klar.


Jakub Kukla