Deutsche Redaktion

"Lex TVN"

30.07.2021 11:37
Der Sejm-Ausschuss für Kultur und Medien hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, der als „lex TVN“ bezeichnet wird. Lediglich der von Kukiz'15 eingebrachter Änderungsantrag wurde berücksichtigt, der die Möglichkeit des Aufkaufs von TVN-Anteilen durch Staatsunternehmen ausschließt.
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GAZETA POLSKA CODZIENNIE: Nach westlichem Muster

Nach einer stürmischen Debatte habe der Sejm-Ausschuss für Kultur und Medien über das sogenannte „Lex TVN“ ausgesprochen. Für die Gesetzesvorlage hätten 16 Abgeordnete gestimmt, dagegen seien 12 gewesen, eine Person habe sich der Stimme enthalten schreibt die Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie. Die Diskussion habe sechs Stunden gedauert. Wie üblich, schreibt das Blatt, hätten Politiker der Opposition den Regierenden vorgeworfen, diese würden gegen die polnische Verfassung vorgehen. Vertreter der Regierungspartei hätten indes argumentiert, dass sie die Medienlandschaft in Polen nach westeuropäischen Modell gestalten wollten. Nun werde sich der Sejm, dann noch der Senat mit der Gesetzesvorlage beschäftigen.

Bereits im Juni habe eine Gruppe von PiS-Abgeordneten eine Novelle vorgestellt, die den Einfluss vom Nicht-EU-Kapital auf Presse, Radio und Fernsehen in Polen beschränken soll. Geht es nach den Ideengebern, solle es Situationen verhindern, in denen Kapital von außerhalb der EU mehr als 49 Prozent Anteile an Radio und Fernsehsendern übernimmt. Kritiker des Projekts machen darauf aufmerksam, dass sich die Novelle direkt gegen den zum US-Konzern Discovery gehörenden und als oppositionsnah geltenden Sender TVN richtet, dessen Konzession im September dieses Jahres ausläuft und bisher noch nicht verlängert wurde.

RZECZPOSPOLITA: Gegensätzliche Signale

Das „Lex TVN“ tauche auch am Rande eines Kommentars in der Tageszeitung Rzeczpospolita auf. Geht es nach Michał Szułdrzyński habe man in Polen momentan mit einer zwiespältigen Situation zu tun. Bei jeder Gelegenheit versuchten Regierungschef Mateusz Morawiecki und seine engen Mitarbeiter die Polen zu Impfungen zu überreden. Man bereite entsprechende Informationskampagnen vor und gebe große Geldsummen für Werbespots aus. Gleichzeitig verhalte sich die Regierung sehr passiv in Bezug auf die steigende Zahl der Impfskeptiker. Zwar hätten Politiker die Attacke auf eine Impfstation im zentralpolnischen Grodzisk Mazowiecki scharf kritisiert, doch gleichzeitig vergleiche eine Abgeordnete der PiS- Partei Erleichterungen für Geimpfte mit der Rassensegregation. Sie habe darüber hinaus lauthals gegen, wie sie es nannte, medizinische Experimente in einem Kinderheim protestiert, in dem sich Jugendliche aus eigenem Wunsch und gemäß der geltenden Vorschriften wollten impfen lassen.

Und so sende die Partei gegensätzliche Signale, schreibt der Publizist weiter. Man werde das Gefühl nicht los, dass die Regierenden eine entschlossenere Kritik der Impfgegner meiden würden, um einen Teil der Wählerschaft nicht zu verlieren. Ein Blick auf die Landkarte zeige, dass die Impfaktion gerade im Südosten Polens ins Stocken geraten war, dort also wo die Zustimmung für konservative Parteien besonders hoch sei.

Sehr lasch würde sich auch die katholische Kirche für die Impfungen einsetzen. Zwar würde sich die Lage in letzter Zeit langsam verbessern, doch viele Bischöfe hätten immer noch Angst vor entschiedenen Aussagen. Sie wüssten ganz genau, dass der Widerstand gegen die Impfungen gerade unter vielen Priestern groß sei.

Die regierende Partei wisse ganz genau, dass sie bald die Stimmen der erzkonservativen Partei Konföderation bei der Abstimmung über das Mediengesetz brauchen werde. Die PiS wisse darüber hinaus, dass für die Konföderation jegliche Erleichterungen für Geimpfte nicht infrage kommen. Er hoffe nur, schreibt der Publizist abschließend, dass sich bei der nahenden vierten Covid-Welle die Regierenden bei ihren Entscheidungen doch nach der Gesundheit der Bürger und nicht nach kurzsichtigen politischen Gewinnen richten werden, so Michał Szułdrzyński in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

DZIENNIK: Auf der Suche nach einer deutschen Fassung

Im Auftrag des hauptstädtischen Stadtrates sei im Jahr 2006 ein Bericht über die Kriegsschäden in Warschau in deutscher Sprachversion entstanden, informiert die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Nun werfe Klimavizeminister Jacek Ozdoba den Beamten vor, sie würden den Bericht verheimlichen. Er habe vor langer Zeit den Antrag auf die Veröffentlichung des Berichts gestellt. Er habe den Text der deutschen Seit überreichen wollen, meint Ozdoba. Die Antwort der Behörden lautete aber, dass die polnischsprachige Version auf der Internetseite zu finden sei. Von einer deutschen Fassung wisse man nichts, hieß es.

Stellung zu dem kuriosen Streit habe der Historiker, Professor Wojciech Fałkowski bezogen. Er habe vor Jahren die Arbeiten an dem Bericht koordiniert. Eine deutsche Fassung des Berichts sei mit Sicherheit entstanden, sagt er. Der Übersetzer habe seine Arbeit getan, und Historiker, Professor Włodzimierz Borodziej habe die Übersetzung redigiert. Er habe mit ihm übrigens die Details der Arbeit festgelegt. Die Aufgabe sei zu Ende geführt worden, die Honorare seien ausgezahlt worden. Was mit dem Text später geschehe war, wisse er nicht, sagt Professor Fałkowski.
Das Blatt stellt abschließend fest, dass die Veröffentlichung des Berichts die damalige Stadtpräsidentin Hanna Gronkiewicz-Waltz blockiert habe, um, wie es hieß, die deutsch-polnischen Beziehungen nicht zu strapazieren, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna

Jakub Kukla