Deutsche Redaktion

Merkels letzte Ostreise

20.08.2021 12:01
Viele russische Kommentatoren sind sich einig. Die umstrittene Gasverbindung Nord Stream-2 wird das sichtbarste und dauerhafteste Zeichen der deutsch-russischen Beziehungen der Ära Merkel sein.
Presseschau
PresseschauShutterstock.com

RZECZPOSPOLITA: Merkels letzte Ostreise

Pünktlich zum Jahrestag des Attentats auf Alexei Navalny werde sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten treffen, berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita. Die deutsche Politikerin werde Wladimir Putin wohl nach der Zukunft des oppositionellen Politikers fragen. Russland habe die Bestimmungen nicht eingehalten und nach seiner Rückkehr aus einem Berliner Krankenhaus Navalny in einer Arbeitskolonie eingesperrt, erinnert das Blatt. Doch Themen die zwischen Moskau und Berlin zu besprechen seien, gäbe es viel mehr: Afghanistan, die Lage in Belarus, der langjährige Konflikt mit der Ukraine und vor allem die Ostseepipeline NS2. Besonders das letzte Thema könnte das Gespräch dominieren. In letzter Zeit habe Russland seine Gaslieferungen nach Westeuropa deutlich beschränkt. Die europäischen Gasvorräte vor den Wintermonaten seien alarmierend niedrig, die Gaspreise seien unter anderem aus diesem Grund in die Höhe geschossen.

Russland übe Druck auf die Europäische Union aus, damit die Gaspipeline Nord Stream-2 schnell in Gang gesetzt werden könne, erklärt den Grund für die steigenden Gaspreise der Energieexperte Wojciech Jakóbik dem Blatt. Es sei eine reine Erpressung – Moskau sage der EU: „Wollt ihr billiges Gas, dann startet endlich Nord-Stream-2”, fügt der Experte hinzu. Viele russische Kommentatoren seien sich einig, das Gasrohr werde das sichtbarste und dauerhafteste Zeichen der deutsch-russischen Beziehungen der Ära Merkel bleiben, schreibt das Blatt weiter. Merkel sei nicht die schlimmste Option für die Russische Föderation gewesen. Angela Merkel habe zwar den amerikanischen Gesichtspunkt in Erwägung gezogen, letztendlich habe sie aber auch die russischen Interessen berücksichtigt. In Moskau bereite man sich darauf vor, dass sich die deutsch-russischen Kontakte künftig verschlechtern könnten, meint Aleksiej Muchin, Chef des mit dem Kreml verbundenen Zentrums für Politische Information.

Momentan könne Merkel nichts mehr tun. Sie sei wie ein Soldat, der nach seinem Dienst nun nach Hause zurückfahre. Ihr Moskaubesuch habe einen rein symbolischen Charakter, sagt Muchin weiter. Besonders für Wladimir Putin, der nach Gerhard Schröder bereits einen zweiten deutschen Kanzler verabschieden werde. Mit Merkels Vorgänger verbinde den russischen Präsidenten übrigens eine enge Freundschaft.

Am Sonntag werde sich Bundeskanzlerin Merkel dann in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten treffen. Die Einstellung der Ukrainer zu Angela Merkel sein zwiespältig, sagt Witalij Portnikow, ein bekannter ukrainischer Politologe und Publizist dem Blatt. Merkel habe die Ukraine 2014 vor einer massiven russischen Aggression beschützt. Sie habe stark zu der ukrainischen Sicherheit beigetragen. Auf der anderen Seite habe sie einen großen Fehler in Bezug auf NS2 gemacht. Er könne die Sichtweise der deutschen Regierung in dieser Hinsicht nicht nachvollziehen, sagt Portnikow. Er vertrete die Meinung, dass die Ostseepipeline künftig zu einem großen Problem sein werde, erklärt der Ukrainer im Gespräch mit Rzeczpospolita.


DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Verspielte Chance

Der israelische Außenminister Jair Lapid habe vor wenigen Tagen den Gesandten der israelischen Botschaft in Warschau zu unbefristeten Beratungen nach Israel zurückgerufen, erinnert die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Er habe auch den polnischen Botschafter in Israel dazu aufgefordert, seinen Urlaub in Polen zu verlängern. Somit habe Lapid darauf reagiert, dass Polens Präsident Andrzej Duda ein Gesetz unterzeichnet und damit in Kraft gesetzt habe. In der vom polnischen Parlament in der vergangenen Woche beschlossenen Gesetzesänderung heiße es unter anderem, dass Verwaltungsentscheidungen nach Ablauf einer Frist von 30 Jahren nicht mehr gerichtlich angefochten werden können.

Auf die hysterischen Äußerungen des israelischen Außenministers bezieht sich in einem kurzen Kommentar in der Tageszeitung der Publizist Zbigniew Parafianowicz. Man müsse ein totaler Amateur sein, um die Anwesenheit eines solchen Diplomaten wie Marek Magierowski in Israel nicht ausnutzen zu können. Nach der Amtsübernahme 2018 habe Magierowski begonnen, die Sprache des Gastgeberlandes zu erlernen. Es sei ihm so gut gelungen, dass er sogar in den dortigen Medien israelisch gesprochen habe. Er habe die israelische Politik sehr gut verstanden, es habe sich nie einen Schnitzer geleistet. In der israelischen Politik habe sich aber dennoch einer gefunden, der das große Potenzial zerstört habe. Mit seinen nicht adäquaten Äußerungen habe Lapid dem wohl größten Freund des Staates Israel seine Missachtung gezeigt. Und das in einer Situation, in der Lapid Unrecht habe, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.


FAKT: Polnische Blogger stehen unter Schock

Zwei Blogger Dawid und Kuba hätten ein Experiment durchgeführt, der die Lebensmittelpreise in Polen und in Deutschland vergleichen sollte, berichtet die Tageszeitung Fakt. Beide hätten ihre Einkäufe mithilfe von identischen Einkaufslisten erledigt. Sie hätten zur gleichen Zeit Geschäfte der gleichen Handelskette besucht, um einzukaufen. Die Einkaufsliste habe die am öftesten gekauften Produkte beinhaltet: Brot, Milch, Eier, Joghurt, usw. Die Schlussfolgerungen waren für die beiden schockierend, schreibt das Blatt. Für die Einkäufe in Polen hätten sie 43,79 Zloty gezahlt, in Deutschland wiederum 9,46 Euro, umgerechnet 42,76 Zloty. Wieso seien die Ergebnisse also schockierend, wenn der Unterschied eher minimal sei? Weil der Durchschnittsdeutsche das dreifache wie ein Pole verdiene, lesen wir in Fakt.
 

Jakub Kukla