Deutsche Redaktion

Russische Blumen für Angela Merkel

23.08.2021 10:43
Was treibe die deutsche Politik gegenüber Moskau an? Oft würde man behaupten, dass es um wirtschaftliche Aspekte, konkret um die Energiepolitik gehen würde. Dies möge stimmen, es sei zugleich aber nur ein Ausschnitt des Gesamtbildes, schreibt die Rzeczpospolita.
Angela Merkel i Władimir Putin
Angela Merkel i Władimir PutinGuido Bergmann HANDOUT/PAP

RZECZPOSPOLITA: Russische Blumen für Angela Merkel

Die letzte Reise nach 16 Jahren Amtszeit führte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Moskau, erinnert in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Philosoph, Professor Marek A. Cichocki. Es vergehe gerade ein Jahr seit der Vergiftung von Navalny, zur Fertigstellung der Gaspipeline Nord Stream-2 würden nur noch 15 Kilometer fehlen, die Gefahr eines Krieges in der Ukraine sei immer noch nicht beseitigt worden und am Horizont sehe man schon eine weitere Krise, die durch den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan ausgelöst worden war. Diese Krise werde übrigens durch Russland und Belarus ausgenutzt, um die Lage in der EU zu destabilisieren. Sogar in diesem Kontext wundere aber das Ziel der letzten Visite von Angela Merkel nicht. Es sei vielmehr eine Ergänzung ihrer 16-jährigen Russland-Politik und die Blumen, die sie von Wladimir Putin bekommen habe, seien ein vielsagendes Symbol, meint Cichocki.

Was treibe die deutsche Politik gegenüber Moskau an, überlegt der Autor weiter. Oft würde man behaupten, dass es um wirtschaftliche Aspekte, konkret um die Energiepolitik gehen würde. Dies möge stimmen, es sei zugleich aber nur ein Ausschnitt des Gesamtbildes. In Moskau habe Bundeskanzlerin Merkel die Ostseepipeline als ein europäisches Unterfangen bezeichnet. Diese Feststellung sage viel über die deutsche Denkweise aus, meint Cichocki. Für Berlin seien die Kontakte mit Russland die Grundlage seiner Europapolitik. Seit über 300 Jahren betrachte Deutschland die Kontakte mit Russland als Grundlage seiner starken Position in Europa. Die deutsch-russischen Beziehungen würden die Kontakte mit anderen osteuropäischen Staaten determinieren, nicht umgekehrt. Daraus ergebe sich die starke Anziehungskraft zwischen Deutschland und Russland. In der Geschichte habe es nur einen Moment gegeben, wo diese Kraft nachgelassen habe. Nach der Teilung Deutschlands sei Westdeutschland zu dem angelsächsischsten Deutschland aller Zeiten geworden. Die Wiedervereinigung hätte diesen Sachverhalt nicht unbedingt auflösen müssen. Doch die Regierungszeit von Gerhard Schröder habe die deutsch-russische Kooperation erneut beflügelt. Mit Angela Merkel habe sie einen weiteren Höhepunkt erreicht.

Nach den Umwandlungen der 90-er Jahre, so Marek Cichocki abschließend, schien es, als ob Polen und andere Länder Osteuropas die für Europa schädliche Anziehungskraft zwischen Berlin und Moskau hätten schwächen können. Nach den vergangenen drei Jahrzehnten könne man nun ganz klar feststellen, dass sich die polnische Politik auf diesem Feld total unwirksam erwiesen habe, lesen wir in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

DZIENNIK: Lukaschenkos Provokation

Die Situation an der Grenzen zwischen Polen und Belarus sei seit mehreren Tagen angespannt, schreibt die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko habe Ende Mai angekündigt, Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU zu hindern. Er habe damit auf verschärfte EU-Sanktionen reagiert, die wegen der Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition in Belarus beschlossen worden waren.

Seitdem würden sich Polen und die baltischen Staaten einem Andrang von Migranten aus dem Nahen Osten über die Grenze zu Belarus ausgesetzt sehen. Dies führe wiederum zu Spannungen. Der Druck habe letztens zugenommen. Allein im August hätten nach Angaben des polnischen Innenministeriums 2.100 Menschen illegal die Grenze von Belarus nach Polen überquert. Der Grenzschutz habe über 1.300 Migranten von einem Grenzübertritt abhalten können. Fast 800 Menschen seien festgehalten und in geschlossenen Auffanglagern untergebracht worden. Seit Kurzem setze Polen an seiner Grenze zu Belarus neben den Grenzschützern auch die Armee ein.

Die Stellung der polnischen Regierung habe der Minister in der Kanzlei des Premierministers, Michał Dworczyk, vorgestellt. Polen werde sich von den Provokationen des Lukaschenko-Regimes nicht einschüchtern lassen, umso mehr, dass es sich um die Außengrenze der EU handle. Der Schutz der eigenen Grenzen sei eine der Hauptaufgaben eines jeden Staates, so Dworczyk im Blatt Dziennik/Gazeta Prawna.

FAKT: Listige und gemeine Werbung soll Migranten anlocken

Auf die Provokation des Lukaschenko-Regimes bezieht sich in einem Gespräch mit dem Blatt Fakt auch Agnieszka Romaszewska-Guzy, die Chefin des TV-Senders Biełsat. Der Transport von Flüchtlingen an die polnisch-belarussische Grenze sei ein listiger und gemeiner Trick von Lukaschenko, meint sie. Seit mehreren Wochen seien die mit ihrem Sender zusammenarbeitenden Journalisten im Internet auf vielsagende Werbungen gestoßen. Auf Arabisch habe man Menschen nach Belarus eingeladen. Gegen konkrete Bezahlung habe man Interessierten einen Flug nach Minsk angeboten, von dort aus sollten die Menschen unter anderem an die litauische Grenze transportiert werden. Nur den Grenzschutz habe man in den Anzeigen verschwiegen.

In der aktuellen Situation würden der polnischen Seite eigentlich nur schlechte Lösungen zu Verfügung stehen. Der Anblick von den lagernden Menschen tue weh. Unabhängig davon, wie schmerzvoll der Anblick sei, dürfe aber nach Ansicht von Romaszewska-Guzy Polen nicht nachgeben. Eine solche Schwäche würden Putin und Lukaschenko sofort ausnutzen, um die EU in Bedrängnis zu bringen, lesen wir in Fakt.

 

Jakub Kukla