Deutsche Redaktion

Ausnahmezustand nötig oder übertrieben?

01.09.2021 09:50
Die Spannungen in der polnisch-belarussischen Grenzregion lassen nicht nach. Nun plant Polen weitere Schritte, um die Landes- und zugleich die östliche EU-Grenze abzusichern.
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RZECZPOSPOLITA: Ausnahmezustand nötig oder übertrieben?

Die Spannungen in der polnisch-belarussischen Grenzregion lassen nicht nach. Nun plant Polen weitere Schritte, um die Landes- und zugleich die östliche EU-Grenze abzusichern.

In seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita schreibt der Publizist Tomasz Pietryga, dass er die von der Regierung geforderte Lösung für übertrieben halte. Eine Gruppe von an der Grenze lagernden illegalen Migranten und die Probleme der Grenzschützer mit einigen Aktivisten seien noch zu wenig, um einen Ausnahmezustand einzuführen. Es entstehe deshalb die Frage, ob hinter dieser Entscheidung nicht zufällig politische Kalkulation stehe. Oder aber ob die Regierung irgendetwas nicht verheimlichen wolle und die Grenzschützer samt der Polizei mit der belarussischen Provokation nicht zu Recht kommen.

Mit der Einführung eines Ausnahmezustands riskiere die Regierung in Warschau viel, urteilt der Publizist. Aus den aktuellen Meinungsumfragen gehe hervor, dass die Mehrheit der Bürger die entschlossene Haltung der Regierungspolitiker positiv bewerte. In einer solch heiklen Angelegenheit könne man aber ganz schnell übertreiben. In den Augen vieler Bürger sei die Situation nicht derartig gefährlich, dass sie die Einführung von verschärften Maßnahmen erklären würde. Zwar würde die Regierung sicherlich die Einführung der radikalsten Beschränkungen meiden, doch der Versuch selbst den Ausnahmezustand auszurufen würden PiS-Kritiker sicherlich als einen weiteren Verstoß gegen die Demokratie und einen Schritt in Richtung Autoritarismus bewerten, so Tomasz Pietryga in der Rzeczpospolita.

GAZETA POLSKA CODZIENNIE: Operation „Schleuse“

Bereits in den Jahren 2010-2011 habe Belarus den Plan ausgearbeitet, illegale Migranten nach Europa zu schmuggeln, meint die Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie. Die  Aktion werde übrigens durch belarussische Firmen sowie den Präsidenten Aleksander Lukaschenko selbst gefördert, schreibt auf seinem Blog Tadeusz Giczan, ehemaliger Chefredakteur des oppositionellen Internetportals Nexta. Geht es nach dem Journalisten, habe man die Operation unter dem Kryptonym „Schleuse“ schon 2010 einsetzen wollen, um die Europäische Union unter Druck zu setzen. Das Ziel solle damals gewesen sein, die Finanzierung, die für die Festigung der belarussischen Grenze vorhergesehen war, zu steigern. Diesmal sei das Ziel anders: der belarussische Präsident wolle zu einer politischen Krise in jenen Ländern führen, die in den letzten Monaten die belarussische Opposition besonders stark unterstützt hatten, lesen wir in Gazeta Polska Codziennie.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Die Suche nach einer neuen Wohnung

In Pandemie-Zeiten würden immer mehr Polen nach einer neuen Wohnung suchen, berichtet die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna in ihrem Wirtschaftsteil. Aus einer Meinungsumfrage, die im Auftrag der Universität SWPS durchgeführt wurde, gehe hervor, dass in Corona-Zeiten jeder dritte Pole einen Umzug in Erwägung gezogen habe oder gar umgezogen sei. 12 Prozent der Befragten hätten lediglich ihren Wohnort gewechselt, weitere 6 Prozent befänden sich auf der Suche nach einer neuen Wohnung oder einem neuen Haus, 15 Prozent würden es in Betracht ziehen.

Der wichtigste Motor der zunehmenden Tendenz sei das Bedürfnis nach größerem Raum. Immer mehr Menschen würden auch einen Kontakt mit der Natur suchen. Die Isolierung habe die Gewohnheiten der Polen sowie ihren Lebensstil stark verändert. Mehr Platz in den eigenen vier Wänden habe an Bedeutung gewonnen. Nicht zuletzt habe sich auch der Arbeitsstil verändert. Viele Arbeitnehmer seien auf Home-Office-Modus umgestiegen. Deshalb sei bei der Suche nach einer neuen Wohnung auch eine effektive Internetverbindung von entscheidender Bedeutung, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.

 

Jakub Kukla