Deutsche Redaktion

"Niedriger Preis der EU-Milliarden"

29.09.2021 12:57
Den Salat mit der sich verzögernden Entscheidung zum Nationalen Wiederaufbauplan habe sich Polen selbst eingebrockt, schreibt in ihrem Kommentar für die konservativ-liberale Rzeczpospolita die Publizistin Anna Słojewska. Außerdem geht es auch um die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze, Polen als Hochburg bei der Produktion von Haushaltsgeräten und ... illegale Impflotterien.
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zdjęcie ilustracyjnePixabay/moerschy

Rzeczpospolita: Niedriger Preis der EU-Milliarden

Den Salat mit der sich verzögernden Entscheidung zum Nationalen Wiederaufbauplan habe sich Polen selbst eingebrockt, schreibt in ihrem Kommentar für die konservativ-liberale Rzeczpospolita die Publizistin Anna Słojewska. Brüssel, so die Autorin, sei bereit gewesen, den Plan zu bewilligen. Als die Regierungspartei die Urteile des Europäischen Gerichtshofs ignoriert habe, habe sie die EU-Kommission aber in eine ausweglose Situation gebracht. Um das Gesicht zu wahren, habe die Kommission den Wiederaufbauplan blockieren müssen. 

Was Polen jetzt tun sollte? Eine Klage gegen die EU-Kommission für die fehlende Entscheidung an den EU-Gerichtshof, von der zuletzt die Rede gewesen sei, sei eine fatale Idee. Erstens würden dafür die notwendigen rechtlichen Grundlagen fehlen - in dem entsprechenden Entschluss sei von zwei Monaten für eine Bewilligung die Rede, aber auch von notwendigen Konsultationen mit dem Mitgliedstaat außerhalb dieser Frist. Polen riskiere, dass eine Klage die EU-Kommission dazu ermuntere, die Verhandlungen bis zu einem Urteil zu suspendieren. Oder gar, den Plan abzulehnen. Grundlagen dafür würde sie haben, denn der Wiederaufbauplan müsse mit den Richtlinien der EU vereinbar sein, und diese würden unter anderem von der Notwendigkeit sprechen, die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen. 

Viel sinnvoller wäre es, die Bedingungen der EU-Kommission zu erfüllen und den Plan um ein detailliertes Harmonogramm der Abschaffung der Disziplinarkammer zu ergänzen. Der Preis für das grüne Licht für 24 Milliarden Euro an Zuschüssen und 12 Milliarden Euro an Krediten sei also lachhaft gering. Die Tatsache, dass die PiS ihn nicht zahlen wolle, zeige nur, zu was für einem Clinch es im Regierungslager gekommen sei, so Anna Słojewska in der Rzeczpospolita. 

Gazeta Wyborcza: Rechtlosigkeit an der EU-Außengrenze

Seit dem 9. August würden 32 Personen aus Afghanistan auf dem Grenzstreifen zwischen Polen und Belarus festsitzen, erinnert in ihrem heutigen Aufmacher die linksliberale Gazeta Wyborcza. Diese Menschen würden berichten, dass sie sich schon auf polnischem Staatsgebiet befunden haben und nach Belarus abgeschoben worden seien. Auf der Höhe des Dorfs Usnarz Górny würden sie nun festgehalten, zwischen den Gewehren polnischer und belarussischer Grenzschützer. In einer Situation ohne Ausweg, in der Kälte und im Regen, ohne regelmäßigen Zugang zu Nahrung und Wasser und ohne medizinische Betreuung. Laut einem der Flüchtlinge, Masoud, mit dem die Stiftung “Ocalenie” in telefonischem Kontakt steht, seien vier der Betroffenen in schwerem Zustand. Eine der schwer Kranken sei seine Mutter. Wenn niemand helfe, dann würden sie sicherlich sterben. Von Tag zu Tag werde es immer kälter. Und trotz eines entsprechenden Urteils des Menschengerichtshofs in Strasburg, der Polen verpflichtet habe, den Flüchtlingen den Kontakt mit den sie repräsentierenden Juristen zu ermöglichen, seien diese Woche drei Juristen vom Grenzschutz aufgehalten und zurückgeschickt worden, so Gazeta Wyborcza. 

Rzeczpospolita: Polen ist EU-Hochburg in der Produktion von Haushaltswaren

Bei der Produktion von Waschmaschinen, Geschirrspülern und Fernsehgeräten hat Polen in der EU entschieden die Nase vorn, schreibt in der heutigen Ausgabe die Rzeczpospolita. Über 80 Prozent der hiesigen Produktion würden in die EU-Märkte exportiert. Insgesamt würden hierzulande jährlich über 50 Millionen Haushalts- und Fernsehgeräte im Wert von 50 Milliarden Złoty hergestellt. In manchen Kategorien würde Polen deutlich in Europa dominieren, so würden an der Weichsel etwa über 90 Prozent der Kleidertrockner und über 50 Prozent der Waschmaschinen entstehen. Landesweit gebe es schon über 40 Fabriken, die Haushaltsgeräte und Fernseher produzieren. “Die EU-Märkte sind unser größter Abnehmer, ohne sie wäre dieser Sektor bei uns nicht entstanden”, sagt der Chef des Branchenverbands APPLiA Polska, Wojciech Konecki im Interview mit der Rzeczpospolita. 

Dziennik/Gazeta Prawna: Illegale Impflotterien

Die letzten Monate sind eine Zeit zahlreicher Impflotterien gewesen. Die lokalen Verwaltungen hätten die Einwohner zu Covid-19-Impfungen ermuntert. Im Gegenzug habe man Rasenmäher, Laptops und Fahrräder gewinnen können. Das einzige Problem: Wie Experten beobachten, seien viele der Lotterien illegal organisiert worden, beobachtet in der heutigen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Denn jede Lotterie müsse strenge Bedingungen erfüllen und vom Fiskus abgesegnet werden. Das Blatt, lesen wir, habe über ein Dutzend Gemeinden gefunden, die diese Bedingungen nicht erfüllt haben. Laut Experten seien es noch viel mehr. Für die Organisation von Lotterien ohne Erlaubnis drohen Strafen von bis zu 200 Tausend Złoty. Die Gemeinden können nun noch versuchen, den Fiskus im Nachhinein zu informieren und alle Formalitäten zu regeln. Aber dies bedeute nicht, dass sie automatisch von Bußgeldern befreit werden, so Dziennik/Gazeta Prawna. 

Autor: Adam de Nisau