Deutsche Redaktion

"Deutschland hat immer noch ein Problem, sich gegen Russland zu stellen"

20.01.2022 12:10
Die links-liberale Gazeta Wyborcza schreibt über Deutschlands Benehmen in der neuesten Kraftprobe mit Russland. 
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Gazeta Wyborcza: Deutschland hat immer noch ein Problem, sich gegen Russland zu stellen 

Die links-liberale Gazeta Wyborcza schreibt über Deutschlands Benehmen in der neuesten Kraftprobe mit Russland. Man hätte hoffen können, so das Blatt, dass sich mit dem Ausscheiden von Angela Merkel die deutsche Politik gegenüber Russland ändern würde. Ihre Nachfolger hätten solche Vorschläge gemacht. Heute stehe jedoch fest, dass diese Hoffnungen unbegründet waren.

Die neue Regierung aus Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen habe in ihrem Ende November geschlossenen Koalitionsvertrag erklärt, dass sie gegenüber Russland selbstbewusster auftreten würden. Bislang sei die deutsche Ostpolitik jedoch eher eine Fortsetzung, erklärt Justyna Gotkowska, Analystin beim Zentrum für Oststudien, gegenüber dem Blatt. Es gebe jedoch eine deutliche Trennlinie in der Koalition. Diese verlaufe bei der Bewertung der Nord Stream 2: Die Grünen stehen ihr kritisch gegenüber. Die Sozialdemokraten sollen immer wieder überzeugen, dass es sich um ein rein wirtschaftliches Projekt handle. Die SPD, die in diesem Puzzle die stärkste Kraft ist, sei auch traditionell die Partei, die sich am stärksten dafür einsetze, die partnerschaftlichen Beziehungen zu Russland zu pflegen und die Interessen deutscher Unternehmen nicht zu gefährden. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass Deutschland im Allgemeinen innerhalb der NATO vereint auftrete, Russlands Aggressionen gegen die Ukraine kritisiere und die Position des Bündnisses in den Gesprächen mit Russland unterstütze. Andererseits sende Berlin jedoch gemischte Signale, wenn es um Sanktionen gehe, so die Expertin. Die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen und Rohstoffversorgung bleiben halt wichtiger.

Die Einstellung Deutschlands zur aktuellen Krise sei sehr wichtig. Berlin sei nämlich das wirtschaftlich stärkste Land Europas, dass die EU anführt und von den USA als wichtigster Verbündeter auf dem Kontinent angesehen werde. Die mangelnde Entschlossenheit Berlins, erklärt Gotkowska abschließend, sei daher von besonderer Bedeutung, wenn es darum gehe, eine wirklich einheitliche NATO-Front zu zeigen und Russland abzuschrecken.

Dziennik/Gazeta Prawna: Im Angesicht des Krieges trifft Geschichte in die Tiefkühltruhe 

Polen und die Ukraine arbeiten an Mechanismen, um das Risiko zu minimieren, dass Russland die Geschichte als Waffe einsetzt, schreibt am Donnerstag Dziennik/Gazeta Prawna. Wie das Blatt anmerkt, findet heute ein Treffen zwischen Andrzej Duda und Wolodymyr Selenskyj im polnischen Wisła statt. Und das nur wenige Tage nach einem Cyberangriff auf die Ukraine.

Über viele Stunden sollen 70 staatliche Internetseiten ausgefallen sein. Es soll auch anti-ukrainische Inhalte gegeben haben, die in polnischer Sprache mit eindeutigen Russizismen formuliert worden seien. Polen, so das Blatt, sehe den Angriff als Auftakt für das Spiel des Kremls mit sensiblen Geschichtsthemen. Es sei ein Versuch, die Beziehungen zwischen Warschau und Kiew zu stören. Dies sei einer der Gründe, warum Polens Regierung am Dienstag eine erste Warnstufe für terroristische Bedrohungen im Cyberspace eingeführt habe. Außerdem habe Kiew schon lange davor gewarnt, dass jeder militärischen Aggression seitens Moskaus Cyberangriffe vorausgehen würden.

Duda und Selenskyj sollen während ihres Treffens auch über Geschichtsthemen sprechen, schreibt die Tageszeitung. Sie sollen versuchen, einige der Minen, so das Blatt, zu entschärfen, die bei solchen Angriffen das größte Potenzial hätten. Darunter seien das Wolhynien-Massaker und die Haltung gegenüber Anführern der Ukrainischen Aufständische Armee UPA. Von Regierungsseite sei auch inoffiziell zu hören, dass Polen bei den für Montag geplanten Gesprächen zwischen den Leitern der EU-Außenministerien dafür plädieren werde, derartige Aktionen gegen die Ukraine als Aggression einzustufen. Im Gemeinschaftsforum gebe es nämlich derzeit keinen Konsens darüber, wann diese beginne.

Polen befürchte außerdem, heißt es am Schluss, dass sich die Union im Falle eines echten Konflikts in eine langwierige Debatte stürzen werde, anstatt Maßnahmen gegen Russland zu ergreifen.


Gazeta Polska: Das Leben nach der Pandemie 

Das regierungsnahe Blatt Gazeta Polska schreibt von einem müden, aber optimistischen Europa, das dem Ende der Pandemie entgegenschaue. Bedeute dies, dass das Coronavirus verschwinden werde? Nichts dergleichen. Es sei einfach so, heißt es, dass die aufeinanderfolgenden Mutationen des Virus immer weniger ansteckend seien. Es werde also ein fließender Übergang von der Pandemie zur Endemie sein. Man werde lernen müssen, so das Blatt, mit dem Coronavirus zu leben. Die Gesundheitssysteme würden bald die Seuche wie jede andere Infektionskrankheit angehen. Das Ende der Pandemie, werde auch eine Zeit der Bilanz sein.

In Polen, fährt das Blatt fort, sei ein Anzeichen dafür das Ausscheiden eines Großteils der Mitglieder des medizinischen Rates beim Ministerpräsidenten. Bisher sei dieses Gremium für seine optimistischen Impfversprechen, kassandrischen Prognosen über Erkrankungen und Todesfälle sowie seine harte Politik gegenüber den Bürgern bekannt gewesen. Die ganze Angelegenheit habe aber auch eine Kehrseite. Im Februar dieses Jahres, heißt es, habe man aufgedeckt, dass die Mehrheit der Mitglieder des Rates Verbindungen zu Pharmaunternehmen hätten. Professoren und Meinungsführer hätten Vorteile in Form von Reisen, Schulungen und Konferenzen, die von Pharmaunternehmen bezahlt werden, bezogen. Dies, so GPC, schaffe einen ernsten Interessenkonflikt.

Auch in Amerika, heißt es weiter, kämen neue Fakten zur Pandemie ans Licht. Aus den Verhören des Chefberaters des US-Präsidenten, Dr. Antony Fauci, und den Dokumenten, die man zwischen der Regierung, Pfizer und Moderna aufgedeckt habe, könnte man viel lernen. Unter anderem, dass Wissenschaftler in den USA wahrscheinlich wussten, dass das Coronavirus aus dem Labor in Wuhan ausgebrochen war. Aus Angst vor Einschränkungen für die Wissenschaft hätten sie dies aber nicht bekannt geben wollen. Außerdem soll die Forschung von den Amerikanern mitfinanziert worden sein. Aus Faucis E-Mails gehe auch hervor, dass Pharmaunternehmen andere Formen der COVID-19-Behandlung blockiert haben sollen. Alles zugunsten eines für sie profitableren Impfprogramms.

Die Regierungen und die Bürger weltweit an die Wand zu stellen, lesen wir, habe zu einer fast vollständigen Einschränkung der öffentlichen Debatte geführt. Diejenigen, die Zweifel an der Einweglösung zur Bekämpfung der Pandemie hatten, seien in einen Topf geworfen und als „Impfgegner" abgestempelt worden. Man habe versucht den Eindruck zu erwecken, dass sie sich auf Verschwörungstheorien stützen und keinen Bezug zur Wissenschaft hätten.

Die Pandemie, schreibt GPC am Schluss, werde eines Tages zu Ende gehen. Ihre Folgen würden uns aber noch lange begleiten. Die Kontrolle der Freiheitsrechte durch QR-Codes könnte leider zu einer bewussten Notwendigkeit werden, lautet das Fazit in der Tageszeitung vom Donnerstag.


Piotr Siemiński