Deutsche Redaktion

"Selenskyjs kompliziertes Spiel"

17.03.2022 12:34
Selenskyjs Haltung während des Krieges habe ihn zu einem angesehenen Anführer nicht nur in seinem Land oder in Europa, sondern auf der ganzen Welt gemacht, schreibt die Rzeczpospolita am Donnerstag. 
Selenskyjs Haltung whrend des Krieges hat ihn zu einem angesehenen Anfhrer nicht nur in seinem Land oder in Europa, sondern auf der ganzen Welt gemacht.
Selenskyjs Haltung während des Krieges hat ihn zu einem angesehenen Anführer nicht nur in seinem Land oder in Europa, sondern auf der ganzen Welt gemacht.PAP/EPA/PRESIDENTIAL PRESS SERVICE HANDOUT HANDOUT

Rzeczpospolita: Selenskyjs kompliziertes Spiel 

Selenskyjs Haltung während des Krieges habe ihn zu einem angesehenen Anführer nicht nur in seinem Land oder in Europa, sondern auf der ganzen Welt gemacht, schreibt die Rzeczpospolita am Donnerstag. Ukraines Präsident spiele ein raffiniertes Spiel auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Einerseits plädiere er für die Einrichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine, um die Bombardierung von Städten, Krankenhäusern und Schulen zu verhindern. Zugleich formuliere er seine Erwartungen für die Unterstützung seines Landes. In der selben Zeit verhandle er auch mit Russland über ein Abkommen zur Beendigung dieses grausamen Krieges. Dennoch, heißt es weiter, bitte er den Westen weiterhin um Hilfe, damit die Russen einen möglichst hohen Preis für ihre Aggression zahlen müssen. Selenskyj wolle nicht, so das Blatt, dass das Blut der ukrainischen Soldaten und Zivilisten umsonst vergossen werde, falls er gezwungen wäre die demütigenden Bedingungen des Kremls zu akzeptieren. Je stärker Selenskyj und je schwerwiegender die Verluste seien, die er den russischen Truppen zufüge, desto besser seien die Friedensbedingungen, die er aushandeln könne, lesen wir.

Und genau in diesem Kontext, fährt das Blatt fort, sei auch die Eskapade der Ministerpräsidenten Polens, Tschechiens und Sloweniens am Dienstag in Kiew zu sehen. In Polen aber, heißt es, sollen sich einige Oppositionsanhänger darin übertreffen, die Reise von Kaczyński und Morawiecki nach Kiew ins Lächerliche zu ziehen. Sie sollen sie skandalisieren, ohne auch nur einen Moment lang über den polnischen Tellerrand hinauszuschauen und die Ereignisse in einem breiteren Kontext zu betrachten. In einer Zeit, in der die Ukraine mit Russland über einen Friedensplan verhandle, sei jede noch so moralische oder symbolische Unterstützung wichtig, überzeugt Rzeczpospolita. Außerdem könne man nicht ausschließen, dass diese Unterstützung nicht nur symbolischer und politischer Natur war.

Am Mittwoch berichtete CNN, dass ein NATO-Land den Ukrainern S-300-Raketen geliefert habe. Obwohl weder Polen, Tschechien oder Slowenien über die von Kiew angeforderten Waffen verfügen, sei eines nicht auszuschließen. Die Mission der drei Ministerpräsidenten habe dazu beigetragen, die Aufmerksamkeit von dieser strategischen Lieferung abzulenken. Auf diese Weise habe Selenskyj das Verteidigungspotenzial der Ukraine erhöhen können. Was auch wichtig sei, lautet die Schlussfolgerung in der Tageszeitung, der Besuch habe ohne Zweifel dazu beigetragen, den Druck auf den Westen zu verstärken, mehr als bisher für die Verteidigung des ukrainischen Luftraums zu tun.  


Dziennik: "Moskau verhandelt mit Kiew nur zur Schau" 

Moskau verhandle mit Kiew nur zur Schau und werde die Gespräche so lange hinauszögern, bis klar sei, ob es in der Ukraine gewonnen oder verloren habe. Dieser Ansicht sei der ehemalige Leiter der russischen Diplomatie Andrei Kosyrew, schreibt das Online-Blatt Dziennik. In einem Interview mit dem Nachrichtensender Euronews, soll er betont haben, dies sei ein normaler Ansatz der Russen. Sie würden nur das Argument der Gewalt verstehen. Obwohl der Kreml alles auf Faustrecht stütze, würde er jetzt aber trotzdem auf unerwarteten Widerstand seitens der Ukrainer und des Westens stoßen.

Erst wenn man die Russen wirklich stark zurückdränge, was Kosyrew nach wahrscheinlich bald passieren werde, würden sie anfangen, über Verhandlungen zu einer "Flucht" aus der Ukraine nachzudenken. Russlands Hilferuf an China zeige, so Kosyrew weiter, dass sich Wladimir Putin „definitiv in einer verzweifelten Lage“ befinde. Der russische Ex-Diplomat bezweifle zugleich sehr, dass China jemals in einen bewaffneten Konflikt geraten könnte. China werde von seinen eigenen Interessen geleitet. Peking sei an Putins Russland nur insofern interessiert, das es versuche, den Westen zu lähmen, argumentiert der Diplomat. Zweifellos, so Andrei Kosyrew abschließend, würden die Chinesen für jedwede Hilfe im Gegenzug erhebliche Rabatte auf russische Rohstoffe verlangen.

Dziennik\Gazeta Prawna: Europäische Kommission ist auf die aktuelle Flüchtlingskrise nicht vorbereitet 

Polnische EU-Diplomaten sollen informieren, dass die Europäische Kommission nicht auf die Flüchtlingskrise vorbereitet sei, die durch Russlands Aggression gegen die Ukraine verursacht wurde. Das Ausmaß der Krise sei gigantisch. Die Maßnahmen der Kommission sollen unsichtbar bleiben, schreibt Dziennik/Gazeta Prawna. Nach drei Wochen Krieg habe die Europäische Kommission keine konkreten Gelder an die EU-Staaten überwiesen. Es gebe nur Erklärungen, sollen polnische EU-Diplomaten sagen. Am Dienstag, erfahren wir, sollte in Brüssel ein informelles Treffen von EU-Diplomaten mit Vertretern der Europäischen Kommission zur Flüchtlingskrise stattfinden. Die Teilnehmer u.a.: Diplomaten aus Deutschland, Polen und Frankreich. Das Ergebnis? Es seien nach wie vor keine konkreten Maßnahmen und neuen Mittel dafür festgelegt worden.

Die EK habe nur angekündigt, dass sie an der Vorbereitung von Missionen in EU-Länder arbeite, die Flüchtlinge aufnehmen, um zu sehen, was der Bedarf vor Ort sei. Millionen von Flüchtlingen, hauptsächlich Frauen und Kinder, befinden sich aber schon in EU-Ländern, und es werden jeden Tag mehr, so das Blatt. Ein anonymer EU-Diplomat habe deshalb daran erinnert, dass Russlands Angriff auf die Ukraine bereits seit drei Wochen andauere. Dass es Millionen von Flüchtlingen in den EU-Ländern gebe. Das Zögern sehe deshalb sehr schlecht aus. Die EU-Kommission behaupte, sie arbeite hart, aber man sehe es einfach nicht.

Nach Informationen der polnischen Presseagentur habe die Kommission auch Probleme mit der Angabe von Einzelheiten über den Geldtransfer von 500 Millionen Euro. Diese Summe, die nach Ausbruch des Krieges für Länder bereitstehen sollte, die Flüchtlinge aufnehmen, sei, so das Blatt, sowieso angesichts des Ausmaßes der Krise relativ wenig. Nach eigenen Angaben der Europäischen Kommission, heißt es am Schluss, sollen trotz Zusagen, noch keine neuen EU-Gelder an Polen und andere EU-Länder, die die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen, überwiesen worden sein.

 

Piotr Siemiński