Deutsche Redaktion

"David sucht Goliath"

06.12.2022 11:45
Der große Business in Polen scheut immer noch Investitionen in junge, innovative Unternehmen. Schlammschlacht zu Ursachen der Smoleńsk-Katastrophe. Und: Mehrheit der Polen hält EU-Mittel für wichtiger als das Schicksal der Regierungskoalition. Die Einzelheiten in der Presseschau.
Według UE bardzo ważne jest zachowanie zdolności gospodarczych i umożliwienie ukraińskim innowatorom technologicznym rozwoju i dalszej integracji z europejskim ekosystemem
Według UE bardzo ważne jest zachowanie zdolności gospodarczych i umożliwienie ukraińskim innowatorom technologicznym rozwoju i dalszej integracji z europejskim ekosystemem Rawpixel.com/Shutterstock

Rzeczpospolita: David sucht Goliath

Der große Business in Polen scheut immer noch Investitionen in junge, innovative Unternehmen, beobachtet in ihrem heutigen Aufmacher die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Kaum 5 Prozent der Investitionen in Start-ups, lesen wir in dem Artikel, würden hierzulande von großen Konzernen stammen. Das sei dreimal weniger als der globale Durchschnittswert. Trotz Pandemie und Krieg, so die Zeitung, sei die Zahl der Corporate-Venture-Capital-Firmen weltweit seit 2020 um das Sechsfache gestiegen. Allein in den ersten drei Quartalen dieses Jahres hätten diese Unternehmen 330 Milliarden Dollar investiert, also um 10 Prozent mehr als im gesamten Jahr 2020. Auch in Polen würde das Interesse von Großunternehmen an Start-ups langsam wachsen. Laut einem aktuellen Bericht zur Zusammenarbeit zwischen Start-ups und Konzernen von PFR Ventures und Huge bleibe die Risikoaversität an der Weichsel jedoch weiterhin ein  bedeutendes Hindernis bei der Entwicklung von Innovativität. So müssten mindestens ein Drittel der Startups auf eine Antwort von Konzernen zwischen anderthalb und drei Jahren warten. Das sei eine Kluft im Vergleich zu westlichen Märkten und in der Start-up-Welt eine Epoche, in der sich Technologien und die Erwartungen von Konsumenten drastisch verändern können, beobachtet Rzeczpospolita.

Gazeta Polska Codziennie: TVN24 realisiert russische Interessen

In den letzten Tagen sind die Polen erneut Zeugen einer Schlammschlacht zwischen regeirungs- und oppositionsnahen Medien um die Deutungshoheit in Bezug auf die Smolensk-Katastrophe von vor über zwölf Jahren. Nachdem der private Infosender TVN24 unter Berufung auf eine Expertise zum Flugzeugabsturz geschrieben hatte, dass eine Explosion als Unfallursache ausgeschlossen worden sei, kontert die regierungsnahe Gazeta Polska Codziennie heute mit einer Frontalattacke auf den Sender. TVN24, so der Titel des Aufmachers, realisiere die Interessen des Kremls. Darunter eine Aussage von Ex-Verteidigungsminister Antoni Macierewicz. Die Thesen des Infosenders, so der Politiker, der seit Jahren den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Katastrophe leitet, seien eine Verteidigung der Politik von Wladimir Putin und eine Verteidigung der Stellungnahme der Russischen Föderation. TVN, so Macierewicz, würde systematisch die russischen Argumente stützen, laut denen Polen für das, so wörtlich, “Smoleńsk-Verbrechen”, verantwortlich sei. Außerdem, so die Zeitung, habe auch die Staatsanwaltschaft eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die Fakenews aus der Publikation des Portals TVN24.pl enttarnt habe. Das Expertenteam, auf das sich der Sender berufe, betont die Staatsanwaltschaft, sei nur eines von mehreren Teams, die an den Ermittlungen teilnehmen. Die Journalisten würden sich zudem auf aus dem Kontext gerissene Fragmente der Expertise berufen, während das Fazit der Analyse laute, dass es anhand der verfügbaren Daten keine Möglichkeit gibt, die Ursachen und den Ablauf der Katastrophe zu rekonstruieren. Auch sei die von TVN24 erwähnte Expertise in einigen Elementen als unklar und unvollständig eingestuft worden, lesen wir in der von der Gazeta Polska Codziennie veröffentlichten Stellungnahme der Staatsanwaltschaft.

Rzeczpospolita: Mittel aus dem Wiederaufbaufonds wichtiger als Koalition

Wie geht’s weiter mit den EU-Mitteln für Polen? Geht es nach der Rzeczpospolita, wolle die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit in den kommenden Tagen darüber entscheiden, ob sie ein neues Gesetzespaket zum Justizwesen vorbereitet, in dem sie den Erwartungen der EU-Kommission weiter entgegenkommt. Derweil würden laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinsituts IBRiS fast 66 Prozent der Befragten die These unterstützen, dass die Entsperrung der Mittel aus dem Wiederaufbaufonds wichtiger ist, als das Schicksal der Regierungskoalition. Die Politiker des Junior-Koalitionspartners Solidarisches Polen von Justizminister Zbigniew Ziobro, erinnert die Zeitung, würden seit ein paar Tagen mit Konsequenzen drohen, falls es zu bedeutenden Zugeständnissen an die EU kommen sollte. Laut der Umfrage seien jedoch nur 16,5 Prozent der Polen der Meinung, dass die Koalition wichtiger ist als die EU-Mittel. Wird PiS-Chef Kaczyński auf das Vox Populi hören, fragt sich in seiner Stellungnahme der Publizist des Blattes Michał Szułdrzyński. 

Autor: Adam de Nisau