Deutsche Redaktion

Rzeczpospolita: Sie wollten nicht bis zum Ende zusammen sein

08.12.2022 11:24
Der Maßstab für den Erfolg jeder polnischen Fußball-Nationalmannschaft sei ihr Empfang im Heimatland.
Presseschau
PresseschauShutterstock.com

Der Maßstab für den Erfolg jeder polnischen Fußball-Nationalmannschaft sei ihr Empfang im Heimatland, schreibt Stefan Szczepłek in der Rzeczpospolita. Als die Spieler mit ihren Medaillen von der Weltmeisterschaft 1974 zurückkehrten, seien sie schon auf dem Flughafen und den Straßen Warschaus von 100.000 Fans begrüßt und mit Blumen beworfen worden. Acht Jahre später hatte das Flugzeug mit den WM-Bronzemedaillengewinnern wegen einer Flugstörung große Verspätung. Dennoch hätten Zehntausende von Polen bis zum Einbruch der Dunkelheit auf dem Flughafen gewartet. Die Fußballer wurden vom damaligen Dikatator Wojciech Jaruzelski empfangen.

Aus Katar indes, sei die Nationalelf nicht nur fast unbemerkt zurückgekehrt, schreibt Szczepłek des Weiteren, sie sei auch nicht einmal mehr vollständig. Einige der Spieler seien in Doha geblieben. Von dort aus hätten sie es näher zu den Ferien mit ihren Familien, lesen wir. Geht es nach dem Autor, hätten sie auch nicht nach Warschau zurückkehren wollen, um auf Gedeih und Verderb bis zum Ende zusammen zu sein und den Trainer mental zu unterstützen. Sie hätten ihre Arbeit erledigt und das war's. So etwas dürfe ein enges Team von Menschen, die zusammenarbeiten und bis zum Ende zusammenhalten, egal wie das Ergebnis am Ende aussehe, nicht machen.

Der Autor kritisiert auch Polens Präsidenten und Premierminister. Das erste Spiel hätten beide offiziell zu Hause verfolgt und die Fußball-Fan-Schals der Nationalmannschaft getragen. Bei den folgenden sei das nicht mehr der Fall gewesen. Morawiecki habe auch versprochen, zu einem der Spiele der Polen nach Katar zu fliegen. Das habe er ebenfalls nicht getan, so Szczepłek.

Das Regierungsflugzeug mit der Mannschaft, heißt es weiter im Blatt, sei auch auf einem Militärflughafen gelandet. Dadurch hätten die Fans keine Gelegenheit gehabt, die Spieler und den Trainerstab zu treffen. Auch für Journalisten habe es weder eine Pressekonferenz noch Zugang zu den Spielern gegeben.

Vor der Weltmeisterschaft, fährt der Autor fort, habe sich Polens Ministerpräsident mit den Fußballern und dem Präsidenten des polnischen Fußballverbands getroffen. Gerüchten zufolge habe er ihnen einen Bonus von ca. 6,6 Millionen EUR versprochen, sollten sie ins Achtelfinale avancieren. Morawiecki habe sich aber nicht mehr mit den Fußballern getroffen, um die Angelegenheit zu klären. Diese hätten damit wahrscheinlich auch nicht gerechnet, lautet Szczepłeks Fazit in der Rzeczpospolita. Polens Nationalmannschaft sei nämlich einfach direkt weiter in den Urlaub gefahren.


Dziennik: Deutschland sollte für seine verfehlte Russland-Politik gerade stehen

Das Ergebnis des russischen Einmarsches könnte das Ende des Kräftegleichgewichts in der Europäischen Union sein, glaubt Anna Kwiatkowska, Leiterin des Referats Deutschland und Nordeuropa am Zentrum für Oststudien in Warschau, in einem Interview mit der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Dieser Wandel, lesen wir, sollte zu einer strategischen Allianz zwischen Polen und Deutschland führen.

Der Krieg in der Ukraine habe den Schwerpunkt der Union in den Osten verlagert. Polens beispielloses Engagement bei der Unterstützung der Ukraine - auf allen Ebenen, von der politischen über die militärische bis hin zur humanitären Hilfe - heißt es, habe die Bedeutung des Landes sowohl politisch als auch im Bereich der Sicherheit erhöht, so Kwiatkowska. Gleichzeitig erlebe Deutschland eine starke Verschlechterung seiner Machtposition. Dies sei die Rechnung für seine Abhängigkeit von russischen Energieressourcen, seinen irrationalen Atomausstieg und die daraus resultierende Energiekrise. Es habe allerdings den Anschein, überzeugt Kwiatkowska, dass Berlin die Machtverhältnisse in der EU rechtlich neu ordnen wolle. Es wolle seine derzeitige Machtposition trotzdem festigen. Daher die Forderungen, die Einstimmigkeit bei bestimmten Beschlüssen im Rat der EU abzuschaffen. Dies mache Berlin unter dem Vorwand, die Entscheidungsfähigkeit der Union zu erhöhen. Die mögliche Erweiterung der Gemeinschaft soll ebenfalls davon abhängig gemacht werden, lesen wir.

Deutschland schlage nicht nur Änderungen in der Art und Weise vor, wie die Union regiert werden soll, fährt die Analystin fort. Es wolle auch seine Kandidatur als militärische Führungsmacht der Gemeinschaft durchsetzen. Die Erwartungen der Verbündeten seien jedoch anders, erklärt Kwiatkowska. Erst einmal sollte Deutschland seine fehlgeleitete Politik gegenüber Russland gründlich aufarbeiten. Berlin sollte die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine nicht verzögern. Ein Teil der politischen und wirtschaftlichen Elite sollte auch nicht länger ungeduldig auf das Ende des Krieges und die Normalisierung der Beziehungen zum Kreml warten. Wie die Expertin abschließend feststellt, würden nämlich immer noch 80 Prozent der kleinen und mittleren deutschen Unternehmen in Russland tätig sein.


Piotr Siemiński