Deutsche Redaktion

Den ersten Test hat Polen bestanden

20.12.2022 09:49
Der Chefredakteur der Tageszeitung Rzeczpospolita bezieht sich in seinem Kommentar auf die jüngsten Studien über die enorme Hilfe, die die Polen den ukrainischen Flüchtlingen seit dem russischen Angriff geleistet haben. 
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Zdjęcie ilustracyjneShutterstock.com/Tomasz Bidermann

RZECZPOSPOLITA: Den ersten Test hat Polen bestanden

Der Chefredakteur der Tageszeitung Rzeczpospolita bezieht sich in seinem Kommentar auf die jüngsten Studien über die enorme Hilfe, die die Polen den ukrainischen Flüchtlingen seit dem russischen Angriff geleistet haben. Die Polen hätten sich einfach sehr anständig verhalten. Manchmal sogar sehr großzügig stellt der Publizist fest. Man solle es zu schätzen wissen und auch im Ausland das Ausmaß der polnischen Hilfe darstellen. Könne man sich aber überhaupt ein anderes Szenario vorstellen? – fragt der Publizist. Wenn man fliehende, frierende Mütter mit Kindern sehe, könne man irgendwelche Zweifel haben, wie man sich zu verhalten habe? Die ethischen Normen seien in dieser Hinsicht eindeutig. Einem Menschen in Lebensgefahr Hilfe zu leisten, sei das höchste Gebot. Die Polen hätten also genau das getan, was sie tun sollten. Die ethische Ebene des Prozesses sei insofern klar.

Es gäbe aber auch andere Elemente, die man bei den Analysen in Betracht ziehen sollte. Es hätte doch auch anders kommen können, urteilt Chrabota. Die durch einen Teil der politischen Klasse erweckte Unlust gegenüber Ausländern konnte zu einem allgemeinen Desinteresse für das Schicksal der fliehenden Ukrainer führen. Man habe aber eindeutig gesehen, dass jede Spur von Xenophobie unter der polnischen Bevölkerung verschwunden war.

Zweitens, und man solle es fast wie ein Wunder betrachten, hätten es die Polen vermieden, Lager für die Millionen der ukrainischen Flüchtlinge bauen zu lassen. Man kenne solche Bilder aus dem Nahen Osten, aus dem Libanon, der Türkei oder Kurdistan: Flüchtlingslager als die Vorstufe in die Hölle. Dank eines enormen Engagements der Bürger, der Unterstützung aus der Wirtschaft und der vernünftigen Staatspolitik sei es gelungen, die Hilfesuchenden in privaten Häusern und Wohnungen unterzubringen. Die Anwesenheit der Flüchtlinge in polnischen Häusern habe zugleich die besten Eigenschaften der Gastgeber erweckt: Hilfsbereitschaft, Herzlichkeit, Barmherzigkeit. Die Flüchtlingskrise sei eine Lektion der Menschlichkeit gewesen. Er hoffe, so Chrabota weiter, dass nach dieser Lektion die Polen bessere Menschen sein würden.

Eine Sache halte der Publizist zum Schluss noch fest: durch den Krieg habe Polen erneut den Weg zu der Multikulturalität gefunden, jenem Zustand, der für das alte Polen typisch und offensichtlich gewesen war. Jahrhundertelang sei Polen ein Zuhause für Vertreter vieler Nationen gewesen: Juden, Deutsche, Litauer, Russen. Der Holocaust und der Zweite Weltkrieg hätten die Nation verstümmelt und zu einem eindimensionalen Volk gemacht, das die Polen früher nie gewesen seien. Heute bekomme Polen erneut die Chance, ein multiethnisches Land zu werden, denn viele Ukrainer würden sicherlich lange an der Weichsel bleiben. Er hoffe, dass Polen auch diesen Test sehr gut bestehen werde, schreibt Bogusław Chrabota in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita. 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Weltklasse Marciniak 

Auch Polen habe einen Sportler auf dem höchsten Weltniveau, freut sich die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna in ihrem Sportteil. Bei dem WM-Finale habe die große Bühne selbstverständlich in erster Linie dem Weltmeister Lionel Messi - und auf der Gegenseite dem dreifachen Torschützen Kylian Mbappe gehört. Doch auch der Schiedsrichter des Spiels habe eine imponierende Vorstellung geleistet, lesen wir in dem Blatt.

Mit einem Schlagabtausch auf höchstem Niveau hätten Argentinien und Frankreich im WM-Finale Geschichte geschrieben. Eine Weltklasse-Leistung lieferte während der 120 Minuten aber auch der polnische Schiedsrichter. Szymon Marciniak habe dazu beigetragen, dass sich dieses Spiel so entwickeln konnte.

Experten würden in diesem Zusammenhang insbesondere die fast durchgehend herausragende Vorteilauslegung des polnischen Schiedsrichters loben - der zudem mit sämtlichen markanten und teilweise durchaus kniffligen Entscheidungen im Verlauf des Spiels richtig gelegen habe. Sogar ohne ein einziges Mal auf die Hilfe des VAR angewiesen zu sein, berichtet die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. 

SUPER EXPRESS: Polnisches Brot teurer als deutsches 

Als schockierend bewertet die Tageszeitung Super Express die Unterschiede in den Brotpreisen in Polen und in Deutschland. Während polnische Kunden im November 50 Prozent mehr für einen Brotlaib zahlen mussten als noch im Jahr zuvor, seien die Preise in der Bundesrepublik in dieser Zeit um 28 Prozent gestiegen. Man könne dabei davon ausgehen, dass wegen der steigenden Energiepreise Lebensmittel im kommenden Jahr noch teurer sein würden, lesen wir. Die aktuelle Situation beurteile der Wirtschaftsexperte Sławomir Dudek von dem Forum der Bürgerlichen Entwicklung (FOR) sehr kritisch. Wenn Brot in Polen gebacken werde, verwende man dabei nicht doppelt so viel Gas und Strom wie in der Bundesrepublik, sagt der Experte. Die Öfen seien doch ähnlich, manchmal sogar gleich, man verwende auch ähnliche Produkte. Für die gravierenden Preisunterschiede sei nach Ansicht von Dudek daher die Politik der polnischen Regierung verantwortlich, die die Inflation nur noch beschleunige.

Schon Anfang des Jahres hätten Bäcker alarmiert, dass sich die Lage der Branche von Monat zu Monat verschlechtere, erinnert das Blatt. Um den Grundsätzen der Marktwirtschaft zu entsprechen, müsste ein Kilogramm Brot derzeit in Polen mindestens 12 Zloty, das heißt 3 Euro kosten. Da die Regierung keine Hilfsprogramme für die Branche eingeführt habe, sehe die Lage sehr dramatisch aus. Wie es scheine, könne es in den kommenden Monaten in Polen eine 100-prozentige Erhöhung der Brotpreise geben, urteilt die Tageszeitung Super Express.

 

Jakub Kukla