Rzeczpospolita: Das Geflüster des Teufels zum Schweigen bringen
Jerzy Haszczyński schreibt in der Rzeczpospolita über den historischen Besuch des ukrainischen Präsidenten in den Vereinigten Staaten. Wolodymyr Selenskyj habe sich entschlossen, vor den Kongress zu treten und mit US-Präsident Joe Biden persönlich zu sprechen. Bislang hätten ihm, selbst bei den wichtigsten internationalen Treffen, Ferngespräche gereicht. Er habe die Ukraine nie verlassen, lesen wir, um seinen Landsleuten zu zeigen, dass er immer bei ihnen sei. Er habe nicht andeuten wollen, dass er jederzeit ausreisen könnte. Schließlich sei dies anderen Ukrainern im wehrfähigen Alter verboten, schreibt Haszczyński. Jetzt aber sei der Zeitpunkt für den Ausgang des Krieges mit Russland entscheidend, lesen wir. Es gehe sowohl um die Haltung des Westens als auch um die Fähigkeit der Ukraine, die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern und die verbleibenden Gebiete vor russischen Raketen zu schützen.
Amerika, fährt der Autor fort, trete gerade auch als Anführer eines vereinten Westens in eine neue Phase der Hilfe für die Ukraine ein. Washington werde Kiew seine Patriot-Flugabwehrraketen liefern. Bisher, erinnert der Autor, sei dieses Thema ein Tabu und Symbol einer unnötigen Provokation gegenüber Moskau gewesen. Somit sei die Entscheidung ein großer Schritt, schreibt Haszczyński. Sie zeige, dass die Sorge um das Wohlbefinden des Kremls abnehme.
Je länger Russland jedoch morde und zerstöre, indem es Kälte und Hunger einsetze, beobachtet Haszczyński, desto schwieriger werde es sein, die Unterstützung für die Ukraine in den westlichen Gesellschaften, einschließlich Polen, aufrechtzuerhalten. Selbst in den USA gehe die Opferbereitschaft langsam zurück. Vor allem bei republikanischen Wählern. Selenskyj müsse sich deshalb vor allem an die Politiker dieser Partei wenden, um das nächste große Hilfspaket von 45 Milliarden Dollar zu erhalten. Er müsse auch dafür werben, lesen wir im Tagesblatt, dass Amerika die Umsetzung des von Biden geschmiedeten neuen Konzepts für ferne Kriege nicht abbreche. Ohne Truppen zu entsenden und Billionen in zweifelhafte Projekte wie Afghanistan und Irak zu investieren, erklärt Haszczyński, könne man ein Land für viel weniger Geld verteidigen. Später könnte es ein wertvoller Teil des Westens werden.
Selenskyjs Auslandsreise finde auch zeitgleich zu einer Reihe von beunruhigenden Signale aus führenden europäischen Staaten statt, so der Autor. Einige würden jetzt mit Russland verhandeln und in Zukunft mit dem Kreml in Sicherheitsfragen zusammenarbeiten wollen.
Selenskyjs große Rede vor dem Kongress sei deshalb eine Chance, heißt es abschließend, diese teuflischen Geflüster zum Schweigen zu bringen. Selenskyj könnte die Unterstützung des Westens für die Ukraine erneuern. Dadurch könnte die Ukraine die russischen Invasoren schnell genug besiegen, so dass Moskau nie wieder ernsthaft zurückkehren würde, schreibt Jerzy Haszczyński für die Rzeczpospolita.
Gazeta Polska Codziennie: Selenskyjs Besuch belebt Grundsatz der Selbstbestimmung der Nationen
Auch das regierungsnahe Tagesblatt Gazeta Polska Codziennie schreibt über den ersten Auslandsbesuch des ukrainischen Präsidenten seit dem Ausbruch des Krieges. Vor seiner Abreise, lesen wir, habe Wolodymyr Selenskyj direkt von der Frontlinie in Bachmut von seinen kämpfenden Soldaten ein Banner für Präsident Joe Biden erhalten. Diese Geste, so das Blatt, sei nicht nur ein Dankeschön an die Vereinigten Staaten für ihre entscheidende Unterstützung bei der Verteidigung der ukrainischen Unabhängigkeit. Sie sei auch ein klares Bekenntnis zum Aufbau eines US-gestützten Sicherheitssystems.
Deutschland und Frankreich um Unterstützung im Normandie-Format zu bitten, fährt das Blatt fort, habe sich als gefährliche Illusion erwiesen. Diese Länder seien selbst mehr am Aufbau ihrer eigenen Hegemonie und an der Aufteilung ihrer Einflusssphären mit Russland interessiert als an der Sicherheit Europas. Wenn Deutschland die Wahl zwischen der Ukraine und Russland habe, werde es sich immer für Putin entscheiden. Polens Staatsräson indes setze alles auf die Ukraine und transatlantische Beziehungen zu den USA. Selenskyjs Besuch sei auch ein wichtiges Signal für die Ausrichtung der US-Politik zur Unterstützung der ukrainischen Souveränität, fährt GPC fort. Seine Visite würde auf unmissverständliche Weise eine starke US-Präsenz in Europa hervorheben. Geht es nach dem Blatt, müsse sich diese auf die souveränen Nationen zwischen Russland und Deutschland stützen. Selenskyjs Besuch lasse deshalb vor allem den vor über 100 Jahren formulierten Grundsatz der Selbstbestimmung der Nationen wieder aufleben, lautet das Fazit in der Gazeta Polska Codziennie.
Financieele Dagblad: Polen ist die neue militärische Supermacht in Europa
„Europas neue militärische Supermacht: Polen", so lautet der Titel eines Artikels in der niederländischen Tageszeitung „Financieele Dagblad". Die polnische Armee entwickle sich schnell zur „stärksten in Europa", berichtet die Zeitung.
Dem Blatt zufolge habe Warschau sein Misstrauen gegenüber Russland immer, entgegen dem Zeitgeist in fast allen europäischen Ländern, aufrechterhalten.
Als Ende November eine Rakete auf polnischem Gebiet nahe der Grenze zur Ukraine einschlug und zwei Menschen tötete, erinnert das Blatt, seien einige europäische Anführer über die mögliche Reaktion der polnischen Regierung besorgt gewesen. Warschau habe aber einen kühlen Kopf bewahrt, lesen wir. Es habe seine Truppen in höchste Alarmbereitschaft versetzt und gewartet, bis die Angelegenheit gründlich geklärt war.
Geht es nach dem Blatt, habe diese Ruhe einen einfachen Grund: Polen habe wahrscheinlich die beste Armee in Europa, heißt es. Die meisten Länder der EU seien sich dessen nicht bewusst. Ein hochrangiger Offizier der US-Armee in Europa habe Polen im Gespräch mit dem Blatt als wichtigsten Partner auf dem europäischen Kontinent bezeichnet. Polen spiele demnach eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung der Ukraine und der Stärkung der NATO im Baltikum.
Die Polen würden ihre Streitkräfte auch viel positiver betrachten, als zum Beispiel die Deutschen, fährt die niederländische Zeitung fort. Der Grund? Polen mussten für ihre Freiheit kämpfen, erinnert der ehemalige österreichische Offizier und jetzige Berater des European Council on Foreign Relations gegenüber „FD".
Deutschland unterdessen scheine Polens militärische Entwicklung trotz der angespannten Beziehungen und der schwierigen gegenseitigen Geschichte zu begrüßen. Für Deutschland, heißt es abschließend in Financieele Dagblad, sei Polen ein Sicherheitspuffer gegen die russische Einflusssphäre.
Autor: Piotr Siemiński