Deutsche Redaktion

Die ruhigen Jahre in Europa sind vorbei

07.03.2023 11:05
Moskau versuche erneut, die Grenzen in Europa mithilfe von militärischer Gewalt zu verschieben. Die Erinnerung an die Opfer des II. Weltkrieges und diejenigen, die sich nach dem Krieg für die Unabhängigkeit Polens eingesetzt hätten, setzte auf die polnische Regierung die Pflicht auf, sich heute sehr stark für die Sicherheit Polens zu kümmern, schreibt der ehemalige polnische Verteidigungsminister Jan Parys. 
Presseschau
PresseschauShutterstock.com

SIECI: Die ruhigen Jahre sind vorbei

Die ruhigen Jahre in Europa seien bereits vorbei, stellt in seinem Kommentar in der Wochenzeitschrift Sieci der ehemalige polnische Verteidigungsminister Jan Parys fest. Der Angriffskrieg auf die Ukraine dauere seit über einem Jahr, erinnert Parys. Mit der russischen Aggression sei eine Epoche zu Ende gegangen, den Frieden gäbe es nicht mehr. Es sei übrigens fast ein Wunder, dass es den Europäern in den vergangenen 30 Jahren gelungen war, ohne größere Konflikte friedlich miteinander zu leben. Der russische Krieg habe diese beeindruckende Tendenz aber zerstört. Moskau versuche erneut, die Grenzen in Europa mithilfe von militärischer Gewalt zu verschieben. Die Erinnerung an die Opfer des II. Weltkrieges und diejenigen, die sich nach dem Krieg für die Unabhängigkeit Polens eingesetzt hätten, setzte auf die polnische Regierung die Pflicht auf, sich heute sehr stark für die Sicherheit Polens zu kümmern, stellt der Publizist fest.

In diesem Kontext schaue Jan Parys mit Beunruhigung auf die westeuropäische Politik. Man sehe, dass sogar ein blutiger Krieg die freundliche Einstellung Berlins und Paris gegenüber Moskau nur begrenzt und langsam beeinflusse. Beide europäische Hauptstädte könnten sich wohl weiterhin kein sicheres Europa ohne eine enge Zusammenarbeit mit Russland vorstellen. Seine Beobachtungen der deutschen Politik hätten ihn übrigens zu mehreren Schlussfolgerungen gebracht, und zwar, dass die beiden wichtigsten Parteien in der Bundesrepublik in den vergangenen 20 Jahren eine äußerst prorussische Politik geführt hätten: sowohl Merkels CDU als auch die Sozialdemokraten unter dem Vorsitz von Schröder und Scholz. Darüber hinaus möchten beide Gruppierungen die Europäische Union in einen Superstaat verwandeln. Dies würde aber bedeuten, dass der Einfluss solcher Länder wie Polen auf die eigene Sicherheitslage nur beschränkt wäre. In einer tief zentralisierten EU würde Polen weitgehend von Entscheidungen der prorussischen Politiker aus Westeuropa abhängen. Dabei unterscheide sich der polnische Blick auf die Beziehungen zu Russland, China und den USA weitgehend von der Linie des deutschen politischen Mainstreams.

Warschau sehe seine Sicherheit in einer tiefen, proatlantischen Zusammenarbeit verankert. Deutschland aber setze sich für eine von den USA distanzierte Politik ein. Berlin schlage dabei einen politischen Slalom zwischen Russland und China vor. Eine solche Politik stelle für Warschau jedoch eine existenzielle Gefahr dar. Außerdem, so Parys, würden sich die wichtigsten politischen Kräfte darum bemühen, dass Polen kein starker und selbstständiger Spieler in der europäischen Politik werde. Aus diesen Gründen könne er sich in den kommenden Jahren nur schwierig eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Berlin und Warschau vorstellen. Es werde lange dauern, bis Deutschland endlich verstanden habe, dass sich Polen keine privilegierte Stellung in der EU wünsche, sondern sich gegen die Rolle einer Peripherie wehre, schreibt Jan Parys im Magazin Sieci. 

PLUS MINUS: Historische Parallelen 

Im Magazin Plus Minus bezieht sich die in den USA lebende Publizistin Irena Lasota auf den letzten Besuch Bidens in Europa. Sie wisse genau, dass man diese Visite in den vergangenen Tagen bereits sehr gründlich beschrieben und kommentiert habe, sie möchte aber dennoch aus ihrer Perspektive noch einige Sätze hinzufügen. Entweder würden die Menschen ein kurzes Gedächtnis haben oder könnten keine politischen Parallelen aufstellen. Sie aber würde den Besuch Bidens in Kiew und Warschau mit den berühmten Ansprachen von Kennedy und Reagan in Berlin und mit dem heldenhaften Besuch des polnischen Präsidenten Kaczyński in Tiflis vergleichen. Kaczyński und Biden hätten unter Beschuss die Hauptstädte zwei von den Russen angegriffener Länder besucht. Beide hätten somit den Verlauf des Krieges beeinflusst. Sie hätten zugleich genau das gemacht, was Putin am wenigsten gefalle: und zwar sie hätten sich dem russischen Präsidenten gestellt. Nach der Visite Bidens in Europa hätten einige Kommentatoren bemängelt, dass es zu viele Worte und zu wenig Taten gegeben habe. Und wieder habe sie das Gefühl, dass einige Kommentatoren aus der Geschichte nicht lernen könnten. Die Vergangenheit habe doch oft genug gezeigt, dass Symbole und Gesten von größter Bedeutung sein können, schreibt Irena Lasota in Plus Minus. 

DO RZECZY: Was unterscheidet die Regierung von der Opposition? 

In der neuen Ausgabe der Wochenzeitschrift Do Rzeczy gibt der Publizist Piotr Gabryel zu, dass er seit längerer Zeit einen Text über die polnische Opposition verfassen wolle. Wie lange könne man über die Regierenden schreiben, fragt er rhetorisch. Die Regierung mache zwar viele Fehler, aber man müsse auch zugeben, dass die PiS-Partei in sehr schwierigen Zeiten regieren müsse, lesen wir. Das Schreiben über die oppositionellen Gruppierungen komme bei ihm nur schleppend voran. Denn worüber sollte er eigentlich schreiben? Darüber, dass wenige Monate vor den Wahlen die politischen Programme der Parteien fast unbekannt seinen?

Viele oppositionelle Politiker würden schon davon träumen, die PiS- Politiker in der Regierung sowie in den staatlichen Unternehmen zu ersetzen. Dabei unterstreichen sie, dass sie die von der PiS-Regierung eingeführten sozialen Leistungen nicht zurückziehen wollen. Das heißt, dass sie die Steuern auch nicht senken würden. Auch die staatlichen Unternehmen wollten sie nicht privatisieren. Wie es also aussehe, seien allein die weltanschaulichen Angelegenheiten der wichtigste Unterscheid zwischen der jetzigen Regierung und den oppositionellen Gruppierungen, so Piotr Gabryel in Do Rzeczy.


Jakub Kukla