Deutsche Redaktion

"Verfrühte Föderalisierung?"

27.10.2023 10:05
Wird Oppositionsführer Tusk einer verfrühten Föderalisierung der EU zustimmen, um die Mittel aus dem Wiederaufbaufonds wieder fließen zu lassen? Will Staatspräsident Duda mit der Erzählung über zwei ernstzunehmende Kandidaten für den Posten des Premierministers der PiS helfen, ihr Image aufzupolieren? Und: Werden die Oppositionsparteien in ideologischen Fragen, wie die Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes, einen gemeinsamen Nenner finden? Mehr zu diesen Themen in der Presseschau.  
25 października Komisja Spraw Konstytucyjnych Parlamentu Europejskiego przyjęła  sprawozdanie zalecające zmianę unijnych traktatów
25 października Komisja Spraw Konstytucyjnych Parlamentu Europejskiego przyjęła sprawozdanie zalecające zmianę unijnych traktatówsinonimas / Shutterstock

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Verfrühte Föderalisierung?

Um Geld aus dem Wiederaufbaufonds zu erhalten, werde Donald Tusk Dokumente unterzeichnen, die eine Einleitung zur Föderalisierung der Europäischen Union darstellen, sagt Paweł Kukiz, Vorsitzender von Kukiz'15 im Gespräch mit Dziennik/Gazeta Prawna.

Wie das Blatt erinnert, habe sich der Vorsitzende der Bürgerplattform und Oppositionskandidat für das Amt des Premierministers, Donald Tusk, diese Woche in Brüssel mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, getroffen. Nach dem Gespräch habe er gesagt, dass Polen mit einer sehr weitreichenden Flexibilität der europäischen Institutionen rechnen könne. Für Paweł Kukiz sei die Aussage eindeutig: Wenn Donald Tusk das Geld bekommen wolle, werde er einige Rechtsakte unterzeichnen müssen, die einen ernsthaften Auftakt zur Föderalisierung der Union darstellen.

In dem Interview gibt Kukiz gleichzeitig zu, dass er ein großer Befürworter der Föderalisierung Europas sei, aber erst in der fernen Zukunft, und unter der Bedingung, dass alle Entitäten, die Teil dieser Föderation sein würden, hinsichtlich ihrer politischen und materiellen Systeme mehr oder weniger gleich seien. In der aktuellen Situation sei das nicht der Fall. Es sei, als ob Polen Äthiopien in eine Föderation aufgenommen hätte, meint der Politiker.

Bislang habe Brüssel der Regierung in Warschau das Geld im Rahmen des Wiederaufbaufonds wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit nicht ausgezahlt. Der Oppositionspolitiker Donald Tusk habe im Wahlkampf versprochen, das Geld sofort nach dem Wahlsieg nach Polen fließen zu lassen, erinnert Dziennik Gazeta Prawna.

RZECZPOSPOLITA: Spielt der Präsident auf Zeit?

Kann es im Sejm eine Mehrheit geben, die gleichzeitig die Regierung Morawiecki und die Regierung Tusk unterstütze? – fragt in ihrem politischen Kommentar die Tageszeitung Rzeczpospolita. Nach politischen Konsultationen mit den Spitzen der Parteien, die in den Sejm einzogen seien, habe der Präsident erklärt, dass sowohl der Vertreter der PiS-Partei, die bei den Wahlen die meisten Stimmen erhalten habe, als auch der Vertreter der Opposition, die zusammen über die Mehrheit der Sitze im neuen Parlament verfügen werde, die Bereitschaft zur Regierungsbildung erklärt hätten. In einer Situation, in der die Arithmetik die gleichzeitige Existenz zweier unterschiedlicher Regierungsmehrheiten im polnischen Sejm ausschließe, klinge das verwunderlich, stellt das Blatt fest. Es scheine, als ob der Präsident ständig auf Zeit spielen würde. Und die Zeit arbeite hier zugunsten der Recht und Gerechtigkeit PiS. Schließlich habe Andrzej Duda die erste Sitzung des Sejm fast zum letztmöglichen Termin einberufen, nämlich am 13. November. Erst dann müsse die Regierung von Mateusz Morawiecki zurücktreten.

Das politische Spiel könnte mindestens bis Mitte Dezember dauern. Dies wiederum würde bedeuten, dass bis dahin alle staatlichen Institutionen in den Händen von Politikern der Partei Recht und Gerechtigkeit bleiben würden. Das, so das Blatt weiter, sei ein optimales Szenario für die Partei von Jarosław Kaczyński. Es sei auch gut für das Image der PiS, denn es trage dazu bei, die Wähler davon zu überzeugen, dass die Partei die Wahlen gewonnen habe und Mateusz Morawiecki Premierminister bleiben sollte. Würde der Präsident sofort Donald Tusk ernennen, wäre das ein klares Signal an die PiS-Wählerschaft, dass ihre Partei verloren habe, so Rzeczpospolita.

DO RZECZY: Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes scheidet die Geister

Die Medien berichten von ersten Reibereien zwischen Oppositionspolitikern, die die neue Regierung bilden wollten. Es gehe um weltanschauliche Fragen, vor allem um die Liberalisierung der Abtreibungsregeln lesen wir in der Wochenzeitschrift Do Rzeczy. Mit dem Slogan einer Liberalisierung des Abtreibungsrechts seien die Bürgerkoalition (KO) und Linke in die Parlamentswahl gegangen. KO-Chef Donald Tusk habe sogar eine „Abtreibung auf Wunsch“ bis zur 12. Schwangerschaftswoche versprochen. Allerdings torpediere die konservative Haltung des Dritten Weges, also des Bündnisses der Polnischen Volkspartei und von Polen 2050, diese Pläne.

Szymon Hołownia, der Vorsitzende von Polen 2050, sei der Ansicht, dass ein Referendum abgehalten und das Abtreibungsgesetz neu verabschiedet werden sollte. Ein Referendum sei nach Ansicht des Politikers nötig, damit der Präsident an dessen Ergebnisse gebunden sei.

Er wisse bereits, wie er abstimmen werde, wenn ein solcher Gesetzentwurf im Sejm eingebracht werde. Er werde „dagegen“ stimmen und das sage er offen, gibt der Politiker zu. Allerdings würde in seiner Partei jeder nach seinem Gewissen, nicht nach dem Gewissen des Vorsitzenden, abstimmen, zitiert die Wochenzeitschrift Do Rzeczy Szymon Hołownia.

Autor: Jakub Kukla