Deutsche Redaktion

PiS verabschiedet sich langsam von der Macht

28.11.2023 10:40
Lediglich der Chef des Verteidigungsministeriums, Mariusz Błaszczak, blieb in seinem jetzigen Amt im neuen Kabinett von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Die Regierung habe keine Chance auf eine Mehrheit, wurde aber am Montag dennoch vereidigt, schreibt die Tageszeitung Rzeczpospolita.
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RZECZPOSPOLITA: PiS verabschiedet sich langsam von der Macht 

Lediglich der Chef des Verteidigungsministeriums, Mariusz Błaszczak, blieb in seinem jetzigen Amt im neuen Kabinett von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Die Regierung habe keine Chance auf eine Mehrheit, wurde aber am Montag dennoch vereidigt, schreibt die Tageszeitung Rzeczpospolita.

Morawiecki habe die Zusammensetzung des Ministerrats deutlich verjüngt; mehr als die Hälfte der neuen Minister seien Frauen. Außer Błaszczak seien nur noch Marlena Maląg und Szymon Szynkowski vel Sęk in der Regierung geblieben, allerdings in unterschiedlichen Positionen. Einen Exposétermin gebe es noch nicht. Der Premierminister müsse seinen Plan spätestens am 11. Dezember öffentlich präsentieren. Bis zu diesem Datum sollte auch die Regierung ein Vertrauensvotum im Sejm bekommen. Später – sollte Morawiecki keine Mehrheit erreicht haben – werde das Kabinett von einer neuen Koalition unter der Führung von Donald Tusk gebildet.

In der PiS diskutiere man bereits über die künftige Parteistrategie in den Reihen der Opposition. Organisatorische Veränderungen seien darüber hinaus im Gange. Am Montagabend habe sich die Parteiführung getroffen, um über Änderungen in der Parteistruktur zu entscheiden. In internen Analysen und Diskussionen würden die Schwäche der Strukturen und das Scheitern der bisherigen Organisationsreform als einer der Gründe für den Machtverlust der PiS genannt. Die Regionalchefs sollen nun die Partei auf die nächsten Wahlen im nächsten Jahr vorbereiten.

In der Recht und Gerechtigkeit gäbe es auch eine anhaltende Diskussion über ihre ideologische Ausrichtung. Einige Politiker – darunter auch Premierminister Morawiecki selbst – würden darauf hinweisen, dass die Verschärfung des Abtreibungsrechts ein Fehler gewesen sei. Politiker des konservativen Flügels der Partei seien damit nicht einverstanden, schreibt die Tageszeitung Rzeczpospolita. 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Die Regierung der Unbekannten 

Dies ist kein Team, das lange Bestand haben würde. Man sieht, dass die Politiker nicht daran glauben, die Unterstützung von 231 Stimmen zu erhalten, sagt Dr. Maciej Onasz, Politikwissenschaftler am Institut für Politische Systeme der Universität Łódź, in einem Interview mit der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Der Experte betont, dass es außer den Ministern Marlena Maląg, Mariusz Błaszczak und Szymon Szynkowski vel Sęk keine prominenten Namen in der vereidigten Regierung gibt. Es sieht ein wenig so aus, als ob diese Leute aus verschiedenen Gründen den Vorschlag nicht ablehnen konnten.

Der Politikwissenschaftler von der Universität Łódź fügt hinzu, dass für viele Polen die Personen aus der neuen Regierung von Mateusz Morawiecki möglicherweise völlig unbekannt sind. Wenn er sich die Namen der neuen Minister ansieht, denkt er, dass selbst Leute, die die Ereignisse in der polnischen Politik aktiv verfolgen, große Anstrengungen unternehmen mussten, um sich daran zu erinnern, wer diese Leute waren, oder dass sie im Internet nachschauen mussten, um herauszufinden, wer genau ernannt wurde.

Dies ist kein starkes Kabinett. Dies bestätigt nur, dass selbst in der PiS, im unmittelbaren Umfeld von Mateusz Morawiecki, keine Hoffnung auf eine Mehrheit besteht, betont Dr. Onasz.

Der Politikwissenschaftler weist auch darauf hin, dass in der neuen Regierung von Mateusz Morawiecki viele Frauen vertreten sind. Laut Dr. Onasz handelt es sich hierbei um eine Art Symbol. In den vergangenen PiS-Regierungen gab es nicht so viele Frauen in Schlüsselpositionen. Die gesamte achtjährige Politik der Partei sei nach Onasz darüber hinaus nicht sehr frauenfreundlich gewesen, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. 

DO RZECZY: Europäischer Superstaat unrealistisch 

Krzysztof Rak, Historiker, Publizist und Buchautor, nimmt in der Wochenzeitschrift "Do Rzeczy" Stellung zu der geplanten Änderung der EU-Verträge. Er glaubt nicht an den Erfolg einer Umwandlung Europas in einen zentral verwalteten Superstaat. Trotz der Medienpanik glaubt er nicht daran, weil es ein zu komplizierter Prozess sei. Man spricht zwar von einem Superstaat und einer Zentralisierung, aber in Wirklichkeit handelt es sich um einen Prozess, der der Föderalisierung entgegengesetzt ist und zur endgültigen Zerstörung der Föderalisierungsmechanismen in der Europäischen Union führen könnte.

Krzysztof Rak weist darauf hin, dass die Übertragung von noch mehr Macht auf die stärksten europäischen Länder auf Kosten der mittleren und schwächeren Länder die Union ihres Zusammenhalts und ihrer Funktionalität berauben würde. Man hätte dann mit einem Diktat der stärksten und bevölkerungsreichsten Länder der EU zu tun, und der dadurch geschaffene Mechanismus wäre so, dass die größten Länder ihre Macht rücksichtslos nutzen könnten, sagte der Historiker.

Nach seiner Ansicht sei der Vorschlag jedoch unrealistisch, da der Hauptakteur Deutschland machtlos sei. Wenn man auf die Regierung von Olaf Scholz schaue, könne man sich alles vorstellen, aber nicht, dass sie ein solch komplexes, mehrjähriges Projekt umsetzen würde. Die Regierung komme sogar mit dem Jahresbudget nicht zurecht. Die Bundesrepublik sei ein politisch zunehmend schwächelndes Land, meint Krzysztof Rak in "Do Rzeczy".

 

Autor: Jakub Kukla