Deutsche Redaktion

„Putin will, dass Russen Polen hassen"

29.03.2024 13:23
Putin hetzt das russische Volk bereits seit 2004 systematisch gegen die Polen auf, genauso, wie er es später in Bezug auf die Ukrainer getan hat, sagt Sicherheitsexperte Piotr Grochmalski und appelliert um härtere Maßnahmen gegen Russland für die Verletzung des polnischen Luftraums. Laut Publizist und Ex-Diplomat Witold Jurasz ist indes ein Ende des Kriegs in Sicht. Und: Ist die neue Regierung faul? Die Einzelheiten in der Presseschau.
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Do Rzeczy: Der Krieg in der Ukraine neigt sich dem Ende zu

Die Wochenzeitung Do Rzeczy fasst auf ihrem Internetportal ein Interview des Publizisten und Ex-Diplomaten, Witold Jurasz, mit dem privaten Radiosender Radio Wnet zusammen. Geht es nach Jurasz, neige sich der Krieg in der Ukraine dem Ende zu. Einerseits gebe es in der Ukraine keinen Durchbruch der Frontlinie, andererseits wisse er aus vertrauenswürdigen Quellen, dass  diplomatische US-Delegationen Moskau aktuell grundsätzlich nicht mehr verlassen. Wenn nicht gerade der CIA-Chef zu Besuch in Moskau sei, dann höre man von nicht gekennzeichneten Flügen des Chefs des Verteidigungs-Nachrichtendienstes (DiA) der USA nach Russland. Jurasz vertritt die Ansicht, dass der Krieg so enden wird, dass die Ukraine ihre Unabhängigkeit und Souveränität zwar behalte, aber nicht alle von Russland eingenommenen Gebiete wieder zurückgewinne, darunter die Krim und einen Großteil des Donbass.

Jurasz hat sich in dem Interview auch auf die provokative Haltung des russischen Botschafters bezogen, der einer neuerlichen Vorladung des Auswärtigen Amts nicht gefolgt war. Auf die Frage, ob Polen den russischen Gesandten nicht ausweisen sollte, erklärte der Publizist, dass Warschau dies zwar tun könne, es sich aber für Polen nicht lohne. Auch zwischen Ländern, die nicht in guten Beziehungen leben, sei ein Gesprächskanal notwendig, so der Ex-Diplomat. Sergey Andreyev spiele den “tough guy”, so Jurasz, weil er vom Posten des stellvertretenden Außenministers Russlands träume. Und dieser Posten würde ihm aufgrund seines Alters langsam entgleiten. Denn in der russischen Amtspraxis werde man nicht für sechs Monate oder ein Jahr Minister. Man müsse es für fünf oder sieben Jahre sein. Somit könne dort niemand einen solchen Posten bekleiden, wenn ihm der Ruhestand bevorstehe, erklärt Jurasz.

Gefragt danach, wie gefährdet Polen im Zusammenhang mit der aggressiven Politik des Kremls ist, wies Jurasz darauf hin, dass Unternehmen wie Google, die über die besten Informationen verfügen, sich aus Polen nicht nur nicht evakuieren, sondern weiter an der Weichsel investieren würden. Ihrer Ansicht nach scheine Polen somit offensichtlich nicht in Gefahr zu sein. Dabei hätten die Chefs großer US-Konzerne nicht selten selbst in der CIA hochrangige Posten gehalten, so Witold Jurasz im Interview für Radio Wnet.


Dziennik: „Putin will, dass Russen Polen hassen"

Schlagzeilen macht auch das Interview des Sicherheitsexperten Prof. Piotr Grochmalski, der für den privaten Fernsehsender Polsat News die anhaltende Invasion Russlands kommentierte. Wie unter anderem Dziennik auf seiner Internetseite berichtet, macht der Sicherheitsexperte für den immer noch andauernden Krieg in der Ukraine den Westen verantwortlich. Es sei die falsche Strategie des Westens gegenüber Russland gewesen, die zum Krieg geführt habe. Nun würde dieser eine strategische Bedrohung für Europa und die Existenz Polens darstellen. Wie Grochmalski betont, habe Putin nämlich bereits schon im Jahr 2004 Polen als ein Schlüsselland gewählt, gegen das er systematisch Hass schüre. Russen habe man beigebracht, die Polen zu hassen. Ebenso wie etwas später die Ukrainer.  

Die Reaktion Polens auf die neuerliche Verletzung seines Luftraums durch eine russische Rakete hält Grochmalski für  nicht hart genug. Denn Russland, so der Experte, würde die polnischen NATO-Grenzen und die Reaktion der Behörden durch solche Vorfälle gezielt testen. Zudem nutze Moskau solche Situationen auch, um im psychologischen Krieg zu zeigen, dass Moskau den NATO-Raum für Angriffe auf ukrainische Ziele nutzen könne. Es sei eine fatale Botschaft. Mit solchen Provokationen wolle Russland das Vertrauen der Polen in die eigene Armee schwächen, zitiert Dziennik Prof. Piotr Grochmalski. 

Wprost: Polen gehört der reichen Oligarchie

Der links-liberale Aktivist und ehemalige Kandidat für das Amt des Bürgermeisters von Warschau, Jan Spiewak, spricht in einem Interview mit Wprost darüber, wer seiner Meinung nach in der polnischen Politik wirklich die Karten austeilt. Die Ansprüche der Reichen in Polen seien unerhört, sagt er, und die Reichen selbst seien schamlos. Die reiche Oligarchie verhalte sich so, als ob wir im 17. oder 18. Jahrhundert leben würden. Alles sei so gestaltet, dass Polen eine der größten sozialen Ungleichheiten der Welt und einen Pappstaat habe. Ein Beweis dafür sei laut Śpiewak unter anderem der Krankenkassenbeitrag. Für normale Bürger sei dieser höher als im Fall von Unternehmern, obwohl die letzteren viel mehr verdienen würden.

In seiner Bilanz der ersten 100 Tage der Regierung Tusk zeigt sich Śpiewak weniger besorgt darüber, dass nur neun der angekündigten 100 Konkrete vollständig umgesetzt worden sind. Denn einige der Ideen der neuen Regierung würden für ihn sehr beängstigend klingen.

Was ihm mehr Sorgen bereite, sei die Faulheit der Regierung. Bislang habe die Regierungskoalition nur 17 Gesetzesentwürfe im Sejm eingereicht. PiS-Abgeordnete hätten im selben Zeitraum 50 Gesetzesentwürfe eingereicht. Laut Śpiewak sollte sich die Koalition nicht damit rechtfertigen, dass der Staatspräsident sein Veto einlegen wird. Das wahre Problem sei: Die Regierung habe keine fertigen Projekte und allgemein auch keine Vorstellung davon, wie sie regieren wolle, bemängelt Jan Śpiewak in Wprost.

Autor: Piotr Siemiński