DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Gefährliche Illusionen
„Wir haben in Polen keine Fabrik, die eigenständig Artilleriegranaten im Kaliber 155 mm herstellen kann. Und dabei handelt es sich um eine der grundlegendsten Munitionsarten“, sagt Marek Budzisz, Militärexperte der Zeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Seine Analyse der sicherheitspolitischen Lage des Landes ist ernüchternd: Polen sei auf einen möglichen Konflikt dramatisch unvorbereitet – und Russland nehme das sehr wohl wahr.
Drei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine könne Polen noch immer keine grundlegenden Fragen zur eigenen Sicherheit beantworten, so Budzisz. Der Experte warnt, das Land lebe in einem Zustand gefährlicher Selbsttäuschung. Zwar seien die Streitkräfte relativ gut ausgerüstet, doch dies sei nur eine von mehreren Säulen nationaler Widerstandskraft. In den anderen vier Bereichen – Infrastruktur, gesellschaftliches Bewusstsein, institutionelle Koordination und Krisenmanagement – sei Polen völlig unvorbereitet. Besonders drastisch zeige sich diese Vernachlässigung in der veralteten Rüstungsproduktion, insbesondere bei der Munitionsherstellung.
Das Problem sei nicht allein der Mangel an Investitionen, sondern auch das völlige Fehlen eines systemischen Denkens. Polen habe offenbar keine Lehren aus dem russischen Angriffskrieg gezogen. Kiew habe ein neues, auf Deregulierung basierendes Rüstungsmodell auf die Beine gestellt. So habe in der Ukraine vor drei Jahren ein kleines Drohnenunternehmen mit zwölf Mitarbeitern begonnen – heute beschäftige es 1.200 Menschen, sei der weltweit größte Hersteller von Langstreckendrohnen und unterzeichne Verträge mit Staaten wie Norwegen oder Dänemark.
Und Polen? Polen habe nicht einmal das strategische Potenzial ausländischer Waffenimporte richtig erkannt. Zwar habe man vor einigen Jahren zu Recht auf schnelle Waffenkäufe in Südkorea und den USA gesetzt, doch der entscheidende nächste Schritt – der Technologietransfer ins eigene Land – sei nicht erfolgt. „Man hat alles auf eine Karte gesetzt – und nicht einmal damit begonnen, Bedienungsanleitungen auf Polnisch zu drucken“, spottet Budzisz.
DO RZECZY: Interessantes Experiment
Der weiße Rauch, der am Donnerstag um 18:10 Uhr aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle aufstieg, begleitet vom Klang der sechs Glocken des Petersdoms, verkündete der Welt die Wahl eines neuen Papstes. Gewählt wurde der 70-jährige Kardinal Robert Prevost aus den USA. Es entsteht der Eindruck, dass mit ihm das Pontifikat von Papst Franziskus in gewisser Weise fortgeführt wird, meint Piotr Semka in der Wochenzeitschrift Do Rzeczy.
Semka betont, Papst Franziskus habe die Arbeit von Kardinal Prevost in Peru stets sehr geschätzt – einem Land, in dem missionarisches Wirken besonders herausfordernd sei. Große soziale Gegensätze prägten die Gesellschaft: eine wohlhabende Elite auf der einen Seite, eine arme Bevölkerung auf der anderen. Diese Erfahrung habe Franziskus letztlich dazu bewogen, Prevost nach Rom zu holen. In seiner ersten Ansprache als Leo XIV. habe der neue Papst mehrfach auf seinen Vorgänger Bezug genommen – er habe über Frieden, Dialog, den synodalen Weg sowie über die Verantwortung gegenüber den Schwächsten und Leidenden gesprochen, hebt Semka hervor.
Der Publizist weist darauf hin, dass neue Päpste oft mit der Zeit von früheren Positionen abweichen. Mit Prevost sei ein Papst gewählt worden, der Franziskus in sozialpolitischen Fragen ähnlich, bei weltanschaulichen Reformen aber deutlich zurückhaltender sei. Semka meint, die Prognosen von Papst Franziskus seien eingetreten: Sein Wunschkandidat sei tatsächlich sein Nachfolger geworden. Dennoch sei jedes Pontifikat stets einzigartig, geprägt von der Persönlichkeit des jeweiligen Papstes – und auch von den kulturellen Einflüssen seines Herkunftslandes. Semka gewinnt den Eindruck, dass Leo XIV. mit mehr Zurückhaltung führen könnte als sein Vorgänger. Die Kirche durchlaufe derzeit ein spannendes Experiment, heißt es in Do Rzeczy.
SUPER EXPRESS: Mann des Dialogs
Pater Beniamin Kuczała, Provinzial der polnischen Augustiner, erinnert sich an Papst Leo XIV. als „einen von uns“. Kardinal Robert Prevost, der neue Papst, habe Polen mehrfach besucht und Eindrücke hinterlassen, die nun – im Licht seines Pontifikats – fast prophetisch erscheinen, berichtet die Tageszeitung Super Express. In Krakau habe er über die Kraft der Gemeinschaft gesprochen und eindringlich vor Spaltung gewarnt.
„Ich war so überwältigt von Freude, dass ich für einen Moment nicht hinschauen konnte, weil mir der Druck in den Augen zu groß wurde“, sagt Pater Kuczała. Er beschreibt den Moment, als sein Mitbruder im Augustinerorden Papst wurde. Der US-Amerikaner war zwölf Jahre lang Generalprior des Ordens – doch für viele sei er einfach „Bruder Robert“ geblieben. Besonders eindrucksvoll seien seine Besuche in Krakau gewesen, etwa anlässlich der Provinzkapitel.
Kuczała kennt den Papst persönlich – ihre erste Begegnung fand während eines Generalkapitels in Rom statt. „Als General wollte er sich bei den Jugendlichen bedanken, die bei der Organisation geholfen haben. Dank ihm habe ich zum ersten Mal in meinem Leben den Ätna bestiegen. Er hat das alles organisiert“, erzählt er mit einem Lächeln. Doch es gehe nicht nur um schöne Erinnerungen. Pater Prevost sei den Brüdern als ein Mann des Dialogs, der Gemeinschaft und der außergewöhnlichen Demut im Gedächtnis geblieben. „Er war einer von uns. Und das ist keine Übertreibung“, betont der Provinzial.
Noch heute bewahrt Kuczała einen Brief auf, den ihm der heutige Papst anlässlich seiner ewigen Gelübde schrieb. „Es war mehr als eine Pflichtkarte – er erinnerte sich an mich und schrieb von Herzen“, sagt er. Ob als Missionar in Peru, Ordensgeneral oder nun als Papst – Prevost habe stets die Einheit und die Sorge um die Schwächsten betont. „Deshalb wählte er auch den Namen Leo XIV. – in Anlehnung an Leo XIII., den Papst der Arbeiter“, bemerkt Kuczała.
Autor: Jakub Kukla