Deutsche Redaktion

"Trump-Deal trifft per Querschläger polnische Landwirtschaft"

29.07.2025 11:40
Die neue Handelsvereinbarung mit Washington sei zwar vielleicht „die bestmögliche“ aber gleichzeitig auch eine herbe Niederlage für Brüssel. Und könnte letztlich auch den mit Trump symphatisierenden konservativen Wählerblock in Polens Dörfern treffen. Und: Langjähriger Schuldirektor übt scharfe Kritik an der für 2026 geplanten Schulreform. Mehr zu diesen Themen in der Presseschau.
Gestapelte Schiffscontainer im Rhein-Neckar-Handelshafen in Mannheim, Deutschland, 29. Juli 2025. US-Prsident Trump hat angekndigt, ab dem 01. August 2025 einen Einfuhrzoll von 30 Prozent auf Produkte aus der Europischen Union (EU) zu erheben. EPARONALD WITTEK Dostawca: PAPEPA.
Gestapelte Schiffscontainer im Rhein-Neckar-Handelshafen in Mannheim, Deutschland, 29. Juli 2025. US-Präsident Trump hat angekündigt, ab dem 01. August 2025 einen Einfuhrzoll von 30 Prozent auf Produkte aus der Europäischen Union (EU) zu erheben. EPA/RONALD WITTEK Dostawca: PAP/EPA.EPA/RONALD WITTEK

Dziennik/Gazeta Prawna: Bestmögliches Handelsabkommen

Die neue Handelsvereinbarung mit Washington sei zwar „die bestmögliche“, bedeute aber gleichzeitig eine politische Niederlage für Brüssel, kommentiert das Wirtschaftsblatt Dziennik Gazeta Prawna.

Dank des Deals würden die EU-Staaten ihre Marktposition jenseits des Atlantiks wohl halten können, doch habe die Union dafür einen hohen Preis gezahlt: Während die Vereinigten Staaten ihre Zölle erhöhten, habe Brüssel stattdessen milliardenschwere Investitionen in die US-Wirtschaft zugesagt, so das Blatt.

 

Für Donald Trump sei vor allem die öffentliche Proklamation eines „großen Erfolgs“ ausschlaggebend gewesen, erklärt Karol Szulc von der Universität Breslau. Auch die EU-Spitzen sprächen zwar von einem positiven Ergebnis, tatsächlich aber habe die Gemeinschaft verloren: Sie habe auf die amerikanische Zollspirale nicht einmal mit einer kleineren Gegenmaßnahme reagiert und sich zugleich verpflichtet, „Hunderte Milliarden Dollar“ in den USA zu investieren, führt der Experte aus.

Europa habe zudem aus den Jahren 2016–2020 nichts gelernt und weder im Sicherheitsbereich noch anderswo Vorkehrungen getroffen, um sich gegen Trumps Vorgehen zu wappnen. Der US-Präsident könne die Europäer jederzeit mit der Kürzung der Ukraine-Hilfe oder einem Truppenabzug erpressen. „Nicht zufällig“, so Szulc abschließend, seien just während der Verhandlungen Berichte aufgekommen, Washington erwäge, Soldaten aus Deutschland abzuziehen und an den Pazifik zu verlegen.

Rzeczpospolita: Trump-Deal trifft per Querschläger polnische Landwirtschaft 

Der Wirtschaftspublizist Krzysztof Adam Kowalczyk warnt in der konservativ-liberalen Tageszeitung Rzeczpospolita, Trumps Zollpolitik könne „wie ein Querschläger“ auf die polnische Landwirtschaft zurückschlagen.

Dem Kommentator zufolge habe Brüssel zwar das „Schreckensszenario“ von 30-Prozent-Zöllen auf europäische Waren abgewendet, doch die am Sonntag zwischen Ursula von der Leyen und dem auf seinem Golfplatz in Schottland weilenden Donald Trump vereinbarte Stufe von 15 Prozent sei für die EU lediglich ein „sehr unbequemer Kompromiss“ – und ein Erfolg Trumps, da die Union ursprünglich Nullzölle angestrebt habe. Das Abkommen ähnele früheren Deals mit Japan (15 Prozent) und Großbritannien (10 Prozent), die Trump ebenfalls als Triumph darstelle, während US-Autokonzerne wenig davon hätten, weil sie weiterhin in Mexiko fertigten und dort 25 Prozent Einfuhrabgabe zahlen müssten, so Kowalczyk.

Angesichts der dauerhaften Belastung müsse Europa dringend neue Exportmärkte erschließen. Die größten Hoffnungen setze Brüssel laut Kommentar auf das noch nicht ratifizierte Abkommen mit dem südamerikanischen Mercosur-Block, der 300 Millionen Konsumenten umfasse. Landwirte fürchteten jedoch verschärfte Konkurrenz aus Übersee, weshalb Frankreich und Polen das Abkommen blockierten. Da die Landwirtschaft nur 1,3 Prozent des EU-BIP erwirtschafte, während die Industrie 28 Prozent beisteuere, stehe das Agrarlager bei einer Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit auf verlorenem Posten, merkt der Autor an.

„So trifft Trumps Protektionismus letztlich den mit ihm sympathisierenden konservativen Wählerblock in Polens Dörfern“, resümiert Krzysztof Adam Kowalczyk.

Gazeta Wyborcza: In dieser Bildungsreform sehe ich keine guten Seiten

Der Warschauer Pädagoge Jarosław Pytlak übt in einem ausführlichen Interview mit der linksliberalen Gazeta Wyborcza harsche Kritik an der für 2026 geplanten Bildungsreform. Diese sei „technokratisch statt pädagogisch“ angelegt und berge für Schule und Gesellschaft mehr Risiken als Nutzen.

Pytlak, der seit 35 Jahren eine Schule leitet und eigenen Angaben zufolge alle Reformen der Dritten Republik erlebt habe, wehrt sich zunächst gegen das Etikett des bloßen Nörglers; er verstehe sich vielmehr als „Whistleblower“, der Missstände rechtzeitig anzeige. An der neuen Reform erkenne er „keine guten Seiten“: Sie baue auf detaillierten Lehrplänen, wöchentlich verordneten Projektwochen und fächerübergreifenden Modulen auf, ohne die realen Belastungen der Lehrkräfte zu berücksichtigen. Die Kondition der Lehrerinnen sei wegen schlechter Bezahlung bereits prekär; in Klassen mit bis zu 24 Schülerinnen und zahlreichen besonderen Förderbedarfen kämpften sie ums blanke Überleben, so Pytlak.

Das zentrale Konzept eines „Profils des Absolventen“ halte der Pädagoge für eine publizistische, nicht wissenschaftlich abgesicherte Konstruktion, die allen Schüler*innen dieselbe Messlatte anlege und den individuellen Bedürfnissen der Kinder widerspreche. Gerade in einer Zeit, in der Schule mehr denn je den Einzelnen in seiner Verschiedenheit stärken müsse, verfehle ein solches Einheitsprofil das Ziel.

Besonders scharf kritisiert Pytlak die geplante Ausweitung bürokratischer Kontrolle: Ein „System von Werkzeugen zur Überwachung von Bildung, Lernfortschritten und Wohlbefinden“ werde Lehrer*innen mit weiteren Tabellen und Dateneingaben belasten und wertvolle Beziehungsarbeit verdrängen. Schon jetzt verschlinge die digitale Schulverwaltung über Librus und das System der Bildungsinformationen unzählige Stunden unbezahlter Arbeit; mit jedem neuen Messinstrument nehme die Zeit für pädagogische Interaktion ab, warnt der Schulleiter.

Auch konkrete Reformbausteine sieht Pytlak problematisch. Die zentral vorgegebene Projektwoche werde den normalen Schulbetrieb lahmlegen, statt ihn zu beleben; an seiner eigenen Schule funktioniere seit Jahren eine wöchentliche, lokal organisierte Projektstunde deutlich besser. Fächerübergreifende „Module“ klängen fortschrittlich, doch seine eigenen Erfahrungen mit Blockunterricht zeigten, dass nur wenige Themen wirklich alle Fächer verbinden könnten. Das neue integrative Fach Naturkunde begrüße er zwar grundsätzlich, verweist jedoch darauf, dass Polen keine dafür ausgebildeten Lehrkräfte habe; Curricula sollten sich deshalb auf wenige Kernkompetenzen beschränken, nicht auf seitenlange Detailvorgaben.

Beim Fach Bürgerkunde zählt Pytlak 106 Einzelforderungen für gerade einmal hundert Unterrichtsstunden – ein Übermaß, das realistisch nur ein Viertel des Plans zulasse und eher zu gesellschaftlicher Polarisierung beitragen werde. Statt mit Legitimation der einen Gesellschaftshälfte Reformen „unumkehrbar“ zu machen, müssten die Verantwortlichen Kompromisse suchen, um Lehrkräfte sowie die Öffentlichkeit mitzunehmen, mahnt der Pädagoge.

Im Kern, so resümiert Jarosław Pytlak, „fehlt der Reform alles, was Menschen zusammenführen könnte“ – und ohne Hilfe der Betroffenen werde sie sich „im Handumdrehen wieder rückgängig machen lassen“, warnt er in der Gazeta Wyborcza.

Autor: Adam de Nisau

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