Deutsche Redaktion

„Symbolisches Treffen in schwierigen Zeiten"

02.09.2025 13:30
Die Unterstützung des US-Präsidenten für die Regierung Netanjahu ist umfassend. Donald Trump könnte von seinen Verbündeten verlangen, ein Auge auf die massenhaften Vertreibungen von Palästinensern zuzudrücken. Könnte ein Abzug der US-Truppen von der NATO-Ostflanke drohen? Und: Erstmals seit dem Mauerfall verlassen mehr Polen Deutschland als dorthin zuziehen. Mehr dazu in der Presseschau.
Am Montag, unmittelbar nach dem Gedenken zum 86. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs, haben sich Prsident Karol Nawrocki und Ministerprsident Donald Tusk getroffen. Hauptthema des Gesprchs war der fr Mittwoch geplante Besuch des polnischen Prsidenten im Weien Haus und das Treffen mit Donald Trump.
Am Montag, unmittelbar nach dem Gedenken zum 86. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs, haben sich Präsident Karol Nawrocki und Ministerpräsident Donald Tusk getroffen. Hauptthema des Gesprächs war der für Mittwoch geplante Besuch des polnischen Präsidenten im Weißen Haus und das Treffen mit Donald Trump. PAP/Adam Warżawa

Rzeczpospolita: Symbolisches Treffen in schwierigen Zeiten
Am Montag, unmittelbar nach dem Gedenken zum 86. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs, haben sich Präsident Karol Nawrocki und Ministerpräsident Donald Tusk getroffen. Hauptthema des Gesprächs war der für Mittwoch geplante Besuch des polnischen Präsidenten im Weißen Haus und das Treffen mit Donald Trump.

Wie Michał Szułdrzyński in der liberal-konservativen Rzeczpospolita schreibt, seien die Umstände dieses Treffens von besonderer Symbolik: Nach einem peinlichen Streit, der in den vergangenen Tagen die Würde des polnischen Staates belastet habe, sprachen Premier und Präsident am Jahrestag eines historischen Ereignisses über fundamentale Fragen der Sicherheit Polens. Damit sollten alle inneren Konflikte und Spannungen verblassen.

Doch die Spannungen verblassen nicht, heißt es weiter. Die gegenseitigen Spitzen aus dem Umfeld des Präsidenten und der Regierung würden in den vergangenen Tagen den Eindruck vermitteln, dass im politischen Streit die wichtigsten Fragen untergehen. Ein besonders schmerzhaftes Beispiel sei das Durchsickern der Instruktionen des Außenministeriums für Präsident Nawrocki zu den Gesprächen mit Donald Trump. Nach Ansicht des Autors müsse jedoch vor allem Nawrocki und sein Umfeld verstehen: die Regierung und das Außenministerium bestimmen die Außenpolitik des Staates. Auch wenn das Präsidentenlager mit der Haltung der Regierung zum geplanten Treffen der beiden Staatschefs unzufrieden sei.

Doch es gilt auch umgekehrt, fährt der Autor fort. Die Regierungsseite müsse bedenken, dass nicht jede Gelegenheit, Präsident Nawrocki eins auszuwischen, im Interesse Polens liege. Die Regierungskoalition sollte sich die Worte des Premiers auf der Westerplatte über die Notwendigkeit der Einheit zu Herzen nehmen.

In dieser Frage sei gesunder Menschenverstand gefragt, lesen wir. Wie kürzlich Sejm-Vizepräsident Piotr Zgorzelski von der Bauernpartei PSL in einem Interview erklärt habe, wäre das Beste für Polen die Zusammenarbeit von Präsident und Premier in den Bereichen, in denen sie ihre größten Kompetenzen haben. Karol Nawrocki pflege gute Beziehungen zu Donald Trump, Donald Tusk zur Europäischen Union. Anstelle von Konflikten wäre also Synergie gefragt. Wie Michał Szułdrzyński abschließend schreibt, scheine die Bauernpartei mit ihrer über hundertjährigen Tradition deutlich stärker die Staatsinteressen zu verfolgen. Ganz im Gegenteil zu den tief in politischen Grabenkämpfen steckenden Vertreter der am stärksten polarisierten Lager auf der politischen Szene Polens.

Rzeczpospolita: Donald Trump baut „Groß-Israel“. Muss Polen das unterstützen?

Die mögliche Zukunft der Palästinenser ist ebenfalls Thema in der heutigen Rzeczpospolita. Hierzu füge sich alles so langsam zu einem klaren Bild zusammen, auch wenn die Signale über die Zukunft, die Amerika unter Trump gemeinsam mit Netanjahu für die Palästinenser bereite, zunächst nicht wie ein durchdachter Plan wirke, schreibt Jerzy Haszyzński im Blatt. Offensichtlich gehe es darum, einen palästinensischen Staat unmöglich zu machen. In Gaza, das einst ein sicherer Teil davon schien, sollen Palästinenser kaum oder gar nicht mehr vorhanden sein. Sie sollen schlicht entfernt werden. Grundsätzlich gelte: Was Netanjahu gefalle, gefalle auch Trump. Differenzen würden hier nur selten auftreten und keine wirklich wichtigen Fragen betreffen, so der Autor.

Der Plan zur Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen bleibe weiterhin aktuell, lesen wir. Der US-Zeitung "The Washington Post" zufolge soll auf den Trümmern des Gazastreifens ein hochmodernes Gebiet unter US-Treuhandverwaltung entstehen. Das Projekt sehe große Investitionen in erstklassige touristische Einrichtungen und den Bau mehrerer Smart Cities vor. Eine Präsenz der derzeit rund 2,2 Millionen Palästinenser sei hingegen nicht vorgesehen, lesen wir. Sie sollen „freiwillig“ und möglicherweise „nur vorübergehend“ umgesiedelt werden, wofür jeder zunächst 5.000 US-Dollar erhalten könnte. Anschließend sollen sie vier Jahre lang an ihrem neuen Aufenthaltsort wohnen und sich verpflegen, finanziert von den USA und deren „internationalen Partnern“.

Die internationale Gemeinschaft kenne bislang die Auswirkungen der israelischen Versorgungspolitik für die Bewohner Gazas: Zweieinhalb Monate lang gab es überhaupt keine Lebensmittel. Selbst Trump wüsste, dass dort Hunger herrsche. Ein großer Teil der Häuser und die Mehrheit der Schulen liegen in Trümmern. Unter diesen Bedingungen könne nicht von einer „freiwilligen“ Entscheidung zur Auswanderung die Rede sein, fährt Haszczyński fort. Die Erzwingung einer Vertreibung indes würde gegen das Völkerrecht verstoßen. Schon ohne den geplanten „Transfer“ der Palästinenser aus Gaza werden Israel Kriegsverbrechen vorgeworfen. Fast die gesamte Welt fürchte, dass Israel durch sein Vorgehen im Gazastreifen und im Westjordanland keinen Platz für einen palästinensischen Staat lasse. Die USA unter Trump unterstützen dies nachdrücklich – unter anderem durch milliardenschwere Waffenlieferungen, heißt es im Blatt.

Alles passe auch in die kürzlich vom Premier Netanjahu bekräftigte Idee eines „Groß-Israel“ ein. Sollte es entstehen, würde es deutlich größer sein als die international anerkannten Grenzen Israels. Geht es nach dem Autor sei dies eine Anspielung auf weitere Eroberungen, Annexionen und Besatzung.

Trump indes sehe offenbar nichts Problematisches daran, Grenzen zu verschieben. Er treffe mit Leichtigkeit Entscheidungen über das Schicksal von Hunderttausenden Menschen. Fraglich bleibe, lesen wir am Schluss, ob er von den europäischen Verbündeten, einschließlich Polen, verlangen könnte, die „freiwillige“ Migration der Palästinenser anzuerkennen. Könnte er mit dem Druckmittel eines Abzugs der US-Truppen von der NATO-Ostflanke drohen, lautet Jerzy Haszczyńskis Frage als Fazit im Blatt.

Times: Immer mehr Polen verlassen Deutschland
Polnische Medien zitieren Daten der britischen Zeitung, wonach im vergangenen Jahr über 76.000 Polen nach Deutschland gekommen seien, während mehr als 88.000 das Land verlassen hätten – ein Minus von über 12.000 Personen. Seit Polens EU-Beitritt 2004 wird geschätzt, dass über 2,5 Millionen Polen nach Deutschland gezogen sind, im Durchschnitt also mehr als 120.000 pro Jahr.  Wie wir lesen, gebe es viele Gründe für die Rückkehr nach Polen. „Heimweh, die anhaltende Wirtschaftskrise in Deutschland, die unaufhörliche Dynamik der polnischen Wirtschaft, Frustration über die deutsche Bürokratie und die Starrheit des Sozialwesens sowie das großzügige Sozialpaket der polnischen Regierung“, soll die „Times" demnach auflisten.

Der Zeitung zufolge soll die große Zahl der nach Polen zurückkehrenden Polen die rechtsextreme AfD beunruhigen. Im Gespräch mit der „Times" soll deren Vertreter Oskar Lipp aus Bayern erklären, Deutschland scheine jetzt in den Augen vieler Polen wie ein gescheiterter Staat. Seiner Ansicht nach würden heute hart arbeitende Polen zurückkehren, weil Polen ein jährliches Wirtschaftswachstum von rund 5 Prozent aufrechterhalten könne.

Dr. Andrzej Kałuża vom Deutschen Institut für Polnische Angelegenheiten in Darmstadt soll dies bestätigten, heißt es weiter. Seiner Ansicht nach gebe es derzeit in Deutschland nicht allzu viele Anreize für Polen. „Polen müssen nicht ins Ausland gehen, um zu arbeiten. In Polen gibt es praktisch keine Arbeitslosigkeit. Viele denken: ‚Selbst wenn ich in Deutschland etwas mehr verdiene, habe ich höhere Kosten‘“, erklärt der Experte der britischen Zeitung

Wie die „Times" berichte, könne ein qualifizierter Arbeitnehmer in Warschau heute ein Gehalt erwarten, das kaum niedriger sei als in Berlin. Mieten, Verpflegung und Kinderbetreuung in der polnischen Hauptstadt würden zudem allerdings günstiger bleiben. 2004 lag das durchschnittliche Jahresgehalt in Deutschland bei rund 30.000 Euro, in Polen bei 6.000 Euro. Mit den heutigen Gehältern von 48.000 Euro in Deutschland und fast 25.000 Euro in Polen habe sich das Verhältnis von fünf zu eins auf etwa zwei zu eins verringert.

Ein polnischer Beamter für Migration habe der Zeitung  gesagt, dass die Rückkehr von Expats helfen könnte, den Arbeitskräftemangel in Polen abzumildern: „Wir haben einen der stärksten Arbeitsmärkte in der Europäischen Union. Und seit etwa zwei Jahren zählen wir zu den Ländern mit der niedrigsten Arbeitslosenquote in Europa“, zitiert das britische Blatt am Schluss den Beamten.

Autor: Piotr Siemiński

Israel am Scheideweg – Eine moralische Niederlage mit langfristigen Folgen

02.08.2025 08:04
Israel steht an einem entscheidenden Wendepunkt. Nicht, weil es gegen die Hamas im Gazastreifen unterliegen könnte. Sondern weil es Gefahr läuft, eine weitaus tiefgreifendere Niederlage zu erleiden: eine moralische. Diese könnte die künftige Identität Israels, das Selbstverständnis seiner Bevölkerung und die internationale Wahrnehmung des Landes nachhaltig erschüttern, schreibt in seinem Kommentar für den Auslandsdienst des Polnischen Rundfunks der Nahost-Experte Dr. Witold Repetowicz.

"Polnisch-polnischer Krieg oder polnische Pflichten"

06.08.2025 11:45
Der scheidende und künftige Staatspräsident Polens dominieren heute die Titelseiten der Tagesblätter. Die liberalen Medien ziehen eine bittere Bilanz der 10-jährigen Amtszeit von Andrzej Duda. Auch die Zukunft unter Nawrocki dürfte laut den meisten im Zeichen eines harten Konflikts zwischen Regierung und Präsidentenpalast stehen. Die Unterschiede zwischen Nawrocki und Tusk könnten in der Außenpolitik allerdings auch Chancen bieten.

Außenministerium: Israels Pläne im Westjordanland verstoßen gegen Völkerrecht

22.08.2025 11:10
Das polnische Außenministerium hat die Entscheidung der israelischen Regierung kritisiert, im Gebiet E1 auf dem besetzten Westjordanland neue Siedlungen zu errichten. Polen bekräftigte zugleich seine Unterstützung für eine Zweistaatenlösung auf Grundlage der Grenzen von 1967 und der Resolutionen des UN-Sicherheitsrats.

Präsident Nawrocki fordert von Deutschland Reparationszahlungen

01.09.2025 07:08
Der polnische Präsident hat bei einer Gedenkveranstaltung auf der Westerplatte erneut Reparationszahlungen von Deutschland gefordert. „Um eine auf den Fundamenten der Wahrheit basierende Partnerschaft aufbauen zu können, müssen wir die Frage der Reparationen von Deutschland klären, die ich als Präsident fordere“, sagte Karol Nawrocki am Montag anlässlich des 86. Jahrestags des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs.

Tusk warnt auf Westerplatte: „Wir müssen verstehen, woher die Bedrohung kommt“

01.09.2025 10:19
Mit einem eindringlichen Appell an Geschlossenheit und Wachsamkeit hat Polens Ministerpräsident Donald Tusk am Montag auf der Westerplatte in Danzig an den 86. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen erinnert. „Wir müssen verstehen, wer der Feind und wer der Verbündete ist. Wir müssen verstehen, woher heute die Bedrohung kommt und mit wem wir uns im Bemühen um die Verteidigung Polens und der gesamten westlichen Welt zusammenschließen sollten“, sagte Tusk.