Rzeczpospolita: Das Schicksal der Migranten wird Polen belasten
Polen werde zunehmend, gegen den eigenen Willen, in eine Humanitärkatastrophe an seiner östlichen Grenze hineingezogen, schreibt in der aktuellen Ausgabe der Publizist der konservativ-liberalen Rzeczpospolita, Jędrzej Bielecki. Am Montag hätten sich, wie der Autor erinnert, bis zu Tausend Migranten am Grenzübergang in Kuźnica versammelt. Sie seien von belarussischen Beamten an den Übergang gebracht worden. Über ihnen seien immer wieder Schüsse zu hören gewesen, vermutlich habe es sich um blinde Patronen gehandelt. Lukaschenka, so Bielecki, wolle offenbar den Druck auf Polen um ein Vielfaches erhöhen. Er scheine sich aber auch für eine lange Bataille zu wappnen.
Und für die sich mit den sinkenden Temperaturen immer deutlicher abzeichnende Humanitärkatastrophe, so der Autor, werde, neben Belarus, auch Polen verantwortlich gemacht werden. Bisher würde die EU Polen zwar mit weiteren Sanktionen gegen das Regime von Lukaschenka unterstützen. Doch in Minsk würden ständig neue Flugzeuge mit Migranten eintreffen, die von einem besseren Leben in der EU träumen.
Das wahrscheinlichste Szenario laut Gerald Knaus, dessen Plan der Migrationskrise 2015 ein Ende bereitet habe: Irgendwann, so der Experte, werde sich Deutschland bereit erklären, die Migranten aufzunehmen, die schon in Belarus seien. Allerdings unter der Bedingung, dass die EU zuvor einen Plan mit der Ukraine und mit Moldawien aushandelt, der es ermöglicht, alle Migranten, die sich ab einem gewissen Datum vom belarussischen Regime betrügen lassen, in ihre Heimat zurückzuschicken, zitiert Jędrzej Bielecki in seinem Artikel für die Rzeczpospolita Gerald Knaus.
Gazeta Wyborcza: Die Regierung erwägt Zensur
Der Publizist der linksliberalen Gazeta Wyborcza Roman Imielski kritisiert in der aktuellen Ausgabe die Informationspolitik der Regierung in der Migrationskrise. Zuerst, so der Autor, hätten die Behörden die Medien mit der Einführung des Ausnahmezustands aus dem Grenzstreifen verbannt. Nun, so Imielski, sehne sich die Regierung offenbar nach Zensur. Das gehe direkt aus der gestrigen Aussage von Vize-Justizminister Marcin Przydacz hervor, der in einem Radiointerview betont habe, dass nicht der Zugang von Medien zu einem bestimmten Ort, sondern ihre Berichterstattung von kardinaler Bedeutung sei. Kurz gesagt: auch wenn Journalisten an die Grenze zugelassen würden, sollten sie so berichten, wie es die Regierung wolle. Und was, so Imielski, wenn die Medien nicht im Propaganda-Chor mitsingen und statt nur über die Verbrechen von Lukaschenka und Putin, beispielsweise auch über die Humanitärkrise schreiben wollen? Wenn sie statt der anonymen Masse von Migranten, auch konkrete verzweifelte Menschen poträtieren, die an der Grenze festsitzen? Würden die Medien, die diese Perspektive einnehmen, ihre Passierscheine verlieren? Einen Vorwand zu finden, sei in der aktuellen Situation nicht schwierig. Schließlich habe Regierungschef Morawiecki im Sejm gesagt, dass die USA den Krieg in Vietnam unter anderem wegen den Medien verloren haben, die über den Konflikt berichtet haben und sich nicht an die korrekte Botschaft anpassen wollten, so Roman Imielski in der Gazeta Wyborcza.
Gazeta Polska Codziennie: Konzert für Lukaschenka
Und die regierungsnahe Gazeta Polska Codziennie prangert in ihrem heutigen Aufmacher polnische Celebrities an. Der Grund: Diese würden, wie wir in dem Artikel lesen, von Beginn an aktiv am Informationskrieg zur Migrationskrise teilnehmen. Nur ein Beispiel: Ein Teil von ihnen würde heute an einem Konzert teilnehmen, dessen Organisatoren um die Einrichtung von humanitären Korridoren und damit, so wörtlich um die “‘Erfüllung des Traums von Lukaschenka” appellieren. Zudem würden sie auch die Zulassung von NGO´s zum Grenzgebiet fordern. Was die Folgen eines solchen Schritts und des freien Zugangs von Medien seien, das, so die Zeitung, hätten wir schon im August erleben können, als an der Grenze regelmäßige gemeinsame PR-Aktionen von Politikern und Medien stattgefunden hätten. Polnische Aktivisten hätten damals versucht, den provisorischen Zaun zu demontieren, der die illegale Grenzüberschreitung erschweren soll.
Die Regierung, informiert die Zeitung, arbeite derzeit an Vorschriften, die den Zugang von Journalisten zum Grenzstreifen regeln soll. Gestern seien an der Grenze zwei Journalisten der französischen Filiale des russischen Propaganda-Senders Russia Today gefasst worden, so Gazeta Polska Codziennie.
Autor: Adam de Nisau