RZECZPOSPOLITA: Wie Deutschland meisterhaft die EU beinflusst
Die weitere Integration der Europäischen Union bedeute noch lange nicht, dass Berlin Hand in Hand mit Paris die Entstehung einer europäischen Föderation verkünden werde, schreibt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Philosoph, Professor Marek A. Cichocki. Während der Merkel-Ära habe man sich mehr und mehr vergegenwärtigt, wie stark der Einfluss der deutschen Politik auf das europäische Geschehen geworden war. Das noch in den 90-er Jahren bestehende Gleichgewicht zwischen Berlin, Paris und London habe sich schnell als ein veraltetes Model erwiesen. Man habe deshalb nach neuen Formeln gesucht, die die neue Rolle der Bundesrepublik erklären würden. Man habe Deutschland deshalb unter anderem als einen Hegemonen wider Willen bezeichnet. Das Problem dieser und ähnlicher Bezeichnungen habe darin bestanden, dass sie von dem eigentlichen Einfluss Berlins auf die Situation in Europa ablenken sollten. In den Merkel-Zeiten sei die Bundesrepublik übrigens zu einem Meister des versteckten Einflusses geworden, schreibt Cichocki.
Diesen Einfluss übe Deutschland unter anderen durch eine starke Präsenz in den EU-Institutionen aus. Das führe zu gewaltigen Veränderungen, die zum Wesen der europäischen Integration werden. Mit diesen Veränderungen meint der Autor unter anderem die europäische Gemeinschaftswährung, sowie die besonders in letzter Zeit sehr ambitionierte Klimapolitik.
Angesichts des meisterhaft versteckten Einflusses bleibe das Beispiel Nord-Stream-2 weiterhin ein Rätsel. Gerade in diesem Fall habe sich Berlin zu einem ganz offenen, wenn nicht gar, zu einem schamlosen Spiel entschlossen. Vielleicht wollte die Regierung zeigen, dass die europäische Ostpolitik zum deutschen Interessenbereich gehöre, spekuliert Cichocki. Diese brutale Offenheit werde man deutschen Politikern in Polen lange nicht vergessen. Geht es aber um künftige Europapolitik, gehe der Autor davon aus, dass das Verheimlichen des eigenen Einflusses weiterhin eine politische Doktrin bleiben werde. Deshalb müsse der breit an der Weichsel kommentierte Punkt des Koalitionsvertrages, der eine tiefgründige europäisch Integration vorsieht, nicht dazu führen, dass Berlin und Paris eine neue europäische Föderation beschwören würden. Vielmehr werde Deutschland seinen stillen Einfluss weiterhin auszubauen versuchen, urteilt Marek A. Cichocki im Blatt Rzeczpospolita.
DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Auf der Suche nach einem Kandidaten
Die polnische Linke greift eine Idee auf, die bereits immer wieder in politischen Diskussionen auftaucht. In einem Gespräch mit der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna sagt der Abgeordnete der Linken, Krzysztof Gawkowski, dass sich alle oppositionelle Gruppierungen auf einen gemeinsamen Kandidaten für den Posten des künftigen Premierministers entscheiden sollten. Die Linke sei auf einen solchen Schritt bereit. Ein gemeinsamer Kandidat wäre ein Signal für die Wählerschaft, dass die Opposition nach einem Wahlsieg bereit wäre, eine gemeinsame Regierung zu bilden.
Auf die Frage, welcher Politiker akzeptabel wären, antwortete Gawkowski, dass die besten Karten immer die stärkste Partei in der Hand habe. Er gäbe zu, dass es in der Bürgerplattform (PO) einige Politiker gäbe, die die Führung übernehmen könnten. Aber auch andere Parteien hätten einiges zu sagen: darunter die Linken. Der wichtigste Punkt sei nach Gawkowski momentan, eine breite Verständigung der oppositionellen Gruppierungen. Über Einzelheiten könne man nach den Wahlen diskutieren, so der Politiker im Blatt Dziennik/Gazeta Prawna.
SUPER EXPRESS: Weniger Geld für den Deutschunterricht
Das polnische Parlament habe letzte Woche eine Kürzung der Finanzierung des muttersprachlichen Unterrichts für die deutsche Minderheit beschlossen, berichtet am Montag die Wochenzeitschrift Do Rzeczy. Offenbar gehe es darum, den Druck auf Deutschland zu erhöhen.
Bildungsminister Przemysław Czarnek sagte im Sejm, es könne nicht sein, dass Warschau 55 Millionen Euro für die deutsche Minderheit und die deutsche Sprache zahle, aber die Regierung in Deutschland, wo mehr als zwei Millionen Polen lebten, keinen Euro für die polnische Minderheit ausgebe.
Die Reaktion aus Berlin sei sehr zurückhaltend – man habe die Entscheidung zur Kenntnis genommen, heißt es. Zugleich habe man unterstrichen, dass sowohl der Bundeskanzler als auch die neue Außenministerin bei ihren Visiten in Warschau dieses Thema erörtert hätten, lesen wir in der Wochenzeitschrift Do Rzeczy.
Jakub Kukla