Deutsche Redaktion

"Zurück in die erste Liga"

02.02.2022 12:38
Das konzipierte britisch-polnisch-ukrainische Bündnis könnte eine wichtige Rolle dabei spielen, die Schlagkraft des Westens angesichts der russischen Bedrohung zu verringern, schreibt die Rzeczpospolita. 
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Dziennik/Gazeta PrawnaDudas olympische Diplomatie mit Xi Jinping 

Das Blatt Dziennik/Gazeta Prawna schreibt am Mittwoch über das geplante Treffen zwischen dem polnischen und chinesischen Präsidenten bei den Olympischen Spielen in Peking. Duda wolle demnach Xi Jinping auffordern, Wladimir Putin zu einem Umdenken in seiner Politik gegenüber der Ukraine zu bewegen. Vorbereitet werde auch ein Treffen zwischen Andrzej Duda und dem kasachischen Präsidenten. Das Peking-Format", schreibt die Zeitung über Dudas Initiative, würde auch die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit einbeziehen, der acht ehemalige Sowjetstaaten angehören. 

Polnische Diplomaten argumentieren in einem Interview mit dem Blatt, die Ukraine sei Teil der neuen Seidenstraße. Aus diesem Grund sei Peking an der Stabilität dieses Landes interessiert. Die Zahl der Waren, die auf dem Landweg über die Ukraine nach Europa geliefert werden, heißt es, steige nämlich von Jahr zu Jahr. Ein Krieg würde daher für China unklug sein. 

Xi Jinping, fährt das Blatt fort, sei deshalb die letzte Chance, einen Weg zu finden, damit sich Wladimir Putin, ohne sein Gesicht zu verlieren, zurückziehen könne. Sollte dies nicht gelingen, sei damit zu rechnen, dass die Feindseligkeiten im Donbass nach den Olympischen Spielen in Peking beginnen. 

Weder die NATO noch die USA würden mit einer Pistole an der Schläfe Moskau etwas anbieten. Denn dies wäre ein fataler Präzedenzfall, den Russland in Zukunft gerne wiederholen würde. Wenn jemand in der Lage sei, Putin davon zu überzeugen, einen Schritt zurückzutreten, dann sei es Xi Jinping. 

Rzeczpospolita: Zurück in die erste Liga

Die Rzeczpospolita schreibt indes über eine zweite Initiative, an der Polen ebenfalls teilnehme. Das konzipierte britisch-polnisch-ukrainische Bündnis könnte eine wichtige Rolle dabei spielen, die Schlagkraft des Westens angesichts der russischen Bedrohung zu verringern.

Die Zeitung lobt, dass die polnische Regierung trotz des Austritts Großbritanniens aus der EU weiterhin auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Inselstaat setzte. Darüber hinaus, heißt es, habe die vor kurzem angekündigte Waffenhilfe für die Ukraine Polen in die erste Liga der Verbündeten befördert. Einige westliche Länder, darunter auch Deutschland, lehnen eine solche Unterstützung ab. Sie befürchten, so das Blatt, damit den Kreml zu provozieren oder wirtschaftliche Interessen gegenüber Russland zu torpedieren.

Polen habe lange gezögert, seinem Nachbarn zu helfen. Doch jetzt, schreibt das Blatt, sei es zu einem der engagiertesten Verbündeten Kiews geworden. Der Leiter der ukrainischen Diplomatie, Dmytro Kuleba, habe in einem Interview mit der Rzeczpospolita betont, es bestehe kein Zweifel, dass Polen alles tue, um die Ukraine in der gegenwärtigen Situation zu stärken. Polens Militärhilfe solle auch durch Gaslieferungen ergänzt werden, für den Fall, dass Russland Kiew den Hahn zudrehe. Noch wichtiger, sei aber die politische Demonstration: Indem Warschau sich London anschließe, zeige es, dass es in der Ukraine-Krise einen viel radikaleren Kurs eingeschlagen habe als Paris und Berlin.

Die Zeitung stellt fest, dass die Spaltung auch anderswo spürbar sei. Ungarns Ministerpräsident, der in anderen Fragen mit der polnischen Regierung verbündet sei, habe kürzlich Moskau besucht und sich für das billige russische Gas und Impfstoffe bedankt. Es sei offensichtlich, heißt es, dass Warschau und Budapest im Bereich der Sicherheit deutlich auseinanderklaffen. Trotzdem heiße dies nicht, dass Ungarn die größte Bedrohung für eine Lockerung der Sanktionen gegen Russland darstelle. Bei den führenden Akteuren, vor allem bei Deutschland, würden in dieser Frage weiterhin die größten Zweifel bestehen.

Der Spiegel: Wer die Ukraine nicht bewaffnet, ist für den Krieg 

Der ehemalige Chef der polnischen Diplomatie, Radosław Sikorski, kritisiert die deutsche Haltung in der Ukraine-Krise in dem Wochenmagazin „Der Spiegel“. Er richtet einen Weckruf aus dem strategischen Dornröschenschlaf an Deutschland. 

In einem Artikel, der in der Online-Ausgabe erschienen ist, erinnere Radosław Sikorski an seine Berliner Rede vor zehn Jahren. Während der Finanzkrise habe er zugegeben, dass er die deutsche Untätigkeit mehr fürchte als deutsche Macht und deutschen Einfluss. Inmitten der aktuellen Ukraine-Krise könne man allerdings nicht so ganz von deutschem Nichtstun sprechen, so Sikorski. Schließlich hätten die Deutschen den Bau der Gasleitung Nord Stream 2 tatkräftig vorangetrieben und abgeschlossen. Sie würden auch gegenüber einem von der russischen Invasion bedrohten demokratischen UN-Mitgliedstaat, der Ukraine, untätig bleiben. 

Der ehemalige Leiter der polnischen Diplomatie erklärt des Weiteren, dass die Krise um die Ukraine ihre Wurzeln zum Teil in der Außenpolitik Deutschlands und Frankreichs habe. Seiner Ansicht nach hätten beide Länder gegen den Grundsatz des Lissabon-Vertrags verstoßen, dass die EU-Staaten ihre strategischen Ziele und Sicherheitsinteressen gemeinsam festlegen.
Stattdessen hätten sie das sogenannte Normandie-Format und das Minsker Abkommen mit der Ukraine und Russland geschlossen. Paris und Berlin, die größten EU-Staaten, hätten es auf sich genommen, den Konflikt zu lösen. Länder wie Polen, die direkt an die Krisenregion angrenzen, heißt es im Blatt, seien nicht beteiligt worden. Und das, obwohl sie am meisten zu verlieren hätten. 

Es sei deshalb höchste Zeit, erklärt Sikorski abschließend, dass Deutschland sein geopolitisches Denken grundlegend neu definiere. Er fordere auch, dass die EU echte Verteidigungskompetenzen entwickele.

Gazeta Polska Codziennie: Internationaler Krieg um Geld und Einfluss 

Die regierungsnahe Zeitung GPC schreibt am Mittwoch über die Abhör-Affäre, wonach Polens Oppositionspolitiker von der Regierungspartei abgelauscht worden seien. Von Tag zu Tag werde aber deutlicher, dass die sog. Pegasus-Affäre ein Schlüsselelement im Krieg zwischen der amerikanischen Big Tech und dem israelischen Hersteller des Systems sei. Sowohl Apple als auch Facebook (Eigentümer des WhatsApp-Messengers) sollen von dem Unternehmen Schadenersatz in Millionenhöhe fordern. Beide Unternehmen sollen beweisen, dass Pegasus eine Waffe zur Terrorbekämpfung sei. In Wahrheit, heißt es, soll das Abhörsystem aber zur illegalen Überwachung von Journalisten und Oppositionellen eingesetzt worden sein. Dies werde durch zahlreiche Artikel belegt, so GPC, die in den Medien in aller Welt, auch in Polen, erschienen seien.

In Polen, fährt das Blatt fort, habe das Thema Schlagzeilen gemacht, weil es von der Opposition als Waffe gegen die Regierung eingesetzt werde. Dies sei also kein Zufall. Es sei nur bedauerlich, dass Polen wieder einmal von einem Splitter des internationalen Krieges um Geld und Einfluss getroffen worden sei. Denn nicht nur Deutschland oder Spanien hätten Pegasus, sondern auch die Vereinigten Staaten, insbesondere das FBI. Polens Opposition würde also niemals auf den Gedanken kommen, lautet das Fazit in der Zeitung, dass das israelische Abhörsystem in solchen Staaten aus irgendeinem Grund jemals eingesetzt werden könnte.

Piotr Siemiński