Deutsche Redaktion

"Krieg immer näher"

22.02.2022 09:35
Die Publizisten sind sich einig: Putins Schritt rückt die Gefahr eines Krieges näher. Man könne gar sagen, der Krieg hat soeben begonnen. Die aktuelle Meinungslage zur Krise rund um die Ukraine in der Presseschau.
Dzisiejsza Ukraina  jak mówił Władimir Putin podczas telewizyjnego wystąpienia  znajduje się pod zarządem zewnętrznym i została sprowadzona do poziomu kolonii z marionetkowym reżimem.
Dzisiejsza Ukraina – jak mówił Władimir Putin podczas telewizyjnego wystąpienia – znajduje się "pod zarządem zewnętrznym" i "została sprowadzona do poziomu kolonii z marionetkowym reżimem".PAP/TASS/Alexei Nikolsky

RZECZPOSPOLITA: Krieg immer näher

Russland hat die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine als unabhängig anerkannt. Präsident Wladimir Putin hat nach einer Fernsehansprache ein entsprechendes Dekret unterzeichnet, erinnert in ihrem heutigen Aufmacher die konservativ-liberale Tageszeitung Rzeczpospolita. Ein solcher Schritt, so die Zeitung, werde es Putin ermöglichen, russische Truppen in den Gebieten zu stationieren. Er sei zuversichtlich, dass die russische Bevölkerung seine Entscheidung unterstütze, sagte Russlands Präsident. Vor der Ansprache habe Putin Bundeskanzler Olaf Scholz über seine Pläne informiert, teilte der Kreml mit. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sei über die Pläne informiert worden. Beide hätten enttäuscht reagiert.

Putins Schritt rücke die Gefahr eines Krieges näher, schreibt in seiner Stellungnahme zum Thema der Publizist der Rzeczpospolita, Jędrzej Bielecki. Es, so der Autor, sei wahrscheinlich, dass Moskau seine Truppen relativ schnell nach der Anerkennung der selbst ernannten Republiken dorthin entsenden werde. Gleichzeitig halte der Westen die Volksrepubliken Luhansk und Donezk weiterhin für ukrainisches Territorium. Den Einmarsch des russischen Militärs müsste die Nato also als eine Aggression auf die Ukraine interpretieren und weitere Sanktionen gegen Russland einführen. Ein solcher Schritt würde aber den Weg zu Verhandlungen sperren, was Frankreich und Deutschland nicht zulassen wollten. Auf der anderen Seite würde das Ausbleiben einer Reaktion jedoch die Glaubwürdigkeit des transatlantischen Bündnisses infrage stellen, lesen wir.

Der Einmarsch der russischen Truppen in die beiden Volksrepubliken erhöhe die Gefahr eines regulären Krieges zwischen Russland und der Ukraine. Diese Auseinandersetzung könnte wiederum sehr schnell zu einem großangelegten Konflikt eskalieren. Bislang habe Moskau wiederholt, dass es mit den Separatisten nichts gemein habe. Auch wenn man diesen Erklärungen keinen Glauben geschenkt habe, hätten sie eine Art Sicherheitsnetz dargestellt, falls die Situation außer Kontrolle geraten sollte. Es könnte sein, so Bielecki weiter, dass Putin mit seinem Verhalten einfach Druck auf den amerikanischen Präsidenten vor dem nächsten Treffen der beiden Politiker ausüben wolle. Doch die Chance, dass man mit solchen Tricks den Krieg werde vermeiden können, sei eher gering.

In seiner Fernsehansprache zur Lage an die Nation habe Putin den Osten der Ukraine als historisch russisches Gebiet bezeichnet. Die Ukraine sei ein integraler Bestandteil der eigenen Geschichte, sagte er und sprach der Ukraine ab, eine eigene Staatstradition zu haben. Dem Land sei es nie gelungen, einen stabilen Staat zu schaffen. Deshalb habe sich die Ukraine auf andere Länder, wie die USA verlassen müssen. Die ukrainischen Behörden seien von Nationalismus und Korruption verunreinigt, das Land befinde sich in den Händen von oligarchischen Clans. Zudem sprach Putin, trotz fehlender Beweise, von einem Genozid am russischstämmigen Volk in der Ostukraine, schreibt Jędrzej Bielecki.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Szenario aus dem Jahr 2008 wiederholt sich

Zu der Fernsehansprache von Wladimir Putin hat auch der ukrainische Botschafter in Polen, Andrij Deszczyca Stellung bezogen. Geht es nach dem Diplomaten, sei die Anerkennung der Unabhängigkeit der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk ein Beweis für die faktische Besatzung eines Teils der Ukraine und ein Verstoß gegen das Abkommen von Minsk, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Diese Verhaltensweise erinnere ihn an die Situation aus Georgien aus dem Jahr 2008, sagt der Diplomat. Sofort nach der Anerkennung ihrer Unabhängigkeit, würden die beiden Republiken Russland mit Sicherheit um militärische Unterstützung bitten. Damit werde ein rechtlicher Rahmen für die Einführung von russischen Truppen auf ukrainisches Staatsgebiet entstehen. Wenn die Welt Putins verhalten in Bezug auf Luhansk und Donezk akzeptieren werde, werde er einen noch größeren Appetit bekommen.

In einem Gespräch mit polnischen Medien gab der Botschafter zu, dass sich angesichts der letzten Ereignisse viele Ukrainer im Stich gelassen fühlten. Man wolle die Ukraine in die Nato nicht aufnehmen, vor wenigen Jahren habe Russland die Halbinsel Krim annektiert, nun könnte das gleiche mit zwei weiteren Republiken passieren und Kiew habe keinerlei Sicherheitsgarantien. Dies sei sehr enttäuschend, sagt Andrij Deszczyca.

SUPER EXPRESS: Rhetorische Einigkeit

Das Blatt Super Express spricht Klartext: Krieg! - schreit ein großer Titel auf der ersten Seite der Tageszeitung. Die ganze Welt blicke beunruhigt auf die Ukraine. Ein regulärer Krieg könnte dort jeden Moment ausbrechen. Neben Kiew könnten auch andere ukrainische Städte zum Ziel der russischen Armee werden, lesen wir. Deutschland, die USA und Frankreich hätten die Anerkennung der Unabhängigkeit der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine scharf verurteilt und eine gemeinsame Reaktion angekündigt. Die Regierungschefs der drei Länder seien sich in einem Gespräch einig gewesen, dass es sich um einen „klaren Bruch des Minsker Abkommens“ für die Ostukraine handele. Dieser Schritt werde nicht unbeantwortet bleiben, heißt es. In ähnlichem Ton spreche sich auch der polnische Staatspräsident Andrzej Duda aus, der meint, man müsse hart antworten und die Ukraine mit allen politischen Mitteln verteidigen. Deshalb spreche sich Polens Staatspräsident für die sofortige Einführung von Sanktionen aus, lesen wir in der Tageszeitung Super Express.

 

Autor: Jakub Kukla