Deutsche Redaktion

"Ideologie durch die Hintertür" oder "Gamechanger" - Streit um neues Schulfach

25.09.2025 11:48
Mit Beginn des neuen Schuljahres ersetzt das Fach Gesundheitserziehung den bisherigen Unterricht in Familienerziehung. Auch wenn es kein Pflichtfach ist, sorgt der Lehrplan, vor allem zum Kernmodul "sexuelle Gesundheit" für heftige Kontroversen. Außerdem: Europäische Zentralbank rät Haushalten, Bargeldreserven anzulegen. Und: Krakau plant seine erste U-Bahn.
Edukacja zdrowotna nie jest przedmiotem obowiązkowym
Edukacja zdrowotna nie jest przedmiotem obowiązkowym Shutterstock/Oksana Kuzmina

eDZIECKO.PL: Streit um neues Schulfach

Mit Beginn des neuen Schuljahres ersetzt das Fach Gesundheitserziehung den bisherigen Unterricht in Familienerziehung, berichtet das Portal eDziecko.pl. Obwohl der Kurs als Wahlfach gilt – Eltern können ihre Kinder durch einen schriftlichen Antrag bis heute abmelden – hat die Reform eine landesweite Kontroverse ausgelöst. Polens Präsident Karol Nawrocki machte von der Befreiungsmöglichkeit sofort Gebrauch und erklärte: „Unter dem harmlos klingenden Namen dieses Fachs wird versucht, Ideologie und Politik in polnische Schulen zu schmuggeln. Das kann nicht hingenommen werden.“ Bildungsministerin Barbara Nowacka wies diese Kritik entschieden zurück und sprach von einer Entscheidung „zum Schaden des Kindes“. Für sie steht fest: Das neue Fach biete jungen Menschen Schutz und Wissen, das sie in einer komplexen Welt dringend benötigten.

Unterstützung erhält Nowacka von vielen Pädagogen und Politikern. Aleksandra Gajewska, stellvertretende Ministerin für Familie, Arbeit und Sozialpolitik, betonte bei einer Pressekonferenz „Gesundheitserziehung ist keine Ideologie, keine Weltanschauung. Es ist der Alltag, mit dem unsere Kinder konfrontiert sind.“ Gajewska, selbst Mutter eines sechsjährigen Sohnes, sieht in dem Fach vor allem eine Chance, junge Menschen auf Herausforderungen wie Stress, Ernährung, Suchtgefahren und psychische Gesundheit vorzubereiten, informiert das Portal.

„Ich bin der Meinung, dass dieses Fach keine Gefahren mit sich bringt, entgegen dem, was die rechte Seite der politischen Szene sagt“, ergänzte ein weiterer Befürworter, Paweł Śliz von der mitregierenden Partei Polen 2050 im Gespräch mit dem Portal Onet. Er sei Katholik, gehe regelmäßig in die Kirche und sehe die Gefahren, von denen die Kirche spricht, nicht. Er bedaure, dass dieses Fach kein Pflichtfach ist, erklärt der Politiker.

TYGODNIK POWSZECHNY: Kernmodul „Sexuelle Gesundheit“ als Zündstoff

Die Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny beschreibt den sensibelsten Teil des Lehrplans: Modul 8 – Sexuelle Gesundheit. Darin geht es um Geschlechterstereotype, psychosexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität, aber auch um Verhütung, In-vitro-Befruchtung und Abtreibung. All dies werde, so das Magazin, „in sachlich-neutralem Ton“ behandelt.

Ein besonders umstrittener Punkt, so das Blatt, sei die bewusste Zustimmung zum Geschlechtsverkehr. Ziel  sei es, Jugendliche zu befähigen, Grenzen zu erkennen und sich gegen Druck oder Manipulation zu wehren. Im Lehrplan heißt es: „Der Schüler diskutiert Kriterien für eine bewusste Zustimmung, identifiziert Elemente der Sexualisierung und des Drucks, sexuell aktiv zu werden, und nennt Möglichkeiten, diesen entgegenzuwirken. Der Schüler diskutiert Elemente einer reifen, bewussten und verantwortungsvollen Vorbereitung auf die sexuelle Initiation und nennt die Folgen einer vorzeitigen sexuellen Initiation.“ Experten wie Dr. Józefowicz loben den Ansatz: „Das ist ein sehr gut geschriebener Lehrplan, ein möglicher Game Changer für das polnische Bildungswesen. Ich bedaure, dass meine inzwischen erwachsenen Kinder nicht die Möglichkeit hatten, einen solchen Kurs zu besuchen.“ Eine Psychologin ergänzt: „Er vermittelt jungen Menschen echte Selbsthilfefähigkeiten – von der Erkennung von Mobbing über den Umgang mit Infektionskrankheiten bis hin zur Frage, wie man eine Zecke entfernt. Dieses Wissen schützt und stärkt“, lesen wir in Tygodnik Powszechny.

DO RZECZY: EZB rät zu Bargeldreserven für Krisenfälle

Nicht nur im Bildungsbereich, auch in der Finanzwelt stehen Sicherheitsfragen im Fokus. Die Europäische Zentralbank (EZB) empfiehlt Haushalten, Bargeldreserven für Notlagen anzulegen, wie die Wochenzeitschrift Do Rzeczy berichtet.

Banknoten bleiben laut einer neuen EZB-Analyse aus praktischer wie psychologischer Sicht ein verlässliches Zahlungsmittel. Die Untersuchung zeigt: In Krisen wie der COVID-19-Pandemie, beim russischen Angriff auf die Ukraine oder bei regionalen Stromausfällen sei die Nachfrage nach Bargeld sprunghaft angestiegen. Verbraucher würden es als sichere und ausfallsichere Liquiditätsquelle betrachten. Andere Länder seien schon weiter: die Niederlande, Österreich und Finnland würden 70–100 Euro pro Person empfehlen, um 72 Stunden Grundversorgung zu sichern. Schweden rate zu Bargeld für mindestens eine Woche – vorzugsweise in kleinen Scheinen, damit auch bei geschlossenen Banken oder ausgefallenen Geldautomaten Lebensmittel, Medikamente und Treibstoff gekauft werden können. Die EZB-Experten betonen die psychologische Wirkung, da allein das Bewusstsein, Banknoten zu besitzen, das Gefühl der Sicherheit erhöhe. Außerdem haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass digitale Zahlungssysteme anfällig seien, so Do Rzeczy.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Krakau plant erste U-Bahn

Krakaus Bürgermeister Aleksander Miszalski stellte im Kongresszentrum ICE die Ergebnisse einer umfassenden Machbarkeitsstudie vor: In zehn Jahren soll die erste U-Bahn-Linie der Stadt den Betrieb aufnehmen, berichtet Dziennik/Gazeta Prawna. Geplant sind zwei Linien – M1 und M2 – mit einer Gesamtlänge von rund 29 Kilometern und 29 Stationen. Sie sollen fast 40 Prozent der Bevölkerung direkt erschließen.

Laut Prognosen werden künftig 63 Prozent der Krakauer durch die Kombination aus U-Bahn, Straßenbahn und S-Bahn innerhalb weniger Minuten Zugang zu schnellem Schienenverkehr haben. Besonders attraktiv: Die Fahrt von Nowa Huta bis zum Nationalmuseum soll sich von heute 40 auf nur 26 Minuten verkürzen.

Miszalski sprach von der „wichtigsten Investition des kommenden Jahrzehnts“ und betonte, dass das Projekt nicht nur den Verkehr entlasten, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region ankurbeln werde, schreibt Dziennik/Gazeta Prawna. 

Autor: Jakub Kukla

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