Deutsche Redaktion

„Klima ist ein Tabu“

29.09.2025 11:40
Überlappt sich das Programm der Bürgerplattform mit dem der PiS zu sehr, um über kontroverse Themen zu sprechen? Zahnbehandlung in Polen wird zum Luxus - mit potentiell fatalen Folgen. Und: Sitzen wir auf der Titanic? Mehr dazu in der Presseschau.
Zmiany klimatu już wkrótce mogą być przyczyną migracji
Zmiany klimatu już wkrótce mogą być przyczyną migracjiSepp photography/Shutterstock

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: „Klima ist ein Tabu“

Die Politikerin von Polska 2050, Joanna Mucha wirft Premierminister Donald Tusk vor, viele Themen zu verschweigen. Ihrer Ansicht nach liegt das daran, dass er keine Lösungen für dringende Probleme sehe. Joanna Mucha ist außerdem überzeugt, dass die Bürgerplattform in manchen Punkten der PiS ähnelt, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.

Mucha gehört seit Januar 2021 der Gruppierung Polska 2050 an. Damals wechselte sie von der Bürgerplattform PO zu der neuen Partei. Im Juni dieses Jahres trat sie als Staatssekretärin im Bildungsministerium zurück. In ihrer Erklärung nannte sie als Grund die mangelnde Unterstützung für ihre Initiativen zur Verbesserung des polnischen Schulwesens durch Ministerium und Regierung.

„Die PO hat sich in ihrer Agenda ein wenig mit der PiS vermischt. Aus diesem Grund scheuen sich die Plattform und Premierminister Tusk sehr oft, über verschiedene Themen zu sprechen“, sagte Joanna Mucha, stellvertretende Vorsitzende von Polska 2050.

Als Beispiel nannte sie das Klima. „Das Wort ist fast ein Tabu“, so Mucha. Im gesamten Regierungslager werde nur ungern darüber gesprochen. Auch zum umstrittenen neuen Schulfach Gesundheitserziehung äußerte sie sich: „Vielleicht geht es in diesem Fall nicht um ein verbotenes Wort, sondern um die Hysterie, die um dieses Fach aufgebaut wurde – dabei ist es meiner Meinung nach selbstverständlich. Wir leben im 21. Jahrhundert, und Sexualkunde ist etwas absolut Grundlegendes. Ich möchte die Eltern, die ihre Kinder aus diesem Unterricht genommen haben, fragen: Glauben sie, dass ihre Kinder eine bessere Sexualkunde im Internet bekommen?“, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.

DO RZECZY: Zahnbehandlung wird Luxus

Die Kosten für zahnärztliche Leistungen in Polen erreichen Rekordhöhen. Nach Angaben für die ersten acht Monate des Jahres 2025 verzeichnete Polen den drittstärksten Preisanstieg in der EU: über 7 Prozent, nur Rumänien  mit fast 10 Prozent und Ungarn mit fast 9 Prozent lagen davor, berichtet die Wochenzeitschrift Do Rzeczy.

Experten warnen, dass der Trend anhält. Für das gesamte Jahr 2025 wird ein Anstieg von rund 11 Prozent erwartet. Gründe sind unter anderem steigende Preise für Materialien und Geräte, höhere Löhne in der Branche, wachsende Betriebskosten der Praxen sowie steuerliche und gesetzliche Änderungen.

Da zahnärztliche Dienstleistungen nahezu vollständig in private Praxen ausgelagert sind, stehen Patienten vor der Wahl: privat zahlen oder auf Behandlung verzichten. Ärzte erinnern daran, dass ernsthafte Erkrankungen, darunter auch Krebs, häufig im Mundraum beginnen.

Nach Daten des Hauptamts für Statistik GUS gibt eine durchschnittliche polnische Familie weniger als ein Prozent ihres Einkommens für Zahnbehandlungen aus. Fachleute warnen jedoch: Vernachlässigte Mundgesundheit kann schwerwiegende Folgen haben – dabei werden die Preise weiter steigen, lesen wir in Do Rzeczy.

SUPER EXPRESS: „Wir sitzen auf der Titanic“

Das 50. Festival des polnischen Spielfilms in Gdynia ist am Samstag zu Ende gegangen. Die Silbernen Löwen gingen an Agnieszka Holland. Die Regisseurin zeigte sich erfreut, nutzte ihre Dankesrede jedoch, um über weit größere Sorgen zu sprechen – politische Untertöne inklusive, stellt die Tageszeitung Super Express fest.

„Wir haben hier viel Spaß, es ist cool und nett. Aber ich habe das Gefühl, dass wir alle ein bisschen auf der Titanic sitzen. Einer der Protagonisten meines letzten Films sagte: ‚Die Welt wird jetzt von Monstern regiert.‘ Ich befürchte, dass so etwas tatsächlich passiert. Die Frage ist, ob wir mit diesen Monstern fertig werden können“, erklärte Holland.

Sie erinnerte an ihre Rede vor einigen Jahren, als sie den Platin-Löwen erhielt und vor der Erosion menschlicher Werte warnte. Ihr Film „Zielona Granica“ („Die grüne Grenze“) sei aus dieser Besorgnis entstanden. Damals habe es noch so ausgesehen, als könne der Westen diese Herausforderung bewältigen. „Jetzt wissen wir, dass diese Gewalt und diese Vergewaltigungen sich über die ganze Welt ausbreiten, dass ehemalige Opfer zu Tätern und Täter zu Opfern werden können. Was Franz Kafka über das 20. Jahrhundert sagte – Entmenschlichung, Entfremdung, Verachtung – all das wird im 21. Jahrhundert aktuell“, betonte die Regisseurin.

Hollands neuster Streifen über das Leben von Franz Kafka ist der polnische Kandidat im Rennen um den Oscar.

Autor: Jakub Kukla