Deutsche Redaktion

Von Tierwohl über Bildungskontroversen bis hin zu Protesten vor Kliniken

30.09.2025 11:47
Auf der polnischen Innenpolitik- und Gesellschaftsbühne sorgen derzeit gleich mehrere Themen für Aufmerksamkeit. Die Supermarktkette ALDI streicht Käfigeier aus dem Sortiment und reagiert damit auf den wachsenden Druck von Verbrauchern und Tierschützern. Gleichzeitig zieht der Sohn von Warschaus Stadtpräsident Rafał Trzaskowski mit seiner Abmeldung vom neuen Schulfach Gesundheitsbildung Kritik und Diskussionen nach sich. Und vor einer Abtreibungsklinik in Warschau eskaliert der Streit zwischen Aktivistinnen und Pro-Life-Gruppen – mit Vorwürfen der Untätigkeit an die Regierung.
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DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Discounter streicht Käfigeier aus dem Sortiment

Die ALDI-Kette wird bis Ende dieses Jahres eine bestimmte Art von Eiern aus dem Verkauf und aus ihren Eigenmarken-Produkten zurückziehen. Es geht um sogenannte „3er-Eier“, die von in Käfigen gehaltenen Hennen stammen. Damit bekräftigt ALDI die Grundsätze einer bereits 2016 veröffentlichten Erklärung.

Laut der Tierschutzorganisation Otwarte Klatki wenden sich immer mehr Einzelhändler, Restaurantketten und Lebensmittelhersteller von Käfigeiern ab. Eine Studie des Biostat Forschungs- und Entwicklungszentrums aus Dezember 2024 zeigt außerdem, dass auch über 80 Prozent der Verbraucher der Meinung sind, dass diese Haltungsform den Tieren keine angemessenen Bedingungen bietet.

Ab Anfang 2026 werden in den ALDI-Filialen daher ausschließlich Eier aus alternativen Haltungsformen angeboten: Bodenhaltung, Freilandhaltung oder Biohaltung. Die ursprüngliche Erklärung von ALDI war eine der ersten dieser Art in Polen. Zwischen 2014 und 2025 sank der Anteil der Eier aus Käfighaltungen in den Geschäften von 87 auf 66 Prozent.

Paweł Rawicki, Vorsitzender von Otwarte Klatki, bewertet die Entscheidung als wichtigen Schritt für das Wohl der Hennen und als Beleg dafür, dass der Einzelhandel gesellschaftliche Verantwortung ernst nimmt. Zugleich entspricht die Maßnahme dem Wunsch der polnischen Verbraucher: Sieben von zehn geben an, dass die Haltungsbedingungen der Hennen für ihre Kaufentscheidung entscheidend sind.

 

SUPER EXPRESS. Trzaskowskis Sohn nimmt nicht am Gesundheitsunterricht teil

Der Sohn von Rafał Trzaskowski, dem Stadtpräsidenten von Warschau und stellvertretenden Vorsitzenden der Bürgerplattform (PO), wird nicht am neuen Unterrichtsfach Gesundheitsbildung teilnehmen, berichtet mit Verwunderung die Tageszeitung Super Express. Da der Junge noch minderjährig ist, trafen seine Eltern die Entscheidung über die Abmeldung. Berichten zufolge hat zudem die gesamte Klasse auf den Unterricht verzichtet.

Das Thema sorgt insbesondere vor dem Hintergrund früherer Äußerungen von Trzaskowski für Aufmerksamkeit. Während des Präsidentschaftswahlkampfs betonte er, dass Gesundheitsbildung zwar notwendig, jedoch freiwillig sein sollte – eine Entscheidung, die den Eltern überlassen bleiben solle. Die Abmeldung seines Sohnes zeigt nun, dass er seinen eigenen Worten folgt, zugleich aber eine Entscheidung der Koalitionsregierung unterminiert.

Das Fach Gesundheitsbildung ersetzt in diesem Schuljahr das frühere Fach „Erziehung zum Familienleben“ in den Klassen IV–VIII der Grundschulen mit einer Wochenstunde pro Klasse. In der 8. Klasse findet der Unterricht nur im ersten Halbjahr statt. An weiterführenden Schulen ist eine Wochenstunde über zwei Jahre vorgesehen.

Die Abmeldungen deuten darauf hin, dass die Einführung des Fachs durch die Regierung von Donald Tusk nicht auf große Begeisterung stößt. Erste Schätzungen des Schulamts in Oppeln zeigen, dass in der Region fast die Hälfte der Schüler daran nicht teilnehmen wird. In Rzeszów liegt der Anteil bei weniger als 19 Prozent, berichtet Super Express. Die konkreten Daten über die Beteiligung an dem fakultativen Fach, das politische Emotionen hochkochen ließ, soll das Bildungsministerium am 10. Oktober bekanntgeben.

 

ONET: Aktivistinnen kritisieren Proteste vor Abtreibungsklinik

Aktivistinnen der Abtreibungsklinik AboTak kritisieren die Proteste von Pro-Life-Gruppen vor ihrer Einrichtung. Sie werfen der Regierung Untätigkeit vor und kündigen eine Klage an. Natalia Broniarczyk erklärte im Gespräch mit dem Portal Onet, dass Abgeordnete täglich an den Demonstrationen vorbeigehen und damit den Protestierenden die Erlaubnis geben, die Angestellten und die Patientinnen der Klinik zu, wie es hieß, belästigen.

Die Belästigungen betreffen nicht nur Frauen, die Hilfe suchen, sondern auch ältere Bewohner und Kinder des Gebäudes. Auf die Frage nach dem Kontakt zu Warschaus Bürgermeister Rafał Trzaskowski, der in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl vom Abtreibungs-Dream-Team unterstützt wurde, antwortete Broniarczyk: „Rafał Trzaskowski möchte nicht mit uns sprechen. In seinem ersten Interview nach der Wahl sucht er die Probleme nicht bei sich selbst, sondern bei anderen.“

Sie bezeichnete das Geschehen vor der Klinik als Ausdruck seiner Haltung: „Wir dachten, er schweige nur aus taktischen Gründen während des Wahlkampfs. Jetzt ist klar: Wir haben uns von ihm täuschen lassen.“ Broniarczyk kritisierte die Ignoranz des Bürgermeisters und anderer Regierungsmitglieder.

Die Aktivistinnen fordern keine aktive Unterstützung, sondern lediglich, dass sie nicht bei ihrer Arbeit behindert werden. „Bürgermeister Trzaskowski könnte die Proteste mit einer einzigen Unterschrift beenden und so die Situation klären“, erklärte Broniarczyk im Portal Onet.


Autor: Jakub Kukla