RZECZPOSPOLITA: Die unerschütterliche Dominanz zweier älterer Herren
Premierminister Donald Tusk und PiS-Chef Jarosław Kaczyński haben am Wochenende "völlig unterschiedliche Visionen für Polens Entwicklung und seinen Platz im globalen Spiel" präsentiert. Sie haben auch bewiesen, dass es außer ihnen weder in der PiS noch in der KO jemanden mit vergleichbarer politischer Vorstellungskraft gebe, schreibt der Chefredakteur der konservativ-liberalen Rzeczpospolita in seiner Stellungnahme zum Wochenende der Parteitage.
An diesem Wochenende, so der Autor, hätten tausende polnische Patrioten ihre Häuser, Familien und Nächsten verlassen, um in eine große Stadt zu reisen und einer Vision über Polens Zukunft zu lauschen und über brennende Fragen zu diskutieren. Die Mitglieder der Parteien und ihre Anhänger hätten ein Beispiel für Patriotismus und Engagement in öffentlliche Angelegenheiten geliefert. Patriotismus, so der Autor, würde sie verbinden. Allerdings würden sie diesen ganz anders begreifen.
Besonders interessant sei die Analyse der von beiden Politikern präsentierten Bedrohungsszenarien. Tusk warne vor einem Polen, das mit dem Westen zerstritten, isoliert und dadurch geschwächt sei. Kaczyński hingegen sehe die Gefahr im weltweiten Vormarsch des Autoritarismus – wobei er damit nicht das Bündnis von Russland, China oder Iran meine, sondern die angeblich freiheitsberaubende aktuelle Version der liberalen Demokratie, gegen die Trump gewonnen habe und gegen die auch in Europa “verschiedene Kräfte” aufbegehren.
Für die PiS sei es einfacher einen programmatischen Kongress zu organisieren, da sie in der Opposition sei und für nichts Verantwortung trage. Aber wenn man den abgesetzten TVP-Chef Jacek Kurski über öffentliche Medien oder Ex-Orlen-Chef Daniel Obajtek über Wirtschaft debattieren sah, habe man den Eindruck gewinnen können, das die Partei von Kaczyński in den letzten zwei Jahren nichts dazugelernt hat. Gleichzeitig habe der Kongress der PiS auch Tusk dazu gezwungen, außer der Vereinigung mit der Nowoczesna und der Initiative Polen auch Programm-Panels zu organisieren, um zu beweisen, dass auch seine Gruppierung Ideen für die Zukunft habe.
Und noch eines sei an diesem Wochenende bemerkenswert gewesen. Die polnische Politik werde weiterhin unbarmherzig von zwei älteren Herren regiert, einer sei gut über siebzig, der andere kurz davor. Dennoch fehle es ihnen nicht an Energie. Ihre Auftritte hätten Visionen gezeichnet und Aktivisten mobilisiert. "Außer ihnen haben ihre Parteien nicht viele Ressourcen", konstatiert Szułdrzyński.
"Wer von ihnen liest die gesellschaftlichen Stimmungen und Zeichen der Zeit besser?" Zweifellos derjenige, der nach den nächsten Wahlen regieren wird, so Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita.
RZECZPOSPOLITA: Tusks Einheit versus Kaczyńskis neue Fronten
In einem zweiten Beitrag für die Rzeczpospolita analysiert Jacek Nizinkiewicz die unterschiedlichen Strategien beider Lager. Die "Beerdigung der Bürgerplattform und die Geburt der Partei Bürgerkoalition" sei keine gute Nachricht für Jarosław Kaczyński. Denn Tusk sei mit der Vereinigung mit der Nowoczesna und der Initiative Polen etwas gelungen, woran der PiS-Chef scheiterte.
Der Autor erinnert daran, dass die Vereinigte Rechte "mit der politischen Ermordung der Partei von Jarosław Gowin, öffentlichen Streitereien zwischen Mateusz Morawiecki und Zbigniew Ziobro" sowie internen Konflikten in der Ziobro-Partei “Souveränes Polen” endete. "In einer Atmosphäre interner Streitigkeiten gab das Lager von Jarosław Kaczyński die Macht ab", erinnert der Autor.
Während des Programmkongresses der PiS am Freitag, so Nizinkiewicz, habe die Partei an all ihre führenden Akteure erinnert, die die Wähler von der Partei und die Partei von der Macht verdrängt haben. Die Förderung von Jacek Kurski oder Zbigniew Ziobro sei nur für die harte PiS-Wählerschaft gut. Die Aufwertung von Mateusz Morawiecki irritiere die Wähler der Konföderation, die sich noch an die „Polnische Ordnung” erinnern. Ein Fehler sei auch die breite Kritik an der Europäischen Union ohne Kritik an Russland gewesen. Man habe sich die Frage stellen können, ob die Kaczyński-Partei mit diesen Entscheidungen dazu aufrufe, für sie zu stimmen oder eher loyal davon abrate.
Tusk habe gezeigt, dass er einen Plan habe und die Macht nicht abgeben wolle. Die Anti-EU-Rhetorik der PiS am Wochenende sei für den Regierungschef ein Geschenk gewesen. Während der Premierminister Fronten schließe, öffne Kaczyński neue. Denn er stelle nicht nur die Bürgerkoalition und die Regierungskoalition als Feind dar, sondern teile auch immer häufiger gegen die Konföderation aus und versuche damit, Wähler zurückzugewinnen, die zu Mentzens Partei übergelaufen seien.
"Für Kaczyński ist Mentzen und Braun ein größeres Problem als Tusk", so Nizinkiewicz. Die Partei von Grzegorz Braun steige in Umfragen auf 10 Prozent und zehre vom PiS-Elektorat. Wenn Braun auf eine solche Unterstützung zählen könne, ohne besonders aktiv zu sein, was werde passieren, wenn er ernsthaft die Wahlkampagne beginne? Kaczyński habe keine Idee für den Kampf gegen die Konföderation und Brauns Partei, außer ihrer rituellen Bekämpfung. Während die Trends für beide günstig seien, liege die PiS-Unterstützung "nicht nur nicht über den von Kaczyński ersehnten 40 Prozent, sondern oft auch unter 30 Prozent".
Deswegen könne die PiS nur auf eines zählen. Darauf, dass die Bürgerkoalition, ebenso wie die PiS bei den letzten Wahlen, die Wahlen gewinnt und die Macht trotzdem wird abgeben müssen. Denn selbst wenn die KO die Parlamentswahlen gewinne, könne Staatspräsident Karol Nawrocki die Regierungsbildung an die PiS und Konfederacja übertragen. "Nawrocki ist ein großer Befürworter einer Regierung von Konfederacja mit PiS, in genau dieser Reihenfolge", warnt Nizinkiewicz. Der Präsident handle unkonventionell und seine Abneigung gegen den amtierenden Premierminister sei "lebendig". Tusk müsste die Wahlen mit großem Vorsprung gewinnen, um Nawrocki diese Möglichkeit zu nehmen. Und so gute Umfragen und Trends habe der KO-Chef heute nicht. Und eine Antwort auf die Frage, was Tusk machen will, um diese Situation zu ändern, haben wir bis dato nicht erhalten, so Jacek Nizinkiewicz in der Rzeczpospolita.
DZIENNIK GAZETA PRAWNA: Polen muss Europa mitgestalten
Beide Seiten haben am Wochenende zwar viel über externe Bedrohungen gesprochen, aber "relativ wenig darüber, wie wir die Welt organisieren möchten". Polen diskutiere generell viel darüber, mit welchen Verbündeten man sich verbinden solle, aber wenig darüber, "welche Welt und welches Europa wir gestalten wollen", kritisiert indes in seiner Stellungnahme der stellvertretende Chefredakteur des Wirtschaftsblatts Dziennik/Gazeta Prawna.
Wie Tejchman betont, sei Polens Abhängigkeit von der globalen Wirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten enorm gewachsen. "Ein sehr großer Teil des polnischen Wirtschaftsbooms, des großen Zivilisationssprungs, der hinter uns liegt, hängt damit zusammen, dass wir ein wesentlicher Teil der globalen Wirtschaft geworden sind."
Dieser indirekte Zusammenhang bedeute jedoch, dass nicht nur die Modernisierung der polnischen Wirtschaft darüber entscheidet, wie die Einwohner kleiner und mittlerer polnischer Städte leben, sondern vielmehr die Frage, ob wir die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft retten können. Und, ob die euro-atlantische Welt auseinanderbricht. Unser Einfluss auf die Welt und die globale Position Europas werde zunehmen.
Die polnische Wirtschaft, so der Autor weiter, möge zwar vielschichtiger sein als die tschechische oder ungarische, aber auf lange Sicht werde uns die Binnennachfrage allein kein Wachstum garantieren. Der wirtschaftliche und zivilisatorische Erfolg gehe nicht mit einem wachsenden Bewusstsein einher, dass wir, Polen, die Möglichkeit haben, Europa nach unseren eigenen Bedürfnissen mitzugestalten. In der Sprache der Politiker sei die Union immer noch ein externes Gebilde, an das wir uns anpassen müssen, und nicht eines, das wir mitgestalten können. “Das sollten wir aber tun, denn ebenso wie die endgültigen Gefahren für unsere Souveränität gibt es auch endgültige Gefahren für die Union selbst.”
So würden die jüngsten Wirtschaftsdaten etwa zeigen, dass China "für uns, Europa, eine fundamentale Bedrohung" darstelle. Denn wenn China nur durch Export wachsen könne, bedeute dies "noch größeren Druck durch zu fragwürdigen Preisen verkaufte Produkte und Dienstleistungen". Es sei ein Druck, der eine endgültige Bedrohung für die europäische Wirtschaft bedeuten könnte.
Die polnischen Politiker, so Tejchman, könnten also Recht haben. Wir stehen vor existentiellen Herausforderungen für unseren Staat, für die Zukunft unserer Wirtschaft und unseres Entwicklungsmodells. Dieser Herausforderung die Stirn zu bieten sollte nicht nur darin bestehen, die Frage zu beantworten, was für ein Polen wir wollen. Aber auch in der Antwort auf die Frage, was "welches konkrete Europa und welche konkrete europäische Wirtschaft wir wollen". Das Maß polnischer Reife könne das Verständnis sein, "dass wir als Land die Kraft und Fähigkeiten haben, die Zukunft dieses Europas zu gestalten", so Marek Tejchman in Dziennik/Gazeta Prawna.
SPORT.PL: Szczęsnys historischer Moment
Abseits der großen Politik sorgte am Wochenende Torhüter Wojciech Szczęsny für Schlagzeilen. Wie Sport.pl berichtet, habe der polnische Torwart beim El Clasico Geschichte geschrieben. Mit seiner Parade gegen Kylian Mbappés Elfmeter habe er eine 34 Jahre währende Serie von Real Madrid beendet.
"Das war der erste nicht verwandelte Elfmeter eines Real-Spielers im 21. Jahrhundert", heißt es in dem Bericht. Das letzte Mal, als ein "Königlicher" vom Punkt scheiterte, sei 1991 gewesen, als Andoni Zubizarreta einen Schuss der Real-Legende Emilio Butragueno parierte.
Die spanischen Medien hätten Szczęsny als "Retter" und "Giganten" gefeiert. Mit neun erfolgreichen Interventionen, davon sechs bei Schüssen aus dem Feld, sei er der beste Spieler der "Stolz Kataloniens" gewesen. Er habe Barcelona vor einer Blamage bewahrt, auch wenn Real letztendlich 2:1 gewann, so sport.pl.
Autor: Adam de Nisau