Rzeczpospolita: Zuckersteuer kontra Alltag: Wenn Gesundheit teuer wird
Der polnische Konsument erlebe immer häufiger ein Paradox: Die staatliche Fürsorge um seine Gesundheit führe oft zu einer Verschlechterung seiner finanziellen Lage. Die Zuckersteuer sei dafür ein Paradebeispiel, schreibt die konservativ-liberale Rzeczpospolita. . Wie das Blatt erinnert, sollte diese Abgabe eigentlich den Zuckerkonsum der Polen senken. In der Praxis sei sie jedoch lediglich zu einer weiteren Einnahmequelle für den Staat geworden.
Schon ein Blick auf die Preise beiderseits der Grenze zeige das Problem deutlich, lesen wir. In Zgorzelec koste ein Liter eines beliebten Erfrischungsgetränks ca. 2 Euro, im benachbarten Görlitz nur ca. 1,50 Euro. In Tschechien lägen die Preise sogar noch um 10 bis 15 Prozent niedriger. Der Unterschied ergebe sich nicht aus der Produktqualität, sondern allein aus der Steuerbelastung. Polen habe eine der kompliziertesten Zuckersteuerregelungen Europas – und die Regierung plane sogar noch eine weitere Erhöhung um bis zu 1000 Prozent, heißt es im Blatt.
Selbst in Frankreich oder Finnland sei diese Steuer viel niedriger. Damit gehöre Polen zu den strengsten Ländern Europas – nicht, weil die Bevölkerung mehr Zucker konsumiere, sondern weil der Staat versuche, ein Gesundheitsproblem mit fiskalischen Mitteln zu lösen. Geht es nach dem Blatt, wirke die Zuckersteuer regressiv – sie treffe vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen, die einen größeren Teil ihres Budgets für Lebensmittel aufwenden. In einem Land, in dem das verfügbare Einkommen pro Kopf rund 35 Prozent unter dem EU-Durchschnitt liege, verstärke eine solche Steuer soziale Ungleichheiten, statt gesunde Entscheidungen zu fördern.
Die Besteuerung treffe jedoch nicht nur die Verbraucher, heißt es weiter. Die polnische Getränkeindustrie basiere weitgehend auf heimischem Kapital und verarbeite vor allem heimische Früchte – insbesondere Äpfel, bei deren Produktion Polen EU-weit an der Spitze stehe. Polen, so die Rzeczpospolita, sei nicht das erste Land, das versuche, Gesundheit zu besteuern. 2011 habe Dänemark eine Fett- und Zuckersteuer eingeführt – sie nach zwei Jahren aber wieder abgeschafft. Der Grund: steigende Preise, wachsender Grenzhandel und der Verlust von Arbeitsplätzen in der Lebensmittelverarbeitung.
In Norwegen habe eine drastische Erhöhung der Steuer auf Süßigkeiten und Getränke im Jahr 2018 zu massiven Hamsterkäufen geführt. In Schweden habe der Staatshaushalt Hunderte Millionen Kronen verloren. Auch dort sei die Steuer wieder abgeschafft worden. Verschärft werde das Problem auch durch die geplante Liberalisierung des Handels im Rahmen des Mercosur-Abkommens. Polnische Getränke und Fruchtsäfte müssten dann mit günstigeren Produkten aus Brasilien oder Argentinien konkurrieren, die zu niedrigeren Kosten und mit geringeren Umweltstandards hergestellt werden.
Wenn das eigentliche Ziel die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit sei, wären laut dem Blatt Bildungsmaßnahmen wirkungsvoller und nachhaltiger: Einschränkung der Werbung für zuckerreiche Produkte, bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln, Förderung von Sport und gesunden Gewohnheiten. Steuererhöhungen seien nur eine Scheinlösung – sie verbesserten lediglich die Haushaltsstatistik, verschlechterten aber zugleich die soziale und wirtschaftliche Lage. Weitere Ad-hoc-Steuern schaffen keine gesunde Gesellschaft, sondern nur ungesunde Präzedenzfälle, so die Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Kakaoknappheit treibt Preise auf Rekordhoch
Im Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna geht es ebenfalls um Kontroversen bei Lebensmittelprodukten – diesmal bei Schokolade. Kakaokrankheiten, die weltweit viele Anbaugebiete betreffen, lesen wir, führen zu den höchsten Kakaopreisen der Geschichte und treiben damit auch die Schokoladenpreise in die Höhe. Polen gehöre leider zu den Ländern mit den stärksten Preisanstiegen. Hersteller würden bereits nach Alternativen suchen. Möglicherweise könnten schokoladenähnliche Produkte zurückkehren, wie die Polen sie aus der kommunistischen Ära kannten und die in den 1990er-Jahren verdrängt wurden, heißt es.
Die Schokoladenpreise in Polen, so das Blatt, haben Rekordwerte erreicht – laut dem Branchenportal dlahandlu.pl sei der Preis innerhalb eines Jahres um fast 40 Prozent gestiegen, der höchste Zuwachs in der gesamten Europäischen Union. Die Preiserhöhung betreffe nicht nur Tafelschokolade, sondern die meisten kakaohaltigen Süßigkeiten – von Riegeln bis zu Keksen. Polnische Verbraucher greifen infolgedessen zunehmend zu günstigeren Ersatzprodukten oder kleineren Packungen. Polnische Hersteller versuchten derweil, die Grammatur zu reduzieren, um die Kunden nicht mit hohen Preisen abzuschrecken, heißt es im Blatt.
Die steigenden Kakaopreise zwängen nicht nur polnische Süßwarenhersteller zu Anpassungen. Auch weltweite Schokoladenkonzerne wie Mondelez und Hershey versuchten, die Rezepturen ihrer Produkte anzupassen, um Preiserhöhungen zu bremsen. Die Branchen-Giganten würden demnach zunehmend Teile ihrer Produkte durch Erdnussbutter ersetzen – ein neuer Trend im Süßwaren-Sektor. Produkte ohne Schokolade würden zunehmend Marktanteile gewinnen – in den USA würden sie inzwischen ein Drittel des Süßwarenmarktes im Wert von über 13 Milliarden Dollar ausmachen.
Hinter den hohen Kakaopreisen stecke eine globale Versorgungskrise, erklärt das Blatt abschließend. Mehr als 75 Prozent der weltweiten Lieferungen kämen aus Westafrika. Dort seien die Ernten durch Pflanzenkrankheiten und extreme Wetterbedingungen stark zurückgegangen. Der Import von Rohkakao und Kakaoprodukten in EU-Länder habe sich in diesem Jahr um über 16 Prozent verteuert. Selbst bei einem kurzfristigen Rückgang der Börsenpreise werde eine Tafel Schokolade im Handel noch lange teuer bleiben, so die Tageszeitung.
Dziennik: „Polen könnte nicht nur Deutschland, sondern auch Großbritannien überholen"
Die jüngsten spektakulären Medienberichte über die polnische Wirtschaft, die die deutsche in den Schatten stellen könnte, seien noch nicht alles. „Wenn sich die wirtschaftlichen Trends fortsetzen, könnte Polen innerhalb eines Jahrzehnts Großbritannien überholen", habe der Abgeordnete der britischen Konservativen, Robert Jenrick, in einem Kommentar für die Zeitung „Telegraph" erklärt, lesen wir in dziennik. Der Politiker äußerte seine Einschätzung auf Basis eines Vergleichs des aktuellen Pro-Kopf-BIPs: Während Großbritannien über 60.000 US-Dollar aufweise, liege Polen bei mehr als 50.000 US-Dollar. Dies seien aktuelle Daten der Weltbank.
Nach Ansicht des Politikers gehöre die Lücke bei den Einkommen zwischen Polen und Großbritannien damit der Vergangenheit an. Vor zwei Jahrzehnten sei der Unterschied bei den Verdienstmöglichkeiten in beiden Ländern noch enorm gewesen. Wie Jenrick erinnere, seien damals Polen mit höherer Bildung und Qualifikationen aus finanziellen Gründen selbst für physische Arbeiten in Großbritannien zu gewinnen gewesen.
Der Tory weise zudem darauf hin, dass das Pro-Kopf-BIP Großbritanniens seit 2008 im Durchschnitt nur um 0,7 Prozent pro Jahr gewachsen sei. Polen hingegen habe in den letzten 30 Jahren die längste ununterbrochene Phase wirtschaftlichen Wachstums in der europäischen Geschichte verzeichnet – abgesehen von der kurzen Unterbrechung während der COVID-19-Pandemie.
Nach Ansicht des britischen Politikers lägen die Erfolge der polnischen Wirtschaft unter anderem in der erfolgreichen Transformation zu einer dynamischen Marktwirtschaft, dem 19-prozentigen Körperschaftsteuersatz, vereinfachten Steuergesetzen und der Schaffung von Sonderwirtschaftszonen. Dadurch betrage die Arbeitslosenquote in Polen nur 3 Prozent – in Großbritannien nahezu 5 Prozent.
Dem Parlamentarier zufolge hätten die polnischen Führungskräfte vernünftige Entscheidungen im langfristigen Interesse des Landes getroffen. Sie hätten den Weg der Stagnation abgelehnt und stattdessen ein zielgerichtetes Denken entwickelt. Die britischen Führungskräfte und Institutionen seien hingegen „in Selbstzufriedenheit über ihre erreichten Erfolge verfallen". Sie betrachteten den Erfolg als selbstverständlich, verdienten ihn aber nicht mehr länger und gäben sich Bequemlichkeiten hin, die sich das Land nicht mehr leisten könne, wird Robert Jenrick von dziennik zitiert.