Deutsche Redaktion

Angela Merkels Gespräch mit Lukaschenko ein Fehler?

17.11.2021 11:39
Das Telefongespräch zwischen Angela Merkel und Alexander Lukaschenko vom Montag sei nach Ansicht unabhängiger belarussischer Politologen ein beunruhigendes Omen. 
Aleksander Łukaszenka
Aleksander ŁukaszenkaDrop of Light/shutterstock

Das Telefongespräch zwischen Angela Merkel und Alexander Lukaschenko vom Montag sei nach Ansicht unabhängiger belarussischer Politologen ein beunruhigendes Omen. Es sei ein Signal an Lukaschenko, dass er durch Erpressung Zugeständnisse von der EU erlangen könne, schreibt am Mittwoch die linksliberale Gazeta Wyborcza.

Seit August 2020 habe niemand von den EU-Vertretern mehr mit Alexander Lukaschenko gesprochen. Nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen, lesen wir, die zu den massivsten Protesten in der Geschichte des Landes und zu einem noch nie dagewesenen Ausmaß an Gewalt und Repression gegen die Bevölkerung geführt haben, sei Lukaschenko vom westlichen Europa ausgeschlossen worden. Der einzige mit dem er somit sprechen konnte, sei Wladimir Putin gewesen.

Dieser, heißt es weiter, habe oftmals in Gesprächen mit der scheidenden Kanzlerin deutlich gemacht, dass man in der Frage der Migranten direkt mit Minsk sprechen sollte. Daher Merkels Telefongespräch am 15. November mit Lukaschenko, glaubt Gazeta Wyborcza. Obwohl Merkel den Diktator während des 50-minütigen Gesprächs, das hauptsächlich die humanitäre Krise an der polnisch-weißrussischen Grenze betroffen haben soll, nicht ein einziges Mal als "Präsident" nur per "Herr" angesprochen habe, sei die weißrussische Opposition besorgt, dass Europa Lukaschenko wieder als Gesprächspartner ansehe.

Durch die Provokation der Migrantenkrise, schreibt das Blatt weiter, sei es Lukaschenko teilweise gelungen, seinen Willen durchzusetzen. Europäische Entscheidungsträger, fährt die Tageszeitung fort, würden sich jetzt viel weniger mit der Unterdrückung in Belarus, den politischen Gefangenen und der Notwendigkeit gerechter, freier Wahlen in diesem Land beschäftigen. Die ganze Aufmerksamkeit Europas richte sich ausschließlich auf die Situation an der Grenze, die Lukaschenko bewusst herbeigeführt habe.

Merkels Entscheidung mit Lukaschenko zu sprechen, schreibt die Zeitung, sei unter anderem auch in Estland und Lettland kritisiert worden. Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des estnischen Parlaments, heißt es am Schluss in Gazeta Wyborcza am Mittwoch, behaupte sogar, dass die deutsche Bundeskanzlerin mit ihrer Initiative tatsächlich Lukaschenko als rechtmäßigen Präsidenten von Belarus anerkannt habe.

gw/ps