Deutsche Redaktion

Ein Jahr Entschädigungsdebatte mit Deutschland: “Aufeinanderfolgende deutsche Regierungen haben ihre Überlegenheit über Polen skrupellos ausgenutzt”

02.10.2023 12:06
Aufeinanderfolgende deutsche Regierungen wollten die Beziehungen zu Polen auf historischer Amnesie gründen "und sich auf eine 'gemeinsame Zukunft in unserem europäischen Zuhause' konzentrieren", so Außenminister Zbigniew Rau. "Sie taten dies rücksichtslos, indem sie Druck ausübten und sogar Drohungen aussprachen", betonte er. Morgen vergeht ein Jahr seit der Entsendung der diplomatischen Note zu Kriegsentschädigungen an die Bundesregierung.
Szef MSZ: ostatnie oświadczenie kanclerza Niemiec narusza zasadę suwerennej równości państw
Szef MSZ: ostatnie oświadczenie kanclerza Niemiec narusza zasadę suwerennej równości państwJacek Szydlowski / Forum

Polens Diplomaten ziehen Bilanz aus einem Jahr Entschädigungsdebatte mit Deutschland. „Am 3. Oktober werde ich auf einer Pressekonferenz alle unsere Maßnahmen vorstellen, die wir im Zusammenhang mit der Erlangung von Kriegsentschädigungen von Deutschland unternommen haben“, kündigte Vize-Außenminister Arkadiusz Mularczyk an. Morgen vergeht genau ein Jahr, seit Polen in einer offiziellen diplomatischen Note an die deutsche Regierung, eine Entschädigung für die Schäden und Leiden des Zweiten Weltkriegs gefordert hatte.

„Wir haben alle unsere Partner in Europa und auf der ganzen Welt, in der UN, im Europarat, in der NATO über dieses Problem informiert“, betonte Mularczyk. Die Angelegenheit habe sowohl bilaterale als auch internationale Dimensionen erreicht, wobei Polen seine Position klar und unmissverständlich dargelegt habe.

Außenminister Rau: Aufeinanderfolgende deutsche Regierungen haben ihre Überlegenheit über Polen skrupellos ausgenutzt

Außenminister Zbigniew Rau äußerte sich kritisch über die Haltung Deutschlands zu dem Thema. Berlin hatte die Angelegenheit systematisch als abgeschlossen bezeichnet. Er bewertete, dass nach dem Ende des Kalten Krieges "Deutschland skrupellos die Tatsache ausnutzte, dass Polen, ein Land, das durch ihre Aggression und Besetzung zerstört und durch Jahrzehnte kommunistischer Herrschaft erschöpft war und nach Mitgliedschaft in der NATO und der Europäischen Union strebte, von ihrer Unterstützung abhängig war." Aufeinanderfolgende deutsche Regierungen hätten ihre Überlegenheit über Polen skrupellos ausgenutzt, “indem sie vorschlugen, die Beziehungen zu unserem Land auf historischer Amnesie zu gründen und sich auf eine 'gemeinsame Zukunft in unserem europäischen Zuhause' zu konzentrieren. Sie taten dies rücksichtslos, indem sie Druck ausübten und sogar Drohungen aussprachen", betonte er.

Auf Nachfrage erklärte Rau, dass er selbst Ziel solcher Drohungen war - noch bevor er das Amt des Außenministers übernahm. "Ich hörte von deutschen Diplomaten, dass Polen mit ernsthaften Konsequenzen rechnen müsste, wenn es deutsche Interessen in zwei Bereichen gefährdet: die Blockade des Baus der Nordstream-Pipeline und die Forderung nach Reparationen für die Leiden und Schäden des Zweiten Weltkriegs", erklärte er und fügte hinzu, dass er auch das Argument gehört hatte, dass die Entschädigungsfrage die Frage der westlichen Grenze Polens aufwerfen könnte. Diese Art von Sprache und Argumenten zwischen Verbündeten und guten Nachbarn seien inakzeptabel, so Rau.

“Deutschland ist ein Schulder, der durch Identitätswechsel Verantwortung vermeiden will”

Der Minister bewertete, dass das Ziel der Politik aufeinanderfolgender Bundesregierungen darin bestand, das Stigma zu reduzieren, das nach dem Zweiten Weltkrieg auf Deutschland lastete. Wie er erklärte, bestand die Einschränkung dieser Verantwortung darin, eine tiefe Kluft zwischen dem Nazi-Staat, dem Dritten Reich, und dem modernen deutschen Staat zu schaffen. Polen wisse jedoch, dass es mit einem Schuldner zu tun hat, der durch den Versuch, seine Identität zu ändern, Verantwortung vermeiden wolle. Daher habe Warschau auch eine beispiellose diplomatische Initiative ins Leben gerufen, um die internationale Gemeinschaft über seine Entschädigungsforderungen gegenüber Deutschland zu informieren. 

“Wenn wir diese Wahlen gewinnen, bin ich absolut überzeugt, dass es möglich sein wird, diese Angelegenheit in der nächsten Amtszeit zu regeln“, versicherte im Vorfeld der morgigen Pressekonferenz Vize-Außenminister Arkadiusz Mularczyk.


IAR/adn