Der Wiedervereinigung vorausgegangen waren monatelange Massenproteste in der DDR, politische Umbrüche in Mittel- und Osteuropa sowie der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989. Als wesentlichen Auslöser der Freiheitsbewegungen gilt das Entstehen der polnischen Gewerkschaft Solidarność im Jahr 1980. „Ohne die Reformen in Polen und Ungarn wäre das, was jetzt in Deutschland geschieht, nicht möglich gewesen“, sagte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl während eines Besuchs im polnischen Parlament.
Die beiden deutschen Staaten hatten zuvor 42 Jahre lang getrennt existiert – seit 1949, als die westlichen Alliierten die Bundesrepublik gründeten und die Sowjetunion im Gegenzug die DDR etablierte. 1961 errichtete die DDR den Berliner Mauerstreifen, um die anhaltende Fluchtbewegung in den Westen zu stoppen. Die Mauer wurde zum Symbol der Teilung Europas im Kalten Krieg.
Nach dem politischen Zusammenbruch des Ostblocks flohen 1989 Hunderttausende DDR-Bürger in den Westen. Massendemonstrationen führten zum Rücktritt der Regierung um SED-Chef Erich Honecker. Am 9. November 1989 fiel der Mauergrenzübergang, die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland öffnete sich.
Die offiziellen Feierlichkeiten fanden in der Nacht zum 3. Oktober 1990 in Berlin statt. Punkt Mitternacht wurde in der vereinten Hauptstadt die schwarz-rot-goldene Bundesflagge gehisst, begleitet von Radio- und Fernsehübertragungen aus aller Welt. In Berlin wurde bis in die frühen Morgenstunden gefeiert, vielerorts sangen Menschen ihrer „neuen, vereinten Heimat“ Geburtstagslieder.
„An diesem Tag wurden unsere Träume wahr“
In einem Interview mit dem Polnischen Rundfunk im Jahr 2010 erinnerte sich Professor Klaus Ziemer, ehemaliger Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Warschau, an diesen Tag:
„An diesem Tag wurden unsere Träume wahr. Über Jahrzehnte dachten wir, die deutsche Einheit würde irgendwann kommen, aber ich hatte Zweifel, ob ich das noch erleben würde. Umso mehr freute ich mich, dass die Deutschen endlich frei zusammen sein konnten.“
Ziemer betonte, dass die Wiedervereinigung Deutschlands durch eine Reihe internationaler und innenpolitischer Ereignisse möglich wurde. Besonders die politischen Umwälzungen im kommunistischen Lager trugen zum Erfolg bei:
„Der Zerfall des kommunistischen Blocks wurde durch Gorbatschows Perestroika eingeleitet, es gab wirtschaftliche Krisen im sozialistischen Lager, und der polnische Papst Johannes Paul II. spielte eine entscheidende Rolle.“
Zudem hob er die Bedeutung der friedlichen Revolution in der DDR hervor, die nach den Wahlen in Polen und der Bildung der ersten nichtkommunistischen Regierung möglich wurde. „Das war ein Vorbild für viele“, so Ziemer.
Nach der Wiedervereinigung wurde Deutschland – ohne Russland einzurechnen – zum bevölkerungsreichsten Staat Europas. Auf einer Fläche von 357.000 Quadratkilometern lebten damals fast 78 Millionen Menschen, heute sind es mehr als 83,5 Millionen.
Der 3. Oktober ist seitdem bundesweiter Feiertag – der Tag der Deutschen Einheit.
IAR/jc