Deutsche Redaktion

Diplomatischer Streit zwischen Polen und Ungarn

23.10.2025 07:12
Nach scharfen Äußerungen des polnischen Außenministers Radosław Sikorski über Russland und den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán ist ein diplomatischer Streit zwischen Polen, Ungarn und Russland entbrannt.
Peter Szijjarto i Radosław Sikorski
Peter Szijjarto i Radosław SikorskiAA/ABACA/Abaca/East News/ANDRZEJ IWANCZUK/REPORTER

Der Konflikt begann nach einer Entscheidung des Warschauer Bezirksgerichts, das die Auslieferung des ukrainischen Tauchers Wołodymyr Schurawlew an Deutschland ablehnte. Schurawlew wird verdächtigt, an der Sprengung der Pipeline Nord Stream 2 beteiligt gewesen zu sein. Das Gericht hob zudem den Haftbefehl auf.

Richter Dariusz Łubowski begründete den Beschluss mit den Worten: „Die Zerstörung kritischer Infrastruktur des Aggressors in einem gerechten Verteidigungskrieg ist keine Sabotage, sondern eine militärische Operation.“ Diese Argumentation löste in Ungarn und Russland heftige Reaktionen aus.

Kurz darauf äußerte Außenminister Radosław Sikorski in einem Interview mit dem Sender Radio Pogoda, Polen könne nicht garantieren, dass ein unabhängiges Gericht nicht anordnen würde, ein Flugzeug mit Wladimir Putin an Bord zur Landung zu zwingen, sollte dieser auf dem Weg zu einem geplanten Gipfel in Budapest den polnischen Luftraum überqueren. „Ich denke, die russische Seite weiß das, und deshalb würde sie wohl eine andere Route wählen“, sagte Sikorski. 

Ungarns Außenminister reagiert empört 

Ungarns Außenminister Péter Szijjártó reagierte verärgert und warf Sikorski vor, die polnische Justiz sei politisch beeinflusst. „Spricht Radosław Sikorski von dem unabhängigen Gericht, das auf Anweisung von Donald Tusk die Auslieferung eines Terroristen verweigert hat, der die Nord-Stream-2-Pipeline gesprengt hat?“, schrieb Szijjártó auf der Plattform X.


Sikorski antwortete prompt. „Piotrze, ich bin stolz auf das polnische Gericht, das entschieden hat, dass Sabotage gegen einen Aggressor kein Verbrechen ist“, schrieb er. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass „euer mutiger Landsmann Major Madziar endlich die Ölpipeline zerstören kann, die Putins Kriegsmaschine antreibt, damit ihr euer Öl über Kroatien bekommt“. 

Reaktion aus Moskau: Lawrow und Sacharowa greifen Polen an 

Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf Polen vor, zu „terroristischen Akten“ bereit zu sein. „Ich habe gehört, wie Herr Sikorski drohte, dass die Sicherheit des Flugzeugs von Präsident Putin im polnischen Luftraum nicht garantiert sei, sollte es nach Budapest fliegen“, sagte Lawrow. „Die Polen sind offenbar bereit, terroristische Akte zu begehen.“

Noch schärfer äußerte sich die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Sie verspottete Sikorski öffentlich als „Osama bin Sikorski“ und fragte spöttisch: „Welche andere zivile Infrastruktur sollte nach Ansicht von Osama bin Sikorski zerstört werden?“ 

Hintergrund: Streit um „Major Madziar“ und die Ukraine 

Im Zentrum der polnischen Argumentation steht der ukrainische Offizier Robert Brovdy, Deckname „Major Madziar“. Er stammt aus der ungarischen Minderheit in der Ukraine und leitet eine Drohneneinheit namens „Ptaki Madziara“ („Vögel von Madziar“). Die Einheit ist bekannt für gezielte Angriffe auf russische Militärtechnik und wurde im Mai 2025 mit dem Titel „Held der Ukraine“ ausgezeichnet.


IAR/PAP/jc 

Kommentar: Polen durfte Wolodymyr Schurawlow nicht an Deutschland ausliefern

20.10.2025 12:27
Der Fall der Auslieferung von Wolodymyr Schurawlow ist weit mehr als nur ein weiterer Rechtsstreit zwischen EU-Staaten. Es ist ein Prüfstein dafür, ob wir das Recht im Lichte seines Geistes und seines Zwecks zu lesen vermögen – und nicht als eine Sammlung toter Regeln, die sich für politische Zwecke instrumentalisieren lassen. Polen hat auf diese Herausforderung eindeutig geantwortet: Schurawlow durfte nicht ausgeliefert werden. Und zwar nicht, weil jemand ein Machtspektakel inszenieren wollte, sondern weil am Ende jedes Gesetzes der Mensch, seine Rechte und seine reale Sicherheit stehen müssen, schreibt der Publizist Sławomir Sieradzki.

AfD empört über Polens Entscheidung im Fall Nord Stream

20.10.2025 22:45
Ein polnisches Gericht hat entschieden, den wegen der Sprengung der Nord Stream-Pipelines verdächtigten Wolodymyr Schurawlow nicht an Deutschland auszuliefern. Die Entscheidung hat scharfe Reaktionen in der deutschen AfD ausgelöst. Vertreter der Partei warfen Polen vor, Täter zu schützen, und forderten Konsequenzen auf EU-Ebene.