Deutsche Redaktion

Polnische Intellektuelle kritisieren deutsche Kultureinrichtungen wegen Verzerrung historischer Fakten

11.12.2025 07:05
Mehr als 130 polnische Historiker, Wissenschaftler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben in einem offenen Brief an deutsche und österreichische Kultureinrichtungen gegen die Präsentation eines Buches protestiert, das polnischen Beamten eine Mitverantwortung am Holocaust zuschreibt. Die Unterzeichner werfen den Institutionen vor, eine „historisch falsche und wissenschaftlich unredliche“ Darstellung zu fördern.
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Bild:ElissaCapelleVaughn/Pixabay.com

Kritik richtet sich vor allem gegen das Werk „Polnische Bürgermeister und der Holocaust“ des Historikers Grzegorz Rossoliński-Liebe. Darin wird unter anderem nahegelegt, polnische Bürgermeister seien eine zentrale Gruppe im nationalsozialistischen Vernichtungsapparat gewesen. Die polnischen Intellektuellen weisen dies entschieden zurück und sprechen von einer Verzerrung der historischen Fakten.

Besonders scharf verurteilen die Unterzeichner die Verwendung des Bildes von Julian Spitosław Kulski, dem kommissarischen Bürgermeister von Warschau während der deutschen Besatzung, auf dem Buchumschlag und in begleitenden Materialien. Kulski habe laut den Autoren mit Zustimmung des Polnischen Untergrundstaates gehandelt, jüdische Menschen versteckt und Tausenden das Leben gerettet. Hinweise auf eine Beteiligung an der NS-Vernichtungspolitik seien „offene Geschichtsfälschung“.

In ihrem Schreiben warnen die polnischen Vertreter vor einer „Verschiebung der Verantwortung für die Verbrechen des Dritten Reiches“ auf das besetzte Polen – zumal die Präsentation des Buches unter anderem in der Villa Wannsee und im Deutsch-Polnischen Haus in Berlin erfolgte, Einrichtungen, die der Dokumentation des Holocaust dienen.

Die Unterzeichner betonen, dass ihr Ziel keine politische Konfrontation mit Deutschland sei. Gute polnisch-deutsche Beziehungen erforderten jedoch eine historisch korrekte Darstellung und dürften nicht „auf einer Umkehr von Täter- und Opferrollen“ basieren. Polen verlor während der deutschen Besatzung rund sechs Millionen Bürger, darunter drei Millionen polnische Juden.

Der offene Brief wurde auch an zentrale Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen in Polen, Deutschland, Österreich, den USA und Israel übermittelt.


https://fundacjakulskich.org.pl/jc

US-Botschafter nennt Vorwurf polnischer Holocaust-Mitverantwortung „groteske Falschheit“

21.11.2025 21:09
Der neue US-Botschafter in Polen, Thomas Rose, hat Vorwürfe zurückgewiesen, Polen trage Verantwortung für den Holocaust. Solche Behauptungen seien „historisch falsch und moralisch skandalös“, sagte Rose am Freitag bei einer Konferenz über Antisemitismus in Warschau. Der Vorwurf sei „eine groteske Falschheit und das Äquivalent einer Blutbeschuldigung gegen das polnische Volk und die polnische Nation“.

Polin-Museum kritisiert unklare Formulierungen von Yad Vashem zu Judenkennzeichnung 1939

25.11.2025 09:45
Das Museum der Geschichte der polnischen Juden Polin hat Yad Vashem für einen missverständlichen Beitrag in sozialen Medien kritisiert. Der israelische Holocaust-Gedenkinstitut hatte am Sonntag auf der Plattform X geschrieben, Polen sei das erste Land gewesen, in dem Juden zum Tragen von Armbinden gezwungen worden seien – ohne im Kurztext ausdrücklich zu erwähnen, dass dies unter deutscher Besatzung geschah.

Polen verlangt Klarstellung von Yad Vashem – Israels Botschafter zeigt Verständnis

25.11.2025 12:43
Die polnische Regierung hat vom Holocaust-Gedenkinstitut Yad Vashem eine Präzisierung eines Beitrags in sozialen Medien verlangt. Nach Angaben des Außenministeriums habe Warschau keine Entschuldigung gefordert, sondern eine Änderung des Wortlauts. Der israelische Botschafter Yaakow Finkelstein habe die Reaktion Polens „mit Verständnis“ aufgenommen, sagte Ministeriumssprecher Maciej Wewiór am Dienstag.