Deutsche Redaktion

Neuer Kandidat, alte Probleme

19.05.2020 11:16
Die Presse kommentiert den Wechsel des Präsidentschaftskandidaten der Opposition so kurz vor der Wahl.
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DO RZECZY: Weit weg von der Wirklichkeit  

Viele Kommentatoren würde sich den Kopf zerbrechen, welches Ziel die größte Oppositionspartei Bürgerplattform (PO) eigentlich erreichen wolle und wie die letzten Aussagen der Parteispitze zu deuten seien, schreibt in seinem politischen Kommentar der Schriftsteller und Publizist Rafał Ziemkiewicz. Soeben erklärte der Chef der Partei, Borys Budka, dass die Blockierung der Präsidentschaftswahl und ihre Verschiebung auf einen späteren Termin ein großer Erfolg der Opposition sei. Małgorzata Kidawa-Błońska, die Kandidatin der Bürgerkoalition wiederum, sei selbst nicht im Stande gewesen eindeutig zu erklären, ob sie sich an dem Wahlkampf beteilige oder die Wahl boykottiere. Diejenigen, die der Partei nahestehen, hätten die Politiker zum Wahlkampf angeheizt. Zugleich hätten alle einstimmig wiederholt, dass die Wahl weder im Mai noch an einem anderen Termin in diesem Jahr stattfinden sollte. Sollte die Regierungspartei aber die Präsidentschaftswahl doch durchführen wäre sie sowieso unwichtig. Es sei denn – und das hätten Befürworter der oppositionellen Gruppierungen schamlos zugegeben – die Wahl hätte ein Kandidat der Opposition gewonnen.   

Der einzige Versuch, die Krise in den Reihen der Oppositionspartei PO zu überwinden sei der Wechsel des Präsidentschaftskandidaten gewesen, schreibt Ziemkiewcz. Ein Beweis für die Verzweiflung in der Partei: noch vor wenigen Monaten habe man sich eben für Małgorzata Kidawa-Błońska entschieden, weil man an den Warschauer Stadtpräsidenten nicht glaubte. Eine ähnliche Taktik testete die Partei schon vor einigen Monaten. Man glaubte zum Beispiel, dass der Wechsel des Parteivorsitzenden einen Neustart ermöglichen werde. Man habe also den langjährigen Spitzenpolitiker Grzegorz Schetyna durch einen ehrgeizigen 40-jährigen Politiker ersetzt. Und nichts sei geschehen. Ähnlich sehe die Situation mit den Kandidaten für den Wahlkampf aus: das schwache Ergebnis der vorherigen Kandidatin habe nicht zu einer Krise in der Partei geführt, vielmehr sei die niedrige Unterstützung die Folge einer andauernden Krise gewesen, urteilt der Publizist. 

Dieser Zusammenhang sei übrigens selbstverständlich, doch für die in einer Informationsblase verschlossene Parteiführung sei sie nicht begreifbar. Sowohl Vertreter der Partei PO als auch ihre Befürworter verdrängten diesen Gedanken seit langem. Der Weg einer totalen Negation, den die Partei vor fünf Jahren einschlug, habe verursacht, dass die PO nach und nach den Kontakt mit der Wirklichkeit verloren hatte, urteilt Rafał A. Ziemkiewicz in Do Rzeczy.

  

SUPER EXPRESS: Wer enttäuscht, wird vergessen 

Auf den Tausch des Präsidentschaftskandidaten der Oppositionspartei PO bezieht sich auch die Tageszeitung Super Express. In einem Gespräch mit dem Blatt stellt Paweł Kukiz, ein Politiker der Opposition und einstiger unabhängiger Präsidentschaftskandidat, die Zukunft von Rafał Trzaskowski in eher düsteren Farben vor. Er gehe davon aus, dass der neue Kandidat einfach verlassen werde, sollte er die Hoffnungen der Parteispitze nicht erfüllen. Man werde ihn nicht auswechseln, sondern, genauso wie seine Vorgängerin, einfach vergessen.

Darüber hinaus gehe er davon aus, dass Kandidat Trzaskowski nicht von der gesamten Gruppierung unterstützt werde. Er sei ein sehr links denkender Politiker. Trzaskowski würde viel mehr als Kandidat der Linken passen und nicht als Vertreter der Bürgerplattform, besonders des konservativen Flügels der Partei.

Außerdem tue es ihm Leid, wie man die Kandidatin Kidawa-Błońska behandelt habe. Es sei nicht ihre Entscheidung gewesen, an dem Wahlkampf teilzunehmen, sondern sie sei von der Partei benannt worden. Als sie die Erwartungen nicht erfüllen konnte, habe man sie dann wie ein Gegenstand einfach ausgewechselt, meint Paweł Kukiz im Blatt Super Express.

 

RZECZPOSPOLITA: Gedränge in Friseursalons   

Seit Anfang der Woche dürfen Bars und Restaurants wieder öffnen. Viele Besitzer würden sich für diesen Schritt aber nicht entscheiden, stellt die Tageszeitung Rzeczpospolita fest. Der Dienstleistungsbereich habe die Folgen der Krise besonders stark zu spüren bekommen. Friseur- und Kosmetiksalons mussten für mehrere Wochen schließen, die Gastronomie konnte nur Speisen außer Haus anbieten. Aus diesem Grund hätten sich viele Restaurantbetreiber entschlossen ihre Lokale komplett zu schließen. 

In den Straßenzentren sei der Verkehr immer noch relativ gering, auch in den Bürozonen ist es leer, da viele noch im Home-Office-Modus arbeiten. In einer solchen Situation lohne es sich einfach nicht das Lokal zu öffnen. 

Anders sehe die Lage der Friseur- und Kosmetiksalons aus. Diese seien seit gestern offen und die Kundschaft warte in Schlangen. Man wolle nun den Verlust der letzten zwei Monate, soweit es gehe, nachzuholen. Auf der anderen Seite wollten auch die Kunden endlich mal eine neue Frisur haben oder eine Schönheitsbehandlung unternehmen, die sie bereits vor mehreren Wochen bestellt und wegen der landesweiten Quarantäne aber verlegen mussten, so Rzeczpospolita.

  

Jakub Kukla