Deutsche Redaktion

Neue Energie im Wahlkampf

01.06.2020 12:26
Nach dem Wochenende haben sich neue politischen Ideen offenbart.
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RZECZPOSPOLITA: Es wird doch ein interessanter Wahlkampf

Es sei politisch ein sehr interessantes Wochenende gewesen, schreibt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Publizist Michał Kolanko. Alle Kandidaten hätten frische Ideen vorgestellt. Auch Amtsinhaber Duda habe mit einem neuen Narrativ überrascht, was auf einen sehr interessanten Wahlkampf hindeute. Geht es nach Kolanko, werde es einer der interessantesten politischen Wettläufe der letzten Jahre sein.

In den letzten Wochen schien es, als ob Präsident Andrzej Duda und sein Umfeld übersehen hätten, dass sich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage radikal verändert hat. Am Wochenende habe Duda mit Unterstützung von Premierminister Morawiecki aber den Versuch unternommen, erneut die Initiative im Wahlkampf zu übernehmen. Er habe zwar an eine alte Vorstellung von westeuropäischen Löhnen in Polen angeknüpft, nur würde das alte Lied in der neuen Wirklichkeit anders klingen als noch vor fünf Jahren, stellt der Publizist fest. In der Krisenzeit wollten viele Polen nicht unbedingt, wie die Westeuropäer verdienen, viele würden vor allem hoffen, dass sie ihren Job nicht verlieren – auch wenn das Einkommen nicht unbedingt auf dem Niveau eines deutschen oder französischen Arbeitnehmers sei. Eben in einem solchen Kontext würde der Präsident gemeinsam mit dem Regierungschef auftreten und überzeugen, dass die Erfüllung des alten Traums immer noch möglich sei. Und dass sie beide wüssten, wie er zu erreichen wäre. So könne ein starker Staat laut Duda in schwierigen Zeiten zum Wachstumskatalysator werden. Der Präsident habe dringend ein frisches Angebot für den Wahlkampf gebraucht, der ihm die zweite Amtszeit sichern soll – vielleicht habe er es soeben gefunden, meint Kolanko.

Auch der Kandidat der Bürgerkoalition, der Warschauer Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski habe Töne riskiert, die für seine Partei bislang eher ungewohnt waren. Er habe sich bei seinem Auftritt am Wochenende von der Version des harten Liberalismus abgegrenzt, die seine Partei in den letzten Jahren stark forciert hatte. Trzaskowski habe sich vielmehr für einen, wie es Kolanko bezeichnet, mitleidenden Liberalismus ausgesprochen. Einen Liberalismus, der tief in Gemeinschaft, Selbstverwaltung und Gleichheit verankert sei. Bei seiner Ansprache habe er auch nicht von Lob für den verstorbenen Präsidenten Lech Kaczyński sowie für das durch die PiS-Partei eingeführte und in den letzten Jahren durch die Opposition hart kritisierte Kindergeld 500 Plus zurückgescheut. Allem Anschein nach seien die Zeiten der radikalen Kritik des politischen Konkurrenten - der Kaczyński-Partei PiS – damit vorbei, urteilt der Publizist Michał Kolanko in Rzeczpospolita.

 

FAKT: Tanz mit dem Tod

Der bekannte polnische Schriftsteller Jerzy Pilch ist am Freitag in Kielce im Alter von 67 Jahren gestorben. Das habe seine Frau und auch das Museum für Literatur in Warschau bestätigt, lesen wir im Boulevardblatt Fakt. Er habe seit Jahren an Parkinson gelitten, habe jedoch seine Arbeit bis zum Ende nicht aufgegeben, erinnerte im Gespräch mit dem Blatt der mit Jerzy Pilch befreundete Theaterautor Tadeusz Słobodzianek. Jurek habe seit langem mit dem Tod getanzt, er würde sogar die These riskieren, er habe dies schon seit seinem Lebensbeginn gemacht, sagt Słobodzianek über seinen verstorbenen Freund.

 Jerzy Pilch hat vor allem Romane, gelegentlich aber auch Theaterstücke geschrieben. Zu seinen bekanntesten Werken zählen «Mein erster Selbstmord», «Zum starken Engel» und «Tausend stille Städte». Pilch ist auch als Kolumnist der polnischen Presse aktiv gewesen. Für sein Werk «Zum starken Engel», eine überwiegend autobiografische Darstellung seines Kampfes gegen den Alkoholismus, wurde Pilch mit dem Nike-Literaturpreis, der wichtigsten literarischen Auszeichnung Polens, geehrt, erinnert Fakt.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Wie geht es weiter mit der Kultur

Wie die Zukunft der Kultur aussehen könnte überlegt die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Es seien nun über zwei Monate vergangen, seitdem das kulturelle Leben in Polen lahmgelegt wurde. Zwar könne man viele Ausstellungen online besuchen, viele Konzerte, Opern- oder Theatervorstellungen würden auch im Netz gezeigt, doch der unmittelbare Kontakt mit dem Kunstwerk und den Künstlern fehle. Dies mache sowohl den Künstlern als auch dem Publikum zu schaffen. Unter den letzteren befinde sich die Journalistin Miłka Skalska. Sie sei von einem Tag auf den anderen von der lebendigen Kultur abgegrenzt worden, beschwert sie sich. Einen Teil der bereits gekauften Tickets habe sie zurückgegeben, andere habe sie behalten mit der Hoffnung, dass die Vorstellungen doch stattfinden werden. Wann sei aber unklar, lesen wir.

Zwar habe die Regierung angekündigt, dass ab dem 6. Juni das Publikum Kultureinrichtungen werde erneut besuchen können. Doch die Rückkehr zur Normalität unter erhöhten Sicherheitsbedingungen werde keine einfache Aufgabe sein, erklärt das Blatt. Viele Theater und Konzerthäuser hätten erst vor kurzem die Rahmenbedingungen kennengelernt, an die sie ihre Arbeit in den kommenden Wochen werden anpassen müssen. Nun versuche man die Vorschriften in die Praxis umzusetzen und an die eigene Infrastruktur anzupassen. Schon jetzt sei sicher, dass man in die Kinos in Polen erst Anfang Juli werde gehen können.

Wie stark werde sich daher die Situation davon unterscheiden, was das Publikum vor der Pandemie in Kinos und Theatern vorgefunden habe, sei unklar. Auf eine so gestellte Frage kenne wohl niemand die Antwort, sagt die Chefin der Warschauer Galerie Zachęta Hanna Wróblewska dem Blatt Dziennik/Gazeta Prawna.

 

Jakub Kukla